Immer mehr syrische Schutzsuchende geraten in Österreich in eine bürokratische Sackgasse. Ihre Asylverfahren werden verzögert, unterbrochen oder bewusst nicht entschieden – so die NGOs Asyl in Not und Helping Hands bei einer Pressekonferenz am 17. Juni in Wien.
Laut den Organisationen handelt es sich dabei nicht um Einzelfälle, sondern um eine systematische Vorgehensweise durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA). Besonders betroffen seien Familien mit kleinen Kindern, Kranke sowie vulnerable Einzelpersonen. Die rechtliche Unsicherheit dauert mitunter viele Monate oder sogar Jahre an.
"Menschen, die dringend Hilfe brauchen, werden durch Intransparenz und Verschleppung in ständiger Unsicherheit gehalten", erklärt Kübra Atasoy, Vorsitzende von Asyl in Not. Die NGOs dokumentieren mehrere Fälle, in denen selbst bei gravierenden gesundheitlichen Problemen keine Entscheidung getroffen wird.
Ein Beispiel: Familie Ahmed wartet seit 2023 auf einen Asylbescheid – obwohl die Eltern chronisch krank sind und eines der Kinder eine Behinderung hat. Der gesamte rechtliche Status der Familie ist ausgesetzt. Eine Perspektive fehlt ihnen.
Noch alarmierender sind Fälle, in denen bereits anerkannter Schutz plötzlich in Frage gestellt wird. Etwa bei Mohamed, einem unbegleiteten Minderjährigen mit schweren Kriegsverletzungen. Obwohl er Schutzstatus erhalten hat, leitete das BFA ein Aberkennungsverfahren ein – angeblich ohne nachvollziehbare Begründung.
"Wenn Familiennachzug oder Einbürgerung anstehen, flattert zufällig ein Aberkennungsverfahren ins Haus", so Peter Marhold von Helping Hands. Sobald Betroffene etwa ein Sprachzertifikat nachreichen, werde das Verfahren oft kommentarlos eingestellt.
Besonders tragisch: Auch in Österreich geborene Babys werden laut den NGOs in die Unsicherheit gedrängt. Ein aktueller Fall betrifft die kleine Laila. Obwohl sie in Österreich zur Welt kam, steht sie ohne Aufenthaltsstatus da – weil gegen ihre Eltern ein Aberkennungsverfahren läuft.
"Das passiert ohne Bescheid, ohne Akteneinsicht, ohne rechtliche Grundlage", kritisiert Atasoy. Für sie ist klar: Das BFA handle willkürlich und untergrabe damit fundamentale rechtsstaatliche Prinzipien.
Die Organisationen sehen hinter dieser Praxis kein Versehen, sondern System. Nicht mangelnde Integration oder Gefahr für die öffentliche Ordnung seien der Auslöser, sondern: politisches Kalkül, so die NGOs.
"Es geht nicht um die Sicherheitslage in Syrien, sondern darum, Druck auf Geflüchtete auszuüben", so Marhold. Asyl sei kein Gnadenakt, sondern ein Menschenrecht – unabhängig von ökonomischer Verwertbarkeit oder Sprachkenntnissen.