"Selten sind es Obdachlose"

Experte verrät: Das sind die Motive der Pfandsammler

Vor allem an Orten, wo viel unterwegs getrunken und konsumiert wird, sind Pfandsammler unterwegs. Ein Armutsforscher schätzt die Lage ein.
Niederösterreich Heute
02.11.2025, 19:11
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Die Rückgabe des Einwegpfands ist in Österreich angekommen – es sind bereits mehr als eine Milliarde Flaschen und Dosen zurückgegeben worden. Aber bei weitem nicht alle landen im Pfandautomaten – viele davon auch noch im Mistkübel. Das hat nun eine unerwartete Nebenwirkung: Immer mehr Menschen durchforsten Abfalleimer nach Pfandflaschen.

Seit dem 1. Jänner 2025 gilt in Österreich das Einwegpfand auf Flaschen und Dosen. Jedes Gebinde mit Pfandlogo ist 25 Cent wert. Doch weil Pfandautomaten nicht überall leicht erreichbar sind, werfen viele ihre Flaschen einfach weg – und das wird für andere zur Chance auf ein kleines Einkommen.

Ein Lokalaugenschein von "ORF NÖ" in Wiener Neustadt zeigt: Vor allem an Orten, wo viel unterwegs getrunken wird – etwa Bahnhöfen, Parks oder Veranstaltungen – sind Pfandsammler regelmäßig zu sehen. Ein Mann soll sogar jeden Abend mit einem Sack voller Flaschen auf dem Fahrrad durch die Stadt fahren.

"Einen Kaffee oder Kleinigkeit für Enkelkinder"

Laut Soziologe Alban Knecht von der Bertha von Suttner Privatuniversität St. Pölten handelt es sich dabei nur selten um Obdachlose. "Oft sind es Menschen, die finanziell kaum über die Runden kommen, Miete und Essen aber irgendwie bezahlen müssen", erklärt der Experte. Viele gönnen sich vom gesammelten Geld "einen Kaffee oder eine Kleinigkeit für die Enkelkinder", so der Experte zum "ORF NÖ".

Knecht forscht seit Jahren zum Thema Armut und hat bereits zahlreiche Gespräche mit Pfandsammlern geführt – vor allem in Deutschland, wo das Pfandsystem schon länger etabliert ist.

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Pfandringe an Mistkübeln

In Graz und Salzburg wurden bereits sogenannte Pfandringe an öffentlichen Mistkübeln angebracht. Diese sollen verhindern, dass Menschen im Müll wühlen müssen. Andere Städte in Niederösterreich reagieren hingegen zurückhaltender.

In St. Pölten will man das Thema erst bei künftigen Neuanschaffungen prüfen, Wiener Neustadt beobachtet die Lage, und Krems lehnt Pfandringe ab. In Baden sieht man gar keinen Bedarf – dort gebe es laut Stadtverwaltung keine Flaschensammler.

Soziologe Knecht befürwortet solche Maßnahmen ausdrücklich. "Manche Städte haben Sorge, dass Pfandringe ihr Image schädigen könnten – weil sie Armut sichtbar machen", sagt er. Dabei sei es wichtig, soziale Realität nicht zu verstecken, sondern menschenwürdig damit umzugehen.

{title && {title} } red, {title && {title} } 02.11.2025, 19:11
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