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"Andauernde Demütigung": Ukrainer beklagen Asylheim

In einem Brief an die Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen erheben ukrainische Geflüchtete Vorwürfe gegen die Asylunterkunft Marienburg.

20 Minuten
Ukrainische Flüchtlinge klagen über den "harten Umgangston" im Asylheim nach Flucht und Trauma. 
Ukrainische Flüchtlinge klagen über den "harten Umgangston" im Asylheim nach Flucht und Trauma. 
Kay Nietfeld / dpa / picturedesk.com

Das ehemalige Benediktinerinnenkloster Marienburg in der Schweiz ist seit Ende März eine temporäre Asylunterkunft, in der etwa 150 ukrainische Flüchtlinge untergebracht sind. Noch im Juli pries die Luzerner Zeitung die Unterkunft für ihre "spektakuläre Aussicht" und der vorhandenen Turnhalle.

Massive Beschwerden

Doch jetzt gelangen massive Beschwerden von Bewohnerinnen und Bewohnern des Asylheims an die Öffentlichkeit. Bereits im August schrieben 26 in der Marienburg in Wikon untergebrachte Personen einen Brief an die zuständige Dienststelle Asyl- und Flüchtlingswesen (DAF). Im Brief erheben sie schwere Vorwürfe, wonach die Mitarbeitenden psychischen Druck auf die Geflüchteten ausüben – Geldbußen und Drohungen seien an der Tagesordnung.

Klima wie im Erziehungsheim

Den Geflüchteten werden bei Ankunft im Heim Sanktionslisten ausgehändigt. Darin wird geregelt, welche Strafen beispielsweise bei der Heimkehr nach 22 Uhr oder beim "Nichterfüllen der Reinigungspflicht" zu erwarten seien. Nach mündlichen und schriftlichen Verwarnungen werden bei weiteren Verstößen die Sozialabgaben gekürzt.

Weiterhin seien überall in der Unterkunft Verbotsschilder angebracht. Zum Beispiel steht: "Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass die Betreuer jederzeit berechtigt sind Zimmerkontrollen durchzuführen, auch in Abwesenheit der Bewohner" oder "Wer sein Geld nicht am Tag der Geldausgabe abholt, bekommt einen Strafabzug. Für jeden Tag Verspätung wird ein Tagesansatz gestrichen."

Flüchtlingswesen

Die Dienststelle für Asyl- und Flüchtlingswesen hat auf den Beschwerdebrief lediglich eine schriftliche Stellungnahme verfasst. Darin hält sie fest, dass die Regeln und Sanktionen in allen Asylunterkünften standardmäßig seien. Die Beanstandungen, dass Mitarbeitende der temporären Unterkunft Wikon willkürlich handeln und das Gesetz verletzen würden, weist die DAF entschieden von sich. Doch auf die gravierenden Vorwürfe von Drohungen, Demütigungen und der Ausübung psychischen Druckes vonseiten der Mitarbeitenden geht die DAF in ihrem Schreiben nicht ein. Auch auf eine Anfrage von 20 Minuten, wofür Zimmerkontrollen und Geldbußen notwendig seien, konnte die DAF bisher nicht Stellung beziehen.

Grüne verlangen Antworten

In einer dringlichen Anfrage an den Regierungsrat bittet Grüne-Kantonsrat Urban Frye um detaillierte Antworten in Bezug auf die massiven Beschwerden. Frye selbst führt das ukrainische Kulturzentrum Prostir in Reussbühl und weiß aus eigener Erfahrung, wie der Umgang mit Geflüchteten funktioniert. "Wir hatten in unserem Kulturzentrum bisher etwa 300 ukrainische Frauen mit Kindern und hatten noch nie irgendeinen Vorfall, wo wir durchgreifen mussten."

Daher sind für Frye die Zustände in der temporären Asylunterkunft Marienburg unverständlich. Im Gespräch mit 20 Minuten betont Frye, dass das alles freie Menschen seien, die sich nichts zuschulden kommen ließen und unter dem Schutz der Schweiz stünden. "Die harte Realität ist, dass da Kinder sind, deren Väter im Krieg sterben. Ich verstehe nicht, wieso nicht berücksichtigt wird, dass so ein strenger Umgangston viel mehr Verletzlichkeit hervorruft."

Massive Einschüchterungen

Urban Frye fordert nun, dass die Vorwürfe, die im Raum stehen, von externen Stellen untersucht werden. Auch dem Regierungsrat Guido Graf empfiehlt er, selber in der Asylunterkunft vorbeizugehen, um sich ein Bild zu machen und mit den Geflüchteten zu reden. Denn diese seien massiv eingeschüchtert. Aus Angst vor Repressalien traute sich bisher noch keine der Betroffenen an die Öffentlichkeit. 

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