Für PS5 und PS VR2

"Climate Station": Wie Sony uns Klima neu erleben lässt

Sony Interactive Entertainment bringt mit "Climate Station" eine neuartige interaktive Anwendung für PlayStation 5 und das VR-Headset PS VR2.
Rene Findenig
20.07.2025, 17:15
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Was sich auf den ersten Blick wie ein Spiel aus dem PlayStation Store liest, entpuppt sich als eine immersive Reise durch die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft unseres Planeten. Kostenlos erhältlich, aber mit einer emotionalen Wucht, die viele AAA-Spiele vermissen lassen, versucht "Climate Station" für PlayStation 5 und PlayStation VR2 eines der wichtigsten Themen unserer Zeit greifbar zu machen: den Klimawandel.

Was Climate Station von klassischen Spielen unterscheidet, ist das völlige Fehlen von Gegnern, Spielzielen oder Belohnungen. Stattdessen steht die Erfahrung im Vordergrund. Sony beschreibt die Anwendung selbst nicht als Spiel, sondern als "Erlebnis", das reale Klimadaten in eindrucksvoller Weise visualisiert. Der Fokus liegt dabei auf wissenschaftlicher Genauigkeit, multimedialer Darstellung und persönlicher Betroffenheit. Ziel ist es, den Nutzer emotional in das Thema hineinzuziehen – durch Bilder, Töne und Interaktion.

Unterstützt von NASA, IPCC und Berkeley Earth

Die in Climate Station dargestellten Daten stammen von renommierten Quellen wie der NASA, der amerikanischen Wetter- und Ozeanografiebehörde NOAA, dem Weltklimarat IPCC sowie der unabhängigen Forschungsorganisation Berkeley Earth. Mehr als 50.000 Wetterstationen weltweit lieferten die Temperaturdaten, die nun als farbkodierte Pins auf einem virtuellen Globus erscheinen. Für die visuelle Umsetzung wurden sogar die bekannten "Climate Stripes" des britischen Klimaforschers Ed Hawkins integriert. Seine visuellen Chroniken der Erderwärmung zählen heute zu den bekanntesten Darstellungen des Klimawandels.

Was Climate Station besonders macht, ist das Gefühl der Nähe. Auf der PS5 betrachtet man die Erde aus dem All, dreht sie, zoomt hinein und verfolgt Temperaturentwicklungen, CO₂-Emissionen, Ozeanerwärmung und mehr. Mit PS VR2 jedoch bekommt das Erlebnis eine ganz neue Dimension. Die Erde scheint im Raum zu schweben, Dioramen von Wetterkatastrophen erscheinen lebensgroß vor dem Betrachter, und die Controller lassen einen durch die Zeit reisen. Besonders eindrucksvoll: Die Darstellung des Wetterjahres 2019. In dieser Sequenz zieht ein globales Sturmsystem über den Globus. Man sieht Fluten in Asien, Brände in Australien, Hitzewellen in Europa – und all das basiert auf echten historischen Wetterdaten.

Lokale Klima-Geschichte – personalisierter Klimablick

Ein wesentliches Feature der Anwendung ist die Möglichkeit, auf einzelne Orte zu fokussieren. Tippt man auf eine Stadt, erhält man detaillierte Diagramme zur Temperaturentwicklung von 1901 bis heute. Dies geschieht nicht anonym oder abstrakt, sondern mit lokalem Bezug. Wer etwa Wien auswählt, sieht in anschaulicher Weise, wie sich das Klima in der österreichischen Hauptstadt über die Jahrzehnte verändert hat. Das vermittelt ein Gefühl von Dringlichkeit – und bringt die globale Krise ins persönliche Umfeld.

Neben dem Rückblick bietet "Climate Station" auch Ausblicke. Fünf verschiedene Klimaszenarien zeigen, wie sich die Welt bis zum Jahr 2100 entwickeln könnte – je nachdem, wie entschlossen die Menschheit auf Emissionen reagiert. Von einem optimistischen Pfad mit massiven CO₂-Reduktionen bis hin zu einem ungebremsten "Weiter wie bisher"-Szenario ist alles dabei. Die Konsequenzen werden dabei nicht nur in nüchternen Zahlen dargestellt. Stattdessen sieht man eine sich verändernde Erde, die unter steigenden Meeresspiegeln leidet, Hitzewellen durchlebt, Gletscher verliert und ihre Biodiversität einbüßt.

Die Erklärbibliothek – Wissen auf Abruf

Um das Erlebnis abzurunden, enthält "Climate Station" eine umfangreiche Erklärbibliothek. Diese besteht aus über 30 Kurzvideos, in denen Meteorologin und TV-Klimaexpertin Laura Tobin komplexe Zusammenhänge leicht verständlich erklärt. In insgesamt über 90 Minuten erfährt man alles über Extremwetter, Klimamodelle, globale Erwärmung, Meeresströmungen und vieles mehr. Die Filme sind professionell produziert, untertitelt in mehreren Sprachen und ideal, um auch Kindern oder interessierten Laien das Thema näherzubringen.

Ein weiteres Highlight ist die akustische Untermalung. Während man durch die Jahrhunderte reist oder sich Dioramen von Extremwetterereignissen ansieht, erklingt ein eigens komponierter Soundtrack. Dieser verzichtet auf Pathos und setzt stattdessen auf subtile Spannung. Gewitter grollen, Wind heult, Regen prasselt – und dennoch bleibt alles in einer ruhigen, fast meditativen Tonlage. Die Musik unterstützt die Erkenntnis, dass hier nichts erfunden ist. Climate Station erzählt keine Geschichten – es zeigt die Realität.

Erste öffentliche Vorführung von "Climate Station" im Londoner Zoo.
PlayStation

Ein Gamechanger für den Klimadiskurs

"Climate Station" ist schwer einzuordnen. Es ist keine Doku, kein Lernprogramm, kein Spiel im klassischen Sinne. Und dennoch wirkt es tief. In Zeiten von TikTok, Social Media und Informationsüberflutung gelingt es dieser App, durch visuelle und akustische Reduktion einen echten Raum für Nachdenken zu schaffen. Spieler, die auf Action, Wettkampf oder Fortschritt aus sind, werden hier nichts finden. Aber wer bereit ist, sich mit einem der wichtigsten Themen unserer Zeit zu beschäftigen – und das nicht in trockenen PDFs, sondern hautnah und immersiv – der wird Climate Station nicht nur erleben, sondern fühlen.

Mit der Veröffentlichung auf PS VR2 geht Sony neue Wege. Es ist das erste Mal, dass ein Konsolenhersteller ein derart ambitioniertes Bildungsprojekt in den Mainstream bringt. Unterstützt wird "Climate Station" von der UN-Initiative "Playing for the Planet", einer Allianz, die den Einfluss von Spielen auf Umweltbewusstsein fördern will. Sony zeigt damit, dass Unterhaltung und Aufklärung keine Gegensätze sein müssen. Im Gegenteil – in einer Welt, in der viele Informationen auf emotionaler Ebene verarbeitet werden, könnte genau dieser Ansatz die Menschen erreichen, die sich sonst nie mit Klimafragen beschäftigt hätten.

{title && {title} } rfi, {title && {title} } 20.07.2025, 17:15
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