Ganz anders als geplant endete heuer am 12. März eine Ausbildungs-Skitour des Bundesheeres: Die Tour sollte 13 Soldaten und Grundwehrdiener aus der Schwarzenbergkaserne in Wals-Siezenheim (Salzburg) von der Johannishütte (2.121 Meter Seehöhe) bis zum Defreggerhaus (2.963 Meter) und dann über den Großvenediger (3.657 Meter) wieder retour führen.
Wie die "Kleine Zeitung" berichtet, verschlechterte sich jedoch laut Strafantrag der Staatsanwaltschaft Innsbruck die Wetterlage drastisch. Dichter Nebel zog auf, der Wind wurde stärker, es begann zu schneien und auf 3.000 Meter hatte es rund minus sechs Grad. Laut Staatsanwaltschaft hätte die Tour sofort abgebrochen werden müssen.
Doch sie ging weiter: Ein 20-jähriger Grundwehrdiener erlitt Erfrierungen zweiten bis vierten Grades an sechs Fingern. Erfrierungen vierten Grades betreffen die Haut, Unterhautgewebe, Muskeln, Sehnen und Knochen und führen zum Gewebetod. Die betroffenen Stellen sind oft blau-schwarz.
Ein weiterer Grundwehrdiener, der laut Strafantrag "an seiner Leistungsgrenze" war, stürzte bei der Abfahrt etwa acht Meter tief in eine Gletscherspalte und verletzte sich leicht am Fuß. Nur dank seiner Kameraden, die ihn mit dem Seil halten konnten, kam er mit dem Schrecken davon. Laut Staatsanwaltschaft passierte der Unfall auch deshalb, weil die Gruppe wegen des Wetters von der geplanten Route abwich.
Nach dem Unfall schafften es die völlig erschöpften Soldaten zur damals nicht bewirtschafteten Prager Hütte. Sie brachen die Hütte auf und alarmierten von dort die Bergrettung. Weil die Sicht so schlecht war, konnte kein Hubschrauber landen. Die Soldaten mussten daher bis zum nächsten Tag warten, bis sie ins Tal gebracht werden konnten.
Unten angekommen, erstatteten sie Anzeige. Die Staatsanwaltschaft Innsbruck leitete Ermittlungen ein – unter anderem gegen einen 47-jährigen Berufssoldaten, der als Heeres- und Zivilbergführer die Verantwortung für die Tour hatte. Weil eine außergerichtliche Einigung scheiterte, kommt es nun am Bezirksgericht Lienz zur Verhandlung wegen fahrlässiger Körperverletzung.
Der Salzburger Rechtsanwalt Kurt Jelinek vertritt den Soldaten mit den Erfrierungen. "Für mich ist die Angelegenheit grob fahrlässig und ein auffallend hoher Verstoß eines Dienstgebers gegen die Sorgfaltspflicht", meint er zur "Kleinen Zeitung". Die Soldaten seien nicht richtig oder ausreichend ausgerüstet gewesen und die Tour sei trotz deutlicher Wetterverschlechterung nicht rechtzeitig abgebrochen worden, kritisiert Jelinek. "Und die Grundwehrdiener standen ja unter einem Befehl. Die konnten nicht einfach sagen: Wir können nicht mehr. Wir hören auf."
Für die angeklagte Tat droht eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Monaten oder eine Geldstrafe von bis zu 180 Tagessätzen. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.