Microsoft-Mitgründer Bill Gates sieht die Zeit für einen Kurswechsel im Kampf für den Klimaschutz gekommen. Zwar sei der Klimawandel ein ernstes Problem, doch bedeute dieser nicht das Ende der Zivilisation, schrieb Gates in einer Denkschrift, die am Dienstag veröffentlicht wurde.
Man müsse jetzt den Fokus weg von einer Eindämmung des Anstiegs der Erderwärmung hin zu einem Kampf gegen Armut und Krankheit verlegen, forderte Gates. Der Milliardär kritisierte, dass sich Klimaschützerinnen und Klimaschützer wegen negativer Prognosen zu sehr mit kurzfristigen Zielen zur Reduzierung von CO₂-Emissionen und anderen Treibhausgasen beschäftigt hätten.
Gates teilte mit, das Tempo der Innovation im Sektor saubere Energie sei höher gewesen als erwartet. Dadurch habe billige Solar- und Windenergie Kohle-, Öl- und Erdgasanlagen zur Stromerzeugung ersetzen können. Künstliche Intelligenz trage zudem zu Fortschritten bei Technologien mit sauberer Energie bei.
Dadurch seien Ressourcen von effektiveren Dingen abgezogen worden, die zur Verbesserung der Lebensqualität auf einer sich erwärmenden Erde beitragen. Oberstes Ziel sollte es sein, Leiden zu verhindern, insbesondere Leiden von Menschen, die unter den härtesten Bedingungen in den ärmsten Ländern der Welt lebten, schrieb Gates.
Der Direktor des Zentrums für nachhaltige Entwicklung an der Columbia University, Jeffrey Sachs, teilte per E-Mail mit, das Dokument von Gates sei "sinnlos, vage, nicht hilfreich und verwirrend". Man könne sowohl die Armut reduzieren als auch das Klima verwandeln, wenn die Öl-Lobby eingedämmt werde.
Sie stimme Gates zwar zu, dass der Fokus bei der UN-Klimakonferenz darauf liegen sollte, die Gesundheit und das Wohlergehen von Menschen zu verbessern, sagte die Wissenschaftlerin Kristie Ebi von der University of Washington. Doch gehe Gates davon aus, dass die Welt gleich bleibe und sich nur eine Variable ändere – die schnellere Entwicklung grüner Technologien.
Mit seiner 17 Seiten umfassenden Denkschrift will Gates ein Zeichen vor der im November beginnenden UN-Klimakonferenz in Brasilien setzen. Er will zum Nachdenken darüber anregen, ob die geringe Geldsumme, die für den Klimaschutz ausgegeben wird, in die richtigen Dinge investiert werde.
Gates rechnete damit, dass seine Denkschrift eine Kontroverse auslösen würde. "Wenn Sie glauben, dass das Klima nicht wichtig sei, werden Sie der Denkschrift nicht zustimmen", sagte Gates in einem Gespräch mit Reportern vor Veröffentlichung seines Dokuments. "Wenn Sie glauben, dass das Klima die einzige Ursache und apokalyptisch sei, werden Sie der Denkschrift nicht zustimmen." Seine Absicht hinter der Denkschrift sei es, für mehr Investitionen und Innovation zugunsten armer Länder zu sorgen.