Die EU zieht beim Bahnverkehr das Tempo an. Laut dem am Mittwoch von der EU-Kommission präsentierten "High-Speed Rail Plan" sollen sich die Bahnreisezeiten zwischen den Hauptstädten Europas in den nächsten Jahren halbieren – auch ab Wien. So soll sich die Fahrzeit zwischen Wien und Berlin auf der Route über Prag auf nur noch 4:30 Stunden verringern – statt bisher 8:34 Stunden (via Passau).
Auch andere Verbindungen ab Wien werden deutlich schneller:
■ Wien–Budapest: 1:40 h statt 2:40 h
■ Wien–Warschau: 4:15 h statt 7:30 h
■ Wien–Bukarest: 6:15 h statt 15:00 h
■ Wien–Ljubljana: 4:30 h statt 6:05 h
Knackpunkt ist freilich, bis wann diese Ziele erreicht werden. Schon vor Jahren hat die EU eine Beschleunigung des internationalen Bahnverkehrs angekündigt. Neu ist diesmal allerdings der konkrete Umsetzungsplan. Die EU nennt erstmals Fristen, Gesetze und verbindliche Schritte, mit denen das Schnellbahnnetz Realität werden soll.
Ein neuer "High-Speed Rail Deal" verpflichtet Regierungen, Bahnindustrie und Finanzinstitute zur Zusammenarbeit. Bis 2027 müssen alle EU-Staaten verbindliche Ausbaupläne für ihre Strecken vorlegen.
Was sich nun ändert:
■ 2026: Ein Vorschlag für ein EU-weites Online-Ticketsystem soll endlich auf dem Tisch liegen – Bahnfahren über Grenzen hinweg soll so einfach werden wie Fliegen.
■ 2026: Die EU-Eisenbahnagentur (ERA) bekommt mehr Macht, um nationale Vorschriften abzubauen.
■ 2027: Einführung eines Gesetzes zur Wiederverwendung von Hochgeschwindigkeitszügen, um sinnlose Verschrottungen zu verhindern
■ Neue EU-Regeln zur einheitlichen Zertifizierung von Lokführern für den grenzüberschreitenden Verkehr
Das alles wird mit einer neuen "Scoreboard"-Plattform überwacht, die den Fortschritt pro Land anzeigt – ähnlich wie beim EU-Klimaplan.
Die Verbindung Wien–Berlin gilt als Flaggschiff-Projekt der europäischen Schnellbahn-Offensive. Sie verknüpft gleich vier Hauptstädte – Wien, Prag, Berlin und Budapest – und liegt im sogenannten TEN-T-Korridor "Orient/East-Med", einer der wichtigsten europäischen Verkehrsachsen.
Der Weg dorthin ist jedoch steinig. Während manche Teilabschnitte bereits modernisiert und beschleunigt sind, oder kurz vor der Fertigstellung stehen, befinden sich andere Abschnitte erst in der Planungsphase. Entscheidend ist dabei der Erzgebirgstunnel zwischen Deutschland und Tschechien, der über eine Stunde Fahrzeitersparnis bringen wird. Mit folgenden Schritten soll die Fahrzeit von Wien nach Berlin künftig auf nur noch wenig mehr als 4 Stunden gedrückt werden – statt bisher rund 8:30 Stunden.
Aktueller Status des Streckenausbaus Wien–Berlin:
■ Wien – Břeclav: Ausbau der Nordbahn – Südabschnitt bis Gänserndorf 2026 fertig, Nordabschnitt in Planung – 15 Minuten Zeitersparnis ab Fertigstellung
■ Břeclav – Brünn: Baubeginn 2028, geplante Inbetriebnahme 2033 – ca. 10 Minuten Zeitersparnis
■ Brünn – Prag: In Planung – Fahrzeit soll sich von 2:40 Stunden auf 50 Minuten verkürzen – das wären 110 Minuten Zeitersparnis
■ Prag – Dresden: In Planung – Bau des Erzgebirgstunnels ab 2033, Fertigstellung ab 2040 – Fahrzeitverkürzung von 2:30 Stunden auf 1:00 Stunde – 90 Minuten Zeitersparnis
■ Dresden – Berlin: In Bau – 125 der 174 Kilometer werden bis 2029 beschleunigt – Fahrzeitverkürzung von ca. 2:00 Stunden auf 1:40 Stunden – 20 Minuten Zeitersparnis
Mit den aktuell in Bau befindlichen Projekten wird die Strecke Wien–Berlin bis 2030 nur geringfügig beschleunigt – die großen Brocken Erzgebirgstunnel und der Ausbau der Strecke in Tschechien sind erst in Planung.
Wird jedoch alles wie angekündigt umgesetzt, ist (frühestens) ab 2040 eine Fahrzeitverkürzung von bis zu 245 Minuten möglich – das wären dann nur noch 4:05 Stunden. Realistischerweise angepeilt wird jedoch eine Fahrzeit von 4:30 Stunden.
Bereits 2021 wurde der Ausbau der Verbindung Wien–Berlin mit einer Reisezeit von vier Stunden angekündigt. Das damals genannte Fertigstellungsjahr 2035 wird aber definitiv verfehlt. Mit den nun gesetzten Maßnahmen will die EU weitere Verzögerungen bei seinen Vorzeige-Bahnprojekten künftig vermeiden.