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Barisic: "Die Angebote überschwemmen mich"

Heute Redaktion
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Zoran Barisic will seinem Herzensklub Rapid als Sportdirektor neues Leben einhauchen. Im "Heute"-Gespräch verrät er, wie das funktionieren soll.

Ende der Sommerpause! Am Donnerstag nimmt Rapid das Training für die neue Saison auf. Mit Taxiarchis Fountas und Thorsten Schick sind zwei Neue an Bord.

Ob es noch mehr werden, liegt unter anderen an Zoran Barisic. Der 49-Jährige kehrt als Sportdirektor zu den Hütteldorfern zurück – und hat alle Hände voll zu tun. Für "Heute" nahm er sich trotzdem Zeit für eine Bestandsaufnahme.

Herr Barisic, hätten Sie es vor 25 Jahren als Spieler für möglich gehalten, dass Sie eines Tages bei Rapid Sportdirektor werden und ihr Kumpel Didi Kühbauer Chefcoach?

"Niemals. Zum damaligen Zeitpunkt schon gar nicht, da hätte ich mir diese Konstellation nie und nimmer erwartet. Später bei der Trainerausbildung war es ein Gedankenspiel, dass wir vielleicht mal gemeinsam eine Mannschaft übernehmen. Das war aber schon das Maximum, an das ich gedacht habe."

Wie sieht Ihr Alltag momentan aus, wie oft läutet das Telefon?

"Sehr oft. Ich habe eine tägliche To-Do-Liste. Ich komme gar nicht dazu, alles zu bearbeiten. Es gibt viele Telefonate, die ich führen muss – mit vielen, vielen Menschen. Der Arbeitstag ist momentan ziemlich lange. Ich starte gegen neun und höre nicht selten um 23 Uhr auf. Da bin ich aber noch immer nicht fertig mit meinen Aufgaben."

Mental ist man ohnehin 24 Stunden am Tag "im Einsatz" nehme ich an.

"Ja, aber das war immer schon so. Das war als Trainer nicht anders. Da machst du dir auch 24 Stunden am Tag Gedanken über deine Mannschaft, über Strukturen, über die nächste Periode."

"Windbichler ist ein intelligenter Bursche"

Chefscout Maurizio Zoccola hat Rapid vor wenigen Wochen Richtung Nürnberg verlassen. Ein denkbar ungünstiger Zeitpunkt.

"Jein. Es wurde ja trotzdem Vorarbeit geleistet. Man wollte ihm auch nichts in den Weg legen, wenn er den nächsten Schritt machen möchte. Auf der anderen Seite gibt das uns die Möglichkeit, die Scouting-Abteilung nochmal neu zu betrachten und die eine oder andere Neuerung herbeizuführen."

Wird Zoccola 1:1 ersetzt?

"Nein. Aber es wird sich etwas tun, das kann ich schon sagen."

Ihr Vorgänger Fredy Bickel hat Transfer-Gerüchte ganz offen kommentiert. Was antworten Sie, wenn ich den Namen Richard Windbichler sage?

"Eigentlich nichts. Ich kann nur sagen, dass er ein guter Spieler ist. Er ist ein intelligenter Bursche. Wir waren schon an ihm interessiert, als ich noch Rapid-Trainer war. Es hat damals nicht funktioniert."

"Altstars? Will ich nicht ausschließen"

Sie gelten als Förderer der Jugend. Heißt das im Umkehrschluss, dass Sie niemals einen so genannten "Altstar" als Fan-Attraktion verpflichten würden?

"Generell sollte das bei uns nicht Usus sein in unserer Philosophie. Trotzdem sollte man dahingehend offen sein. Ich will es gar nicht ausschließen, ich will uns nicht in ein Korsett pressen lassen. Ein gutes Beispiel ist für mich Red Bull Salzburg, die Zlatko Junuzovic verpflichtet haben, obwohl er auch nicht unbedingt ihrem Beuteschema entspricht."

Welche Rolle wird Steffen Hofmann in Ihrem Team spielen? Bleibt er Talente-Manager?

"Aktuell ist er Talente-Manager. In diesem Bereich fühlt er sich derzeit sehr wohl. Er macht einen guten Job. Ich werde aber in Zukunft sicher sehr eng mit ihm zusammenarbeiten und kooperieren. Ob das unbedingt eine andere Position sein muss, sei dahingestellt."

Auf welchen Spieler-Positionen schaut sich Rapid momentan am Transfermarkt um?

