Oberösterreich

Coronahilfe "verhöhnt" Unternehmer: "Danke. Für NICHTS"

Hat das Corona-Krisenmanagement der Regierung versagt und Unternehmer im Regen stehen lassen? Ein Kart-Bahn-Besitzer aus Oberösterreich macht seinem Ärger öffentlich Luft: "Mein Glaube an die Republik Österreich ist gestorben."

Roman Palman
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    Immer mehr Menschen beziehen Mindestsicherung.
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    Marco Ebner (23) fühlt sich von der Bundesregierung vollkommen im Stich gelassen. Der junge Geschäftsführer der erst im Sommer 2019 eröffneten Indoor-Kartbahn "Chargers Racing" samt angrenzendem Restaurant in Leonding (Bezirk Linz-Land) ist mit den Nerven am Ende. Mit einem offenen Brief an Kanzler Kurz, Vize Kogler und Gesundheitsminister Anschober macht der Jungunternehmer auf Facebook seinem Ärger Luft und erklärt, warum er durch die Coronakrise "den Glauben an die Republik Österreich während der letzten 3 Monate [...] völlig verloren" habe.

    Schon vor der verordneten Schließung aller Betriebe am 16. März habe es massive Umsatzeinbrüche von bis zu 70 Prozent gegeben, weshalb er beschloss, seine Kartbahn bereits mit Freitag (13. März) nicht mehr zu öffnen. "Es hätte sich schlichtweg nicht mehr ausgezahlt, den Betrieb zu öffnen, ein großes Minus wäre das Resultat daraus gewesen", schildert der Geschäftsführer die Situation.

    "Ein Schlag ins Gesicht"

    Gespannt habe er auf die groß angekündigten Unterstützungen gewartet, die die österreichischen Unternehmen "hoffentlich über die Krise schupfen" würden. Doch Ebner wurde enttäuscht: "Was ist gekommen? Ein milliardenschweres Wirtschaftshilfspaket, welches zum Großteil aus Haftungsübernahmen besteht. Doch was bringt mir eine Haftungsübernahme für einen Kredit bei meiner Bank, den ich dann jahrelang zurückzahlen muss? Das ist keine Hilfe, das ist ein Schlag ins Gesicht."

    Zum Härtefallfonds wolle er erst gar kein Kommentar abgeben, doch auch die Kurzarbeit sei katastrophal abgewickelt worden. "Ich habe meine Mitarbeiter, die mir allesamt am Herzen liegen, somit in die Kurzarbeit geschickt. Unwissend, ob sie genehmigt wird und wann ich die Löhne zurückbekomme", so der 23-Jährige weiter. Allerdings habe es vom Tag der Anmeldung bis zur Zusage durch das AMS mehr als drei Wochen.

    In dieser Zeit habe er völlig im Dunklen getappt und seinen Mitarbeitern zwei Monatslöhne vorstrecken müssen, ehe Geld vom AMS rücküberwiesen wurde. "Ein Traum für die Liquidität eines jungen Unternehmens. Das ist so weit weg von unbürokratisch und schnell, wie wir vom Corona Hotspot Wuhan weg sind." 

    Lieber Kündigungen, statt Kurzarbeit

    "Rückblickend betrachtet, würde ich die Entscheidung anders fällen", schreibt der Leondinger Unternehmer. Er würde die Corona-Kurzarbeit nicht mehr in Anspruch nehmen, "denn es ist ein einziges Chaos." Bis heute bestehe keine Einigung über die Abrechnung. "Ich würde wohl meine Mitarbeiter sofort entlassen und ihnen eine Wiedereinstellungszusage mit nach Hause geben."

    "Die richtig schwierige Zeit steht noch bevor"

    Es kam der 15. Mai. In ganz Österreich durften die Gaststätten unter verschärften Sicherheitsmaßnahmen wieder ihren Betrieb aufnehmen, auch jene der Kartbahn "Chargers Racing" – der erhoffte Gäste-Ansturm blieb aber auch hier aus. "Die Löhne sind wieder zu bezahlen, die Miete und alle anderen Kosten sind wieder zu begleichen, aber Gott sei Dank entfällt im Zuge des Gastro-Hilfspakets die Schaumweinsteuer! Das rettet uns natürlich alle", klagt Ebner in seinem offenen Brief. "Flüssige Mittel die ich zugesprochen bekomme, damit die Liquidität hier und jetzt wirklich gesichert wird, gibt’s nicht! Seien Sie sich sicher liebe Bundesregierung, die richtig schwierige Zeit steht den meisten erst jetzt nach der Wiedereröffnung bevor."

