Ein Spiel mit dem Cousin hätte dem kleinen Alparslan (21 Monate) beinahe das Leben gekostet. Der Bub aus Oberösterreich verschluckte zehn glänzende Magnetwürfel, die aussehen wie Spielzeug. Doch die harmlose Optik täuscht: Im Inneren seines Körpers bohrten sich die hochgefährlichen Neodym-Magnete durch mehrere Darmwände und richteten lebensgefährliche Verletzungen an.
Am 21. Mai wurde Alparslan per Notarzthubschrauber vom Krankenhaus Bad Ischl ins Uniklinikum Salzburg geflogen. Dort fanden die Ärzte insgesamt neun Durchbrüche im Dünndarm und zwei weitere schwere Verletzungen an der Mesenterialwurzel – einer zentralen Darmstruktur. Es war ein Wettlauf gegen die Zeit.
"Der Eingriff war äußerst komplex. Die Magnete hatten mehrere Darmabschnitte durchbohrt, was zu einer lebensgefährlichen Infektion geführt hatte", erklärt Professor Roman Metzger, Leiter der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendchirurgie. Nur durch schnelle Diagnostik, Not-OP und intensive Nachbetreuung konnte das Leben des Kindes gerettet werden.
Der Bub lag zwei Wochen auf der Intensivstation, insgesamt 22 Tage im Spital. Vier Operationen waren notwendig, um die Schäden zu beheben. Am 11. Juni wurde der Bub in stabilem Zustand entlassen. "Er darf jetzt wieder alles machen und essen", so Metzger erleichtert.
Seine Mutter erinnert sich genau an den Moment, als sie die kleinen Magnetwürfel zum ersten Mal sah: "Er hat mit seinem vierjährigen Cousin gespielt. Ich habe gesehen, wie er sich einige Teile in den Mund geschoben hat und diese sofort rausgenommen. Aber offenbar hatte er da bereits oder später noch welche verschluckt."
Zunächst dachte sie an einen harmlosen Infekt – der Bub hatte Blähungen, Übelkeit, schwarzen Stuhl. Auch der Kinderarzt fand nichts Auffälliges. Als sich der Zustand ihres Sohnes in der Nacht auf den 20. Mai deutlich verschlechterte, fuhr die Familie ins Krankenhaus. Erst dort kam ihr der Verdacht mit den Magneten wieder in den Sinn.
Im Krankenhaus Bad Ischl waren Blut- und Harntests sowie der Ultraschall zunächst unauffällig. "Mir ist dann das mit den Magneten eingefallen und ich habe die Ärztinnen und Ärzte gebeten, ein Röntgen zu machen. Dabei konnte man sofort die Teile sehen", so die Mutter.
Von diesem Moment an ging alles ganz schnell: Hubschraubereinsatz, Notfallverlegung nach Salzburg, lebensrettende Operation. Ein Horror, den niemand erleben will – und der sich jederzeit wiederholen kann.
Professor Metzger warnt eindringlich vor der unterschätzten Gefahr: "Schon zwei verschluckte Magnete reichen aus, um schwerste innere Schäden zu verursachen. Die Gefahr wird von vielen Eltern massiv unterschätzt – solche Magnete gehören in keinen Haushalt mit Kleinkindern." Die Magneten ziehen sich durch Darmschlingen gegenseitig an, klemmen Gewebe ein, führen zu Gewebeuntergang, Perforationen und schlimmstenfalls zu tödlicher Bauchfellentzündung oder Sepsis. Besonders tückisch: Die Symptome treten oft verzögert auf.
Studien zeigen: Seit Verkaufsbeschränkungen in mehreren Ländern gelockert wurden, ist die Zahl der Krankenhausfälle durch verschluckte Magneten stark gestiegen. In medizinischen Fachpublikationen sind sogar Todesfälle dokumentiert. Deshalb fordern die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie und weitere europäische Fachgesellschaften strengere Maßnahmen – etwa Verkaufsverbote für Haushalte mit Kleinkindern, verpflichtende Warnhinweise und eine breite Aufklärung der Bevölkerung.
Das Ärzteteam des Uniklinikums Salzburg schließt sich dem Appell an und betont: "Neodym-Magnete sind kein Spielzeug – sie haben im Kinderzimmer nichts verloren." Gleichzeitig warnen die Expertinnen und Experten auch vor verschluckten Knopfbatterien, die ähnlich schwere Folgen haben können.
"Wir wissen um die schweren Verläufe, die vermeidbar wären", so Professor Metzger. Sein Appell an Eltern und Politik ist klar: Schluss mit der tödlichen Gefahr im Kinderzimmer.