Die Deadline endet am Freitag, 17. Jänner: Spätestens an diesem Stichtag erfahren weitere 288 Mitarbeiter des schwer gebeutelten Motorrad-Produzenten KTM und diverser Tochterfirmen (KTM F&E, KTM Components) von ihrer Kündigung. 250 KTM-ler ereilte dieses schlimme Schicksal bereits knapp vor Weihnachten.
Die Stimmung der verbliebenen Mitarbeiter ist seit Wochen am Boden. "Jetzt zittern alle im Betrieb um ihren Job", sagte vor wenigen Tagen Dragan M. (Name geändert) zu "Heute". Er ist einer der Arbeiter, der bereits am Montag seine Kündigung unterschreiben musste.
Dragan M. und seine Frau sind ratlos, wie es weiter gehen wird: "Die Pension wird jetzt geringer ausfallen." Das Ehepaar weiß nicht einmal, ob sie ihre geringen Fixkosten decken werden können: "Wir wohnen in einer Gemeindewohnung, ich weiß nicht, ob wir uns diese weiter leisten können - auch diese Wohnung wird immer teurer."
Dragans Frau ist verzweifelt: "Das kam für uns völlig überraschend, mein Mann kann jede Maschine der Produktion bedienen, er war immer fleißig. Wie viele andere war auch er kaum krank, er gab alles für die Firma – es ist eine richtig traurige Geschichte."
Für die verbleibenden Monate in der Firma – offizieller Termin ist Mai – bekommt Dragan auch noch 20 % weniger Lohn.
Das besonders schlimme daran: Der Familienvater wollte im kommenden Jahr sowieso in Pension gehen, das war bereits organisiert. Jetzt wird er mit 61 Jahren noch arbeitslos – hoch stehen die Chancen auf eine neue Anstellung wohl nicht.
Ex-Kollege Robert A. erhielt seinen "Blauen Brief" bereits im Vorjahr. "Mir war nicht klar, ob ich schreien oder weinen soll. Ich war einfach frustriert", sagt der Mann, der knapp 20 Jahre lang bei KTM Bikes zusammengebaut hat.
„Ich leide seither an Schlafstörungen und Konzentrationsnachlass“Robert A.Ex-KTM-Mitarbeiter
"Mehr als die Hälfte meines Lebens arbeite ich für KTM. Ich war ein stolzer Mitarbeiter, bin krank zur Arbeit gekommen, bin kaum in den Pflegeurlaub gegangen, obwohl meine Frau diese Pflege gebraucht hätte", sagt der Familienvater zu "Heute". Weiter: "Ich leide seither an Schlafstörungen und Konzentrationsnachlass. Sie wollen uns unsere letzte Würde nehmen – als ob wir die Schuldigen an diesem Insolvenzverfahren sind."
Für die nötigsten Ausgaben müssen wichtige Ersparnisse geopfert werden: „Ich habe zwei Töchter, beide gehen noch in die Schule. Das angesparte Geld für deren Bildung muss ich nun als Überbrückung für die nächsten Monate nutzen." Robert A. verbirgt seine Gefühle vor den Kindern, versucht stark zu sein: "Sie sollen nicht merken, wie schlecht es mir dabei geht."
Eine Stellungnahme von KTM zu den Kündigungen und den dabei resultierenden Härtefällen versuchten wir wiederholt einzuholen – wir bekommen seit Wochen keine Antwort.
Immerhin gibt es eine gute Nachricht. Vielen Mitarbeitern war der Konzern die Löhne für Dezember sowie das Weihnachtsgeld schuldig. Diese Woche habe man die Löhne für Dezember bereits ausbezahlt, betonte ein Vertreter der Pierer Industrie AG in einer Reaktion auf diesen "Heute"-Artikel. Aber: Schon Mitte Februar werden die Jänner-Löhne fällig.