    Polizei stürmte Kartbahn "in FBI-Manier"

    Auch er habe seinen gesamten Betrieb – seiner Meinung nach in vollem Einklang mit den geltenden und kommunizierten Bestimmungen der Regierung – am 15. Mai wieder geöffnet. Sein Restaurant habe eine Gastrogenehmigung und die Rennbahn eine Veranstaltungsstättengenehmigung. Somit hätten hier Veranstaltungen mit bis zu zehn Personen abgehalten werden können. Der Sicherheitsabstand sei bei einer Gesamtfläche von 3.600 Quadratmeter wohl gegeben, argumentiert Ebner. Zudem dürften sich sowieso nie mehr als zehn Personen gleichzeitig auf der Rennstrecke aufhalten. Somit schienen alle Vorgaben erfüllt und dem langersehnten Re-Opening am Freitag nichts mehr im Wege zu stehen. Dachte der Jung-CEO zumindest.

    "Freitag, 18 Uhr, fahren drei Polizeiautos bei uns vor. Sie nutzen zwei verschiedene Zufahrten und rasen in 'FBI Manier' auf unseren Parkplatz. Insgesamt fünf bewaffnete und mit Schutzwesten ausgerüstete Beamte marschieren, angeführt von einer Dame der Gesundheitsbehörde, schnurstracks in unseren Betrieb. Breitbeinig stellen sich die Beamten mitten in unserem Eingangsbereich auf", beschreibt Ebner den "filmreifen Auftritt" der Exekutive. Die Forderung: Er solle seinen vermeintlich illegal geöffneten Betrieb sofort wieder schließen.

    "Die Dame der Gesundheitsbehörde zeigt mir ein Schreiben des Ministeriums, von denen wir als Sportstätte eingestuft werden und somit keine Berechtigung haben, die Kartbahn zu betreiben". Auch die Vorlage der vorhandenen Veranstaltungsstättengenehmigung habe die Beamtin nicht vom Gegenteil überzeugen können. "Das war ihr alles egal, denn laut dem S7 Krisenstab des Gesundheitsministeriums sind wir eine Sportstätte und unsere von der BH festgelegte Einstufung als Veranstaltungsstätte ist vergessen und nichtig." Nach einigen Minuten der Diskussion habe der Besuch mit einer Anzeige für ihn und seine Geschäftspartner geendet.

    Bewilligungen nicht relevant?

    "Jetzt frage ich Sie, Herrn Kurz, Herrn Kogler und Herrn Anschober. Was ist das für ein Auftritt? 6 Personen dringen in unseren Betrieb ein, verängstigen die Gäste, patzen mich von der ersten Minute an. Und das alles komplett ohne rechtliche Grundlage. Ich denke, jeder sollte sich in Österreich an die Gesetze halten, warum macht es das Ministerium und die Behörden dann nicht auch?"

    Auch ein Versuch der Klärung durch seinen Rechtsanwalt hätte am folgenden Montag nichts mehr daran ändern können. Seitens des Krisenstabs sei man mit folgenden lapidaren Worten abgewiegelt worden: "Wir bedanken uns für Ihre Anfrage, müssen diesbezüglich aber festhalten, dass es in Auslegung der COVID-19-Lockerungsverordnung, BGBl. II Nr. 197/2020 idgF, nicht auf dahinterstehende Bewilligungen ankommt, zumal es sich um andere Schutzzwecke bzw. -normen handelt."

    "Danke. Für NICHTS"

    Eine Reaktion, die ihn sichtlich verzweifeln lässt. Das hieße, dass der Krisenstab über die aktuelle Rechtslage hinweg entscheiden könne, dass sein Betrieb durch die aktuellen Interessen der Bundesregierung plötzlich keine Veranstaltungsstätte mehr sei, sondern eine Sportstätte. Ebner wettert: "Ich habe mich in dem Moment obendrein noch strafbar gemacht und bekomme eine Anzeige wegen Verstoß gegen die COVID-19 Lockerungsverordnung und eine Strafe von bis zu 30.000 Euro. Danke. Für NICHTS."

    Der 23-Jährige wirft der Bundesregierung vor, in der Krise nicht ruhig und besonnen reagiert, sondern "unnötige Panik in der Bevölkerung verbreitet" und "Unternehmer mit 'Hilfspaketen' verhöhnt" zu haben. "Sie haben unsere Wirtschaft komplett an die Wand gefahren. Für mich persönlich gekrönt von der Missachtung der Gesetzeslage und übertriebenen Polizeieinsätzen.  Deshalb ist mein Glaube an die Republik Österreich, spätestens am 15.05.2020 um 18:00 Uhr, gestorben."

    Der gesamte Beitrag von Marco Ebner zum Nachlesen: