Gesundheit

Atomkrieg in Europa – "Flucht ist keine Option"

Der Ukraine-Krieg mag weit entfernt sein, doch eine Atomkatastrophe kann zur Bedrohung für die Gesundheit der Österreicher werden. Was zu tun ist.

Christine Scharfetter
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Ob es durch eine Atombombe oder ein Atomkraftwerk zu einem nuklearen Ernstfall kommt, sei Nebensache, so Franz Kainberger, Professor für Radiologie und Nuklearmedizin an der Med-Uni Wien.
Ob es durch eine Atombombe oder ein Atomkraftwerk zu einem nuklearen Ernstfall kommt, sei Nebensache, so Franz Kainberger, Professor für Radiologie und Nuklearmedizin an der Med-Uni Wien.
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Russland lässt nicht locker und die Angst in Österreich wächst – wohl weniger vor einem Krieg als vor einer Atomkatastrophe. Nach wie vor sind die Atomstreitkräfte Russlands in Alarmbereitschaft. Und Atomwaffen besitzt Präsident Wladimir Putin nun wirklich genug. 5.977 um genau zu sein, zumindest laut dem US-amerikanischen Politikwissenschaftler Ian Bremmer. Zum Vergleich: Die NATO verfügt über 5.943 nukleare Waffen.

Doch wird ein Atomkrieg nicht unbedingt unser Problem, so Franz Kainberger, Professor für Radiologie und Nuklearmedizin an der Med-Uni Wien. "In der derzeitigen Situation gibt es zwei Szenarien. Da ist einerseits der Atomkrieg, den ich persönlich für weniger wahrscheinlich halte, andererseits – und das ist die größere Gefahr, wie ich auch von Kolleginnen und Kollegen aus der Ukraine höre – können im Rahmen der Kriegshandlungen dortige Atomkraftwerke aus Zufall oder absichtlich getroffen werden." Insgesamt gibt es neben dem stillgelegten Atomkraftwerk in Tschernobyl vier aktive Atomreaktoren mitten im Kriegsgebiet.

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    Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, haben russische Soldaten ein Krankenhaus angegriffen, meldete die Agentur Unian.
    Nach ukrainischen Medienberichten ist es in der Nacht zu Mittwoch zu Gefechten mit der russischen Armee gekommen. In Charkiw, der zweitgrößten Stadt des Landes, haben russische Soldaten ein Krankenhaus angegriffen, meldete die Agentur Unian.
    SERGEY BOBOK / AFP / picturedesk.com

    Flucht bringt mehrere Probleme mit sich

    Allerdings sei es am Ende auch egal, ob in der Ukraine nun eine Atombombe abgeworfen oder ein Atomkraftwerk in Mitleidenschaft gezogen werde. "Formal gesehen ist es das Gleiche." Und sollte die Atomwolke aufgrund ungünstiger Wetterbedingungen nach Österreich wandern, "müssen wir uns natürlich schützen."

    "Die Straßen sind heillos verstopft und man kommt eigentlich eh nicht mehr weiter."

    Im Fall der Fälle würden hier Frühwarnsysteme anschlagen und die österreichische Bevölkerung rechtzeitig gewarnt und über die Radio- sowie TV-Kanäle der öffentlich-rechtlichen Rundfunks informiert werden. Kainberger betont jedoch: "Flucht ist diesem Fall keine gute Option, denn die Erfahrungen haben gezeigt, dass es zu einem Verkehrskollaps kommt." Ein solches Szenario kenne man vor allem von Fukushima. "Die Straßen sind heillos verstopft und man kommt eigentlich eh nicht mehr weiter."

    Ein anderes Problem bei der Flucht sei laut dem Professor die Frage nach dem Wohin. "Dazu muss man natürlich schon ein bisschen informiert sein."

    "Man muss sich natürlich damit abfinden, dass man vorerst nicht mehr lüften darf."

    Der beste Schutz bei einer Atomkatastrophe

    Die beste Weg sich bei einer Atomkatastrophe zu schützen sei deshalb zu Hause zu bleiben. "Vor allem, wenn es regnet." Kainberger erklärt weiter: "Heute sind die Gebäude Gott sei Dank sehr gut ausgestattet. Die Mauern, die Dächer und die Fenster sind grundsätzlich so ausreichend, dass kein radioaktiver Staub in die Wohnräume eindringt." Lediglich in Gebäuden, in denen die Fenster zugig sind, sollte man mit Klebestreifen zusätzlich abdichten. Das einzige Manko: "Man muss sich natürlich damit abfinden, dass man vorerst nicht mehr lüften darf."

    Doch was, wenn man doch das Haus verlassen muss, um beispielsweise Lebensmittel zu besorgen? "Wenn man aus dem Haus geht, sollte man das möglichst reduziert tun, sich an die Empfehlungen der Regierung halten und sich entsprechend kleiden." Dazu reiche schon ein ganz einfacher Regenschutz, der "wirklich wasserundurchlässig ist." Kommt man zurück, sind Schuhe und Kleidung sofort abzulegen und alle nicht geschützten Körperregionen zu reinigen. Doch grundsätzlich sollte das Verlassen des sicheren Gebäudes erst gar nicht notwendig sein. "Es heißt ja, man sollte zu Hause so viel Bevorratung haben, dass man zwei Wochen ohne einkaufen auskommt – vor allen Dingen Wasser."

    Zuhören ist das A und O

    Ein besonders wichtiger Punkt sei aber, dass man sich in einer solchen Situation kontinuierlich über die Medien informieren sollte. "Die sicher – das sehen wir jetzt auch beim Krieg – im Minutentakt neue Informationen zur Verfügung stellen", so der Professor. "Ein wichtiger Punkt im Gegensatz zu früher. Durch die Medien und verschiedene Sicherheitsmaßnahmen im Strahlenschutz, weiß die Bevölkerung sehr rasch Bescheid, wie die Situation ist und wann das Gebäude wieder verlassen werden kann."