"Wenn ich das jetzt öffentlich rausposaune, werde ich überschwemmt mit Angeboten verschiedener Berater und Manager. Das passiert jetzt bereits. Wie gesagt, es ist jetzt schon schwer, alles abzuarbeiten, was ich reinbekomme. Wenn es in der Zeitung steht, kommt nochmal ein Multiplikator hinzu. Dann weiß ich nicht mehr, wo hinten und vorne ist. Tatsache ist: Ich will, dass wir uns als Rapid so aufstellen, dass wir künftig selbstbestimmt sind. Wir bestimmen, welche Spieler wir für welche Position brauchen und gehen dann selbst aktiv auf die jeweiligen Klubs zu. Die restlichen fünf Prozent sind die so genannten Geheimtipps."

Wird sich Rapids Spielstil mit Ihnen verändern? Wird der Match-Besucher merken, dass es einen neuen Sportdirektor gibt?

"Nein. Es hat immer noch der Trainer die Hauptentscheidung, wie gegen wen gespielt wird. Natürlich ist es so, dass das Gesamt-System Rapid auf etwas ausgerichtet sein muss. Wir stehen für Kampfkraft, für Offensivgeist, für Robustheit, für eine starke Gemeinschaft. Im Detail kann man das natürlich noch genauer definieren. Aber das geht nicht von heute auf morgen. Im Endeffekt spricht immer der Erfolg oder Misserfolg für oder gegen dich."

Haben Sie als Sportdirektor mehr "Bonus" als ein Trainer?

"Wahrscheinlich steht der Trainer immer schneller im Fokus. Aber daran denke ich jetzt nicht. Ich will, dass Rapid wieder diese Gemeinschaft wird, für die wir bekannt sind. Es ist uns allen klar, dass es mal schlechte Phasen zu durchleben gibt, das ist im täglichen Leben nicht anders. Es geht nicht immer bergauf. Wenn es mal nicht funktioniert, ist es mir wichtig, dass wir zusammenstehen und gemeinsam aus dem Tal herauskommen. Umso schöner wird das Hoch dann nämlich sein."

"Didi und ich werden sicher nicht immer einer Meinung sein"

Mit Trainer Kühbauer verbindet Sie eine lange Freundschaft. War er sofort glücklich darüber, dass Sie sein Vorgesetzter werden?

"Das muss man Didi fragen. Aber ich denke schon, dass er einverstanden war. So wie er es gesagt hat: Wir werden sicher nicht immer einer Meinung sein, es wird mit Sicherheit auch Auffassungsunterschiede und Meinungsverschiedenheiten geben. Die werden wir dann aber unter uns wie Männer ausdiskutieren – um auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Schlussendlich geht es uns nämlich ums Gleiche: Wir wollen mit Rapid erfolgreich sein."

Sie haben angekündigt, während der Spiele nicht auf der Bank zu sitzen. Warum nicht?

"Es ist nicht meine Aufgabe, auf der Bank Inputs zu geben. Mir ist wichtig, das Spiel aus einer anderen Perspektive zu betrachten, von der aus ich vielleicht mehr sehe. Bei der Analyse kann ich dann Tipps weitergeben. Ich glaube nicht, dass Didi es wollen würde, wenn ich neben ihm sitze. Ich wollte das als Trainer auch nicht."

Fürchten Sie sich vor dem Tag, an dem Sie Kühbauer mitteilen müssen, dass es nicht mehr weitergeht?

"Nein, das spielt in meiner Gedankenwelt keine Rolle. Vielmehr möchte ich schauen, dass Didi die Mannschaft zur Verfügung hat, mit der er versucht, erfolgreich zu sein. Das ist schwer genug. Didi will immer das Maximum haben. Das ist verständlich und gut. Somit bin ich voll gefordert, diese Aufgaben zu bewältigen."

"Rapid-Fans waren mir gegenüber immer fair"

Wenn es um Rapid geht, spielen oft das Thema Fans eine zentrale Rolle. Wie stehen Sie zu den Anhängern?

"Ich hatte immer ein exzellentes Verhältnis zu den Rapid-Fans, sie waren immer und ausnahmslos fair mir gegenüber. Natürlich kommt es bei einer großen Masse auch zu Problemen, das ist uns allen klar. In sportliche Belangen dürfen sie sich natürlich nicht einmischen, das ist Fakt. Die Fans zahlen Eintritt, kaufen Merchandising, Leiberl, im Stadion wird gegessen und getrunken. Da haben wir als Verein schon auch eine Verpflichtung. Die Fans müssen merken: Da ist eine Mannschaft am Werk, mit der wir uns identifizieren können. Die bringt Leistung, die zerreißt sich – auch wenn es mal ergebnistechnisch nicht funktioniert."

Was erwarten Sie von der Saison?

"Ich erwarte mir viel Kraft und positive Energie von uns. Ich erwarte mir auch Resultate, wenngleich ich jetzt kein Ergebnisziel herausgeben möchte. Für mich ich es ganz wichtig, so aufzutreten, dass man es schafft, die Fans in unseren Bann zu ziehen. Wenn das erreicht ist, ist der erste Schritt getan. Dann können wir über alles Weitere sprechen."