Oberösterreich

"Babynester werden zu selten genutzt"

Die Babyklappe kann verweifelte Frauen, die ein Kind erwarten, viel Leid ersparen. Darauf machen jetzt Experten aufmerksam. 

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Das Babynest am Kepler Universitätsklinikum, eine von vier Babyklappen in ganz Oberösterreich.
Das Babynest am Kepler Universitätsklinikum, eine von vier Babyklappen in ganz Oberösterreich.
kepleruniklinikum.at

Nicht immer ist die Geburt eines Kindes für die Mutter ein freudig erwartetes Ereignis. In manchen Fällen ist der Druck der Verantwortung für ein kleines Lebewesen zu hoch. Frauen sehen dann oft keinen Ausweg mehr. Das zeigten erst kürzlich zwei dramatische Fälle in Oberösterreich.

In Lichtenberg (Bez. Urfahr-Umgebung) wurde ein Baby weggelegt, in Freistadt starb ein Neugeborenes, wurde in einen Teich gelegt.

Dabei gibt es eine Alternativem da sogenannte Babynest. Insgesamt gibt es mit dem Kepler Uniklinikum, dem Klinikum Wels-Grieskirchen, dem Salzkammergut-Klinikum Vöcklabruck und den Bamherzigen Schwestern Ried, vier Babynester (Babyklappen) in ganz Oberösterreich. Wo sie genau zu finden sind, steht >>hier.

Mutter kann sich in Ruhe verabschieden

Bei einem Babynest betritt man einen beheizten Raum, in welchem die Mutter noch einige Minuten Zeit bekommt, sich von ihrem Kind zu verabschieden. Nach der verstrichenen Zeit wird ein Alarm ausgelöst, damit sich Ärzte und Pflegemitarbeiter um das Baby annehmen und es umfassend versorgen können.

Das Ärzteteam kann zudem jederzeit von der Mutter angstfrei und anonym kontaktiert werden, um alle Fragen zum Befinden des Kindes beantwortet zu bekommen. Infoblätter dazu liegen vor Ort auf.

Babyklappe vor 20 Jahren ins Leben gerufen

Die Obsorge für das Kind geht an die Kinder- und Jugendhilfe über. Nach einer 14-tägigen Wartefrist wird ein Adoptionsverfahren für das Kind eingeleitet. Mütter können sich nach Freigabe ihres Kindes vertrauensvoll an unterschiedliche Anlaufstellen wenden.  

Leider wird die Babyklappe noch viel zu wenig genutzt, wie Primar Michael Merl, Leiter der Kinderschutzgruppe am Kepler Universitätsklinikum und einer der Initiatoren des Babynestes, erklärt:

„Die Babyklappe wurde vor mehr als 20 Jahren etabliert. Dieses Angebot wird seither auch sporadisch genutzt. Gründe für die zurückhaltende Nutzung sind zum einen die Lage des Babynests im Zentralbereich der Klinik, wo doch viele Menschen unterwegs sind und die Anonymität nur bedingt gewahrt bleibt. Zum anderen befinden sich Frauen in einer psychischen Ausnahmesituation. Rationale Entscheidungen sind dann kaum mehr möglich."

Anonyme Geburt

Neben dem Babynest gibt es auch noch die Möglichkeit einer anonymen Geburt. Hier haben Mütter bereits bei den Kontrollterminen während der Schwangerschaft oder kurz vor Entbindung die Möglichkeit zu sagen, dass sie das Kind nicht behalten wollen.

Von den werdenden Müttern werden dann keinerlei Daten aufgenommen, sodass sie eben anonym bleiben. Nach der Entbindung sind unterschiedliche Szenarien vorstellbar. Einige Frauen überlegen es sich anders und wollen das Kind doch behalten. Andere erholen sich in der Klinik von der Geburt, bleiben jedoch bei der Entscheidung, das Kind nicht mitzunehmen. Wieder andere entbinden ambulant – bedeutet, sie verlassen das Haus unmittelbar nach der Geburt und bekommen zur weiteren Betreuung eine Hebamme vermittelt.

Medizinische Versorgung des Kindes garantiert

In all diesen Fällen ist die Gesundheit sowohl der Mutter als auch des Kindes in ärztlicher Betreuung und damit bestmöglich abgesichert, sollte es bei der Geburt zu Komplikationen kommen. Die Kinder werden dann auf der Neugeborenenstation betreut und die Jugendwohlfahrt wird umgehend informiert. Nach Verstreichen einer gewissen Frist, in der sich die Mütter noch umentscheiden können, werden die Babys zur Adoption frei gegeben.

 „Die anonyme Geburt gibt Frauen in dieser schwierigen Situation die Sicherheit, ihr Kind in einem geschützten Rahmen auf die Welt zu bringen. Das Kind hat somit die Chance auf Leben und ist dort, wo es hinkommt, lang ersehnt und willkommen“, so Kreißzimmer-Hebamme Susanne Pichler.

"Sein Kind nicht zu behalten ist niemals eine leichte Entscheidung. Wenn es aber keine andere Möglichkeit für die werdenden Mütter gibt, appelliere ich an all jene, von der anonymen Geburt Gebrauch zu machen", betont LH-Stellvertreterin und Gesundheitsreferentin Christine Haberlander (ÖVP).