Musik hat eine starke emotionale Kraft, kann Menschen auch jenseits von Rationalität und Logik erreichen und bereichern, trösten, inspirieren, sogar therapieren. Dabei vermitteln Songwriter ihre wertvollen Einsichten und Tipps zur Lebensführung auf ganz andere Weise als Fachleute aus Wissenschaft und Beratung: in poetisch verdichteter Form. Das ermöglicht noch einmal einen ganz anderen Zugang im Umgang mit Herausforderungen und Krisen.
Deshalb hat Musikjournalist Michael Behrendt für seinen Ratgeber "Playlist zum Glück – 99 1/2 Songs für ein erfülltes Leben" (Reclam Verlag) auch einen ungewöhnlichen Weg eingeschlagen und Songs und ihre Lyrics sprechen lassen. Keine Soziologen oder Therapeutinnen, keine Motivations-Cracks, keine Coaches, sondern Musikerinnen und Musiker.
"Zurzeit erlebt unsere Welt einen rapiden Wandel, und damit sind Hoffnungen, aber auch Ängste verbunden. Intensiver denn je suchen wir nach Orientierung, nach Rat und guten Tipps, die uns helfen, die Herausforderungen dieser turbulenten Zeit zu meistern. Als Musikfan danach zu schauen, was Songs und ihre Botschaften dazu beitragen können, lag dann irgendwann nahe", so Behrendt, der auch den Songblog "Ted About Songs" betreibt.
Ob "You can’t hurry love" (The Supremes) oder "If you love somebody set them free" (Sting), ob "You Can't Always Get What You Want" (Rolling Stones) oder "Enjoy The Silence" (Depeche Mode), ob "Erfolg ist kein Glück" (Kontra K), "Veränderung braucht einen klaren Kopf" (Clueso) oder "Es reist sich besser mit leichtem Gepäck" (Silbermond) – es sind griffige Formeln, die in Verbindung mit starker Musik direkt unter die Haut gehen.
Den Anspruch auf Vollständigkeit kann diese Playlist zum Glück natürlich nicht erfüllen. Aber sie bietet schon mal – neben dem Spaß an aufregenden Songs – so etwas wie das Grundrüstzeug für den Weg zu einem ausgeglicheneren, zufriedeneren, ja erfüllten Leben. Beispiel gefällig? Gerne!
So "erklingt" unter der Überschrift "Bauen Sie Frust ab – und erheben Sie Einspruch!" der Song "Shout" von Tears for Fears, der nicht zufällig auch ein Signature-Song der 1980er-Jahre wurde. "Die Bedeutung der Refrainverse 'Shout, shout, let it all out / These are the things I can do without / Come on / I’m talking to you, come on' scheint trotz des Wechsels zwischen "du" und 'ich' klar: 'Schrei, schrei, lass es alles raus: 'Diese Dinge will ich nicht!' Los, ich rede mit dir, na los!'. Lautstarker Frustabbau: eine gerade für jugendliche Fans attraktive Botschaft", schreibt Behrendt.
Dass sich das britische Duo 1983 auch mit Arthur Janovs Urschreitherapie auseinandergesetzt hat, zahlt natürlich ebenso in die Interpretation der Zeilen ein. Dennoch sind die Lyrics auch jetzt noch schwer zu knacken – wer spricht zu wem? –, nicht umsonst findet man in Chatforen bizarrste Deutungen.
"Tears for Fears hauen uns einen stark fragmentierten, hochgradig ambivalenten Text um die Ohren, in dem es vage auch um politischen Protest und den Generationenkonflikt geht", so der Autor. Was bleibt: Eine schillernde Einladung zum Aufbegehren.
In seiner "Playlist zum Glück" bietet Behrendt noch weitere, zahlreiche Tipps für ein harmonisches Miteinander, gelingende Beziehungen, beruflichen Erfolg, Work-Life-Balance, den Umgang mit Krisen und Trauer sowie das Managen von Veränderungen. Ein musikalischer Lebensratgeber!