Ausgrenzung und Gewalt

Als "Ausländerin" gemobbt – Lehrerin packt in Buch aus

Trotz Gewalt und Übergriffen in ihrer Schulzeit zeigt eine Lehrerin aus Oberösterreich, wie Herkunft zur Stärke werden kann.
Hannah  Maier
01.07.2025, 06:30
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Arabisch, Bulgarisch, Italienisch, Englisch, Bosnisch, Serbisch, Kroatisch, Polnisch – und das waren noch lange nicht alle Sprachen, die in der Klasse von Kasandra Blazan gesprochen werden. Von insgesamt 24 Volksschülern haben 23 eine andere Erstsprache als Deutsch. "Obwohl sehr viele von ihnen in Österreich geboren sind", räumt die 34-Jährige ein.

Den hohen Stellenwert der deutschen Sprache für die Zukunft und die Bildungschancen der Kinder erkennt die Volkschullehrerin an. Trotzdem plädiert sie für mehr Akzeptanz und besonders für mehr Wertschätzung der Sprachen und Wurzeln, die die Schüler mitbringen – wohl auch deshalb, weil Blazan selbst Migrationshintergrund hat, und ihre Schulzeit alles andere als schön war.

Als Kind gewürgt und beleidigt

Ihre Mutter ist Muslimin, ihr Vater serbisch-orthodox. Der Liebe wegen flohen beide aus Bosnien nach Österreich – zwei Jahre vor Beginn des Balkankriegs. Ein Jahr später wurde Blazan in Oberösterreich geboren. Aufgrund des Krieges kam später auch der Rest der Verwandtschaft nach Österreich.

In dem Buch "Ausländer mit Klasse" erzählt Blazan von Erlebnissen aus ihrer Schulzeit.
zVg

An ihre eigene Volksschulzeit in Linz hat die 34-Jährige nur wenige Erinnerungen – doch manche Erlebnisse haben sich in ihr Gedächtnis eingebrannt. "Weil ich eine 'Ausländerin' bin, wurde ich von älteren Kindern nicht gut behandelt. In deren Augen war ich anders", erinnert sich Blazan. Psychische und physische Angriffe waren keine Seltenheit. "Ich wurde beleidigt, aber auch gewürgt oder musste erniedrigende Dinge tun, wie Schuhe oder den Boden ablecken", schildert sie.

Als Lehrerin zurück im Klassenzimmer

Aus Scham und Angst schwieg sie lange gegenüber den Lehrern und auch ihren Eltern. Doch irgendwann wurden die Verletzungen immer sichtbarer. Nach Ende der zweiten Klasse wechselte Blazan an die Volksschule in Steinerkirchen an der Traun. Dort wurde es dann besser. "Sie haben mich akzeptiert und ich konnte noch eine schöne restliche Schulzeit erleben", sagt Blazan. Ihre Familie erhielt zusätzliche Unterstützung von der Caritas, die damals Flüchtlinge vom Balkan betreute.

Ihre Erfahrungen als Kind mit Migrationshintergrund und aus der Schulzeit beschreibt die Oberösterreicherin auch in ihrem neuen Buch "Ausländer mit Klasse". "Das Schreiben des Buches war eine Form der Selbstheilung – auch wenn ich vieles bereits verarbeitet hatte", sagt sie. Doch auch ihre Erfahrungen als Lehrerin nehmen im Buch breiten Raum ein. Denn obwohl – oder vielmehr gerade weil – ihre eigene Schulzeit von negativen Erinnerungen geprägt war, entschied sich Blazan bewusst dafür, ins Klassenzimmer zurückzukehren und zu unterrichten: "Um daraus etwas Positives zu machen."

1 Klasse, 24 Kinder, 12 Sprachen

Blazan unterrichtet eine erste Klasse Volksschule in Attnang-Puchheim. Die Mehrheit der Kinder hat eine andere Erstsprache als Deutsch. Die meisten sind mit Bosnisch, Serbisch und Kroatisch aufgewachsen. "Viele sind aber in Österreich geboren und sprechen mittlerweile gut Deutsch", sagt Blazan. Mehrsprachigkeit sieht sie als etwas Positives. "Wenn wir die Herkunft und Erstsprachen der Kinder wertschätzen und im Unterricht einbauen, sind sie umso motivierter Deutsch zu lernen", ist sie überzeugt.

Bestätigt sieht sich Blazan durch ihre Erfahrungen im Unterricht: "Drei Kinder sind vor Kurzem nach Österreich gekommen. Ein Junge kommt aus Albanien. Er ist so motiviert und lernt jetzt in einem unglaublichen Tempo Deutsch." Wie man Mehrsprachigkeit spielerisch im Unterricht einbauen kann, teilt die Lehrerin auch auf Instagram, um zu zeigen, dass es ganz einfach sein kann. So gibt es bei Blazan zum Beispiel jeden Monat einen Guten-Morgen-Spruch in einer anderen Erstsprache ihrer Schülerinnen und Schüler.

Ein Buch mit wichtiger Botschaft

Die Autorin möchte zum Nachdenken anregen: "Herkunft muss kein Hindernis sein – sie kann der Beginn einer positiven Geschichte sein. Auch bei mir war der Anfang schwierig, und doch stehe ich heute hier." Diese Botschaft will sie auch Kindern mit Migrationshintergrund mitgeben: Sie haben die gleichen Chancen und sind genauso viel wert wie andere Kinder.

Mit ihrem kürzlich erschienenen Buch möchte die junge Lehrerin nun mehr Verständnis für den Bildungsbereich schaffen – und weil es zu diesem Thema noch so viel zu sagen gibt, wird es ganz bestimmt nicht ihr letztes Buch gewesen sein, verrät sie.

{title && {title} } HTM, {title && {title} } Akt. 01.07.2025, 10:25, 01.07.2025, 06:30