Noch vor dem G20-Gipfel in Südafrika schlagen sechs prominente Ökonomen rund um Nobelpreisträger Joseph E. Stiglitz Alarm. Der Vorwurf: Die globale Vermögensverteilung gerät aus den Fugen – mit dramatischen Folgen für Gesellschaft und Demokratie.
Die Zahlen sprechen für sich: Zwischen 2000 und 2024 gingen laut Bericht rund 41 Prozent des weltweiten Vermögenszuwachses an das reichste ein Prozent der Bevölkerung. Im Gegensatz dazu erhielten die ärmsten 50 Prozent lediglich ein Prozent des neu geschaffenen Vermögens.
Konkret bedeutet das: Während sich das durchschnittliche Vermögen der Reichsten in nur fünf Jahren um rund 1,3 Millionen Dollar pro Person erhöhte, wuchs es bei der ärmeren Hälfte der Weltbevölkerung gerade einmal um 585 Dollar.
Stiglitz und sein Team fordern ein Umdenken: "Die Welt hat erkannt, dass wir uns in einer Klimakrise befinden. Es ist an der Zeit, dass wir auch erkennen, dass wir uns in einer Ungleichheitskrise befinden."
Laut dem Bericht leidet jeder vierte Mensch weltweit mittlerweile regelmäßig an Hunger, während das Vermögen der Superreichen einen neuen Rekord erreicht hat. In den nächsten zehn Jahren sollen zudem 70 Billionen Dollar vererbt werden – der Großteil an eine winzige Elite.
Neben der ungleichen Vermögensverteilung betonen die Autoren die dramatischen Folgen für demokratische Strukturen. Länder mit besonders hoher Ungleichheit seien siebenmal häufiger von einer Verschlechterung demokratischer Rahmenbedingungen betroffen.
Verschärft wird die Lage durch Ereignisse wie die Corona-Pandemie, den Ukraine-Krieg und neue wirtschaftliche Spannungen mit den USA – all das habe laut Bericht einen "perfekten Sturm" für die Ärmsten ausgelöst.
Die Autoren fordern jedenfalls die Gründung eines internationalen Gremiums, das sich wie der Weltklimarat mit dem Thema Ungleichheit beschäftigt und Regierungen weltweit berät.
Konkrete Reformvorschläge gibt es auch: eine stärkere Besteuerung von Großvermögen und Konzernen, faire Wirtschaftsregeln, mehr Investitionen in öffentliche Leistungen und eine arbeitnehmerfreundlichere Politik.
Der G20-Gipfel in Johannesburg steht unter dem Motto "Solidarität, Gleichheit und Nachhaltigkeit". Wenn es nach den Autoren des Berichts geht, soll das nicht nur ein Slogan bleiben – sondern ein Weckruf.