Die Lücke bei Pflegekräften in Österreich ist mittlerweile gewaltig. Händeringend wird nach Lösungen gesucht. Nach der letzten Initiative der Niederösterreichischen Landesregierung, Pflegekräfte aus Vietnam zu rekrutieren, sollen nun Geflüchtete aus der Ukraine als Heimhelferinnen und Heimhelfer eingesetzt werden, heißt es in einer aktuellen Pressemeldung des Arbeitsmarktservice (AMS) in Niederösterreich.
Allein in den letzten fünf Jahren sei die Zahl offener Stellen für Pflegepersonal um mehr als 50 Prozent gestiegen, heißt es darin. Doch nicht nur die Nachfrage nach Arbeitskräften im Pflegebereich sei enorm, sondern auch die Herausforderungen bei der Integration geflüchteter Menschen auf dem Arbeitsmarkt.
Das AMS Niederösterreich startet daher eine neue Initiative, um dieser Krise zu begegnen: In Zusammenarbeit mit dem Verein Tralalobe wird eine Pilotinitiative für Geflüchtete aus der Ukraine ins Leben gerufen. Das Pilotprojekt soll eine Ausbildung zur Heimhilfe bieten und gleichzeitig die Deutschkenntnisse der Menschen verbessern.
Sandra Kern, die Landesgeschäftsführerin des AMS NÖ, sagt: "Ziel ist, dass die Arbeitsmarktintegration so rasch wie möglich erfolgt, und wir gleichzeitig dringend benötigte Arbeitskräfte für den Pflegebereich zur Verfügung stellen."
Das AMS sieht in dem Projekt nicht nur ein Ausbildungsangebot – es soll echte Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt ermöglichen.
"Arbeit ist der beste Sprachkurs", sagt Nina Utts. Sie musste im Mai 2022 mit ihren drei Kindern aus der Ukraine fliehen. Trotz eines Universitätsdiploms als Englischlehrerin hat sie in Österreich mit vielen Herausforderungen zu kämpfen: "Wir wissen, wie es ist, alles zu verlieren und nochmal komplett von vorne anzufangen. Wir wollen arbeiten und etwas Sinnvolles beitragen", sagt sie. Utts nimmt deshalb am Pilotprojekt teil.
Rede sechste vertriebene Person aus der Ukraine, die vom AMS betreut wird, lebt in Niederösterreich. Letztes Jahr, schreibt das AMS, waren das 871 Menschen – die Mehrheit alleinerziehende Frauen, so wie Nina Utts.
Aktuell sind dem AMS 172 freie Stellen in der Heimhilfe und etwa 182 Arbeitssuchende aus diesem gemeldet. Jedoch haben viele dieser Arbeitsuchenden gesundheitliche Probleme (zum Beispiel Burnout), die eine Rückkehr in ihren Beruf erschweren.
Der stellvertretende Geschäftsführer des Vereins Tralalobe, Florian Stummelreiter, sagt: "Wer arbeiten möchte, sollte nicht an Bürokratie oder Sprachbarrieren scheitern." Das gemeinsame Projekt mit dem AMS ziele darauf ab, die Integration von geflüchteten Menschen schnell voranzutreiben. Besonders die schnelle Anerkennung von Kompetenzen und die Unterstützung beim Spracherwerb stehen dabei im Fokus.
In den letzten Jahren hat sich die Zahl der Arbeitsaufnahmen unter den geflüchteten Ukrainern mehr als verdoppelt. 414 Ukrainerinnen und Ukrainer konnten 2023 eine Anstellung finden, rechnet das AMS aus, was einer Steigerung von über 130 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entspricht.
Trotz dieser Erfolge bleiben die Herausforderungen groß. Die Nachfrage nach Pflegekräften beim AMS NÖ reißt nicht ab. Allein im Gesundheits- und Sozialwesen wird bis 2030 ein zusätzlicher Bedarf von etwa 9.100 Beschäftigten prognostiziert.
2024 konnten, laut AMS, 2.561 Geflüchtete aus der Ukraine in den Arbeitsmarkt integriert werden. Das entspricht einem Anstieg von 27 Prozent im Vergleich zu 2023.
Das neue Ausbildungskonzept für den Bereich der Heimhilfe soll helfen, diesen Engpass zu beseitigen. Dabei finanziert das AMS NÖ derzeit 22 Personen die Ausbildungskosten von rund 75.000 Euro vollständig. Nach Abschluss der Ausbildung und anschließenden Praktika rechnet das AMS mit einer Integrationsquote in den Arbeitsmarkt von etwa 60 Prozent.