Welt

"Absolut grausam" – "Titan"-Taucher ist fassungslos

Der "Titanic"-Fan Arthur Loibl tauchte bereits mit der nun verschwundenen Titan zum Schiffs-Wrack. Von den aktuellen Geschehnissen ist er schockiert.

Arthur Loibl war 2021 einer der ersten Passagiere, der mit der Titan zur Titanic getaucht war. Am Mittwoch schilderte er seine Erlebnisse in der ORF-"ZIB2".
Arthur Loibl war 2021 einer der ersten Passagiere, der mit der Titan zur Titanic getaucht war. Am Mittwoch schilderte er seine Erlebnisse in der ORF-"ZIB2".
Screenshot ORF

Der "Titanic"-Fan Arthur Loibl aus Straubing in Niederbayern verfolgt die Suche nach den Vermissten "extremst intensiv", wie er bereits der Deutschen Presse-Agentur sagte. Denn: 2021 sei er als einer der ersten Mitfahrer mit dem Mini-U-Boot des Anbieters Oceangate Expeditions zur "Titanic" abgetaucht. Am Mittwoch schilderte er seine Erlebnisse und Gefühle nun auch in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. Nicht erst wegen des aktuellen Vorfalls würde Loibl die 110.000-Dollar-Tauch-Tour nicht mehr unternehmen – die Crew habe nämlich keinerlei Möglichkeit, sich selbst aus dem Tauchboot zu befreien. 

"Man muss bedenken, die sitzen da drin auf engstem Raum, der Körper hat Bedürfnisse und die haben sicher nicht Essen und Getränke für 96 Stunden dabei"

Die Passagiere seien eingesperrt, die Türe könne nur von außen geöffnet werden – und außerdem habe es schon bei seinem Tauchgang 2021 technische Probleme gegeben. So habe der Tauchgang wegen Problemen mit dem Wetter mehrmals verschoben werden müssen, ein Stabilisationsrohr sei kaputtgegangen und Schweißarbeiten mit den Passagieren an Bord seien vorgenommen worden. "Absolut grausam, man muss bedenken, die sitzen da drin auf engstem Raum, der Körper hat Bedürfnisse, die haben sicher nicht Essen und Getränke für 96 Stunden dabei", so Loibl zum aktuellen Drama, das "grausam, unbeschreiblich" sei.

Zwei Personen an Bord kenne Loibl persönlich, so der Unternehmer, sogar kurz vor dem Tauchgang sei man noch im Kontakt gestanden. Was passiert sein könnte, sei schwer einzuschätzen, so der Unternehmer, extreme Probleme mit dem Laden der Batterien haben es ebenfalls schon bei seinem Tauchgang gegeben. Loibl ging von einem "Totalausfall von Strom" aus, sonst würde es zumindest eine Möglichkeit des Kontakts geben. "Die treiben da irgendwo herum, ohne irgendwas machen zu können", so Loibl. Dramatisch: Wenn die Kapsel wirklich am Grund des Meeres gefunden würde, dauere es 2,5 Stunden, um hinunterzutauchen.

"Ich hatte das Glück, dass ich da lebend wieder rausgekommen bin"

"Die Zeit rennt absolut gegen diese Leute da drinnen", so Loibl, es sei eine "riesige menschliche Katastrophe und Tragödie, die sich da abspielt". Bitter: Selbst wenn die Titan nicht am Grund festsitze, sondern an der Meeresoberfläche treiben würde, könnten die Insassen die Türen nicht öffnen – und auch so ersticken. Alle Insassen müssten vor dem Tauchgang alle Haftungsansprüche ausschließen und es stehe mehrfach im Vertrag, dass der Tauchgang tödlich enden könne, so Loibl. In Bezug auf die Sicherheitsvorkerhungen an Bord sei aber überraschenderweise "nicht viel erklärt" worden, so Loibl. 

Und warum steige man da überhaupt ein? "Man muss verrückt sein, ich gebe das ganz offen zu", so der Unternehmer. Ehrfurcht habe er gehabt, Angst nicht, so Loibl – wenn man Angst habe, würde man es in der Kapsel nicht aushalten, so der deutsche Unternehmer. Es sei ein "Himmelfahrtskommando", er habe das Glück gehabt, dass er "da lebend wieder rausgekommen" sei.

1/11
Gehe zur Galerie
    Schock am 19. Juni 2023: Das Mini-U-Boot "Titan" des Unternehmen OceanGate ist <strong>bei einem Tauchgang zum legendären Wrack der "Titanic" verschollen.</strong>
    Schock am 19. Juni 2023: Das Mini-U-Boot "Titan" des Unternehmen OceanGate ist bei einem Tauchgang zum legendären Wrack der "Titanic" verschollen.
    OceanGate

    Als er damals abgetaucht sei, hätten drei Amerikaner mitfahren wollen, die es sich jedoch im letzten Moment anders überlegt hätten. Die Sinkfahrt zu dem sagenumwobenen Wrack habe zweieinhalb Stunden gedauert. Man sitze auf engstem Raum, dicht nebeneinander, die Füße übereinander. Es gebe keine Toilette und nach so langer Zeit dürften Wasser und Essen ausgehen. Loibl habe übrigens auch noch ein Ticket für einen Space-Shuttle-Flug. Ob er diesen wagen werde, stehe aktuell nicht fest, er halte das aber für sicherer als einen solchen Tauchgang. 

    Luft bleibt noch bis Donnerstagmittag

    Die 6,70 Meter kleine und 10,4 Tonnen schwere "Titan" bietet Platz für fünf Personen und ist ein sehr einfaches Gefährt. Tatsächlich handelt es sich im engen Sinne um ein Tauchboot, nicht um ein U-Boot, weil es nicht aus eigener Kraft in Häfen ein- und ausfährt. Vielmehr wird es von seinem großen Begleitschiff "Polar Prince" zu dem Ort gebracht, wo die "Titanic" liegt, und taucht dann für einige Stunden ab. Das Tauchboot wird seit Sonntagvormittag (Ortszeit) vermisst – etwa eine Stunde und 45 Minuten nach Beginn des Tauchgangs riss der Kontakt zum "Polar Prince" ab.

    Im Notfall reicht der Sauerstoff auf der "Titan", die per handelsüblichem Spielkonsolen-Controller gesteuert wird, für 96 Stunden, also in etwa bis Donnerstagmittag – es bleiben nur noch wenige Stunden. Experten zeigten sich mit Blick auf die Chance, die "Titan" rechtzeitig zu finden, pessimistisch. Bestätigt ist, dass der britische Geschäftsmann und Abenteurer Hamish Harding ebenso an Bord ist wie der britisch-pakistanische Unternehmensberater Shahzada Dawood und sein 19-jähriger Sohn sowie der bekannte französische "Titanic"-Experte Paul-Henri Nargeolet. 

    Diese Personen befinden sich im Mini-U-Boot und werden vermisst:

    1/4
    Gehe zur Galerie
      Der britische Milliardär Hamish Harding
      Der britische Milliardär Hamish Harding
      imago images / UPI Photo