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Das sind die absurdesten Ausreden vor Gericht

Heute Redaktion
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Bild: imago stock & people

Ein Grazer raste der Polizei mit 200 km/h davon – und glänzte danach mit einer absurden Ausrede. Um solche sind Verkehrssünder und andere Gesetzesbrecher oft nicht verlegen.

200 km/h zeigte der Tacho eines Grazers (56) an, als er am 9. Jänner zwischen Bayern und dem Innviertel vor der Polizei flüchtete. Nachdem ihn die Beamten zunächst aus den Augen verloren hatten, fanden sie seinen C-Klasse Mercedes auf einem Feld wieder.

Der mutmaßliche Raser war sogar noch im Wagen – und hatte eine originelle Ausrede parat: Weil er so müde war, habe er einen Autostopper fahren lassen und sei dabei eingeschlafen. Erst in diesem Waldstück sei er wieder aufgewacht. Von dem ominösen Autostopper fehlte natürlich jede Spur.

Um Ausreden sind Verkehrssünder und andere Gesetzesbrecher vor Gericht häufig nicht verlegen. Beispiele gefällig?

Schuld war der Autopilot

Ein Autofahrer krachte im März 2016 mit seinem Tesla auf der Autobahn in ein stehendes Fahrzeug. Er hatte dem Autopiloten vertraut und während der Fahrt eine WhatsApp-Nachricht verschickt. Den Strafbefehl, der ihn zu einer bedingten Geldstrafe und einer Buße verurteilte, akzeptierte der Beschuldigte nicht. Schuld am Unfall sei schließlich der Autopilot.

Der Richter sah das anders: Er bestätigte den Schuldspruch mit der Begründung, dass der Fahrer eines Tesla trotz der technischen Hilfsmittel immer noch Herrscher über das Fahrzeug sein müsse.

Angst vor dem Mercedes

Auf der Anklagebank im Kölner Landgericht saß Mitte Jänner dieses Jahres ein 28-jähriger Immobilienkaufmann. Der hatte sich mit seinem Seat Leon Cupra ein spontanes Rennen mit einem weißen Mercedes geliefert. Während die Insassen des Mercedes davonkamen, ging der Cupra-Fahrer der Polizei ins Netz.

Vor Ort gab er zu, sich zu einem Rennen verleitet zu haben. Vor Gericht änderte er seine Meinung: Die Beifahrerin, seine Freundin, habe Angst vor den Insassen des Mercedes gehabt. Um sich der Gefahr zu entziehen, habe er aufs Gaspedal gedrückt. Die Richterin schenkte dieser Version keinen Glauben und verurteilte ihn zu einer Geldstrafe von 4.500 Euro. Den Führerschein ist er ebenfalls los.

"Heil Hydra" statt "Heil Hitler"

"Heil Hitler" und "Man müsste die KZs wieder aufbauen" soll ein Obdachloser Ende 2018 am Leipziger Hauptbahnhof gerufen haben. Weiter soll er eine Frau mit üblen Beleidigungen eingedeckt, Polizeibeamte und Sicherheitsleute der Deutschen Bahn massiv bedroht und den Bahnhof trotz Hausverbot betreten haben.

Im August 2019 musste er sich deshalb vor Gericht verantworten. Dort zeigte er sich in allen Punkten geständig – nur nicht in punkto Heil-Hitler-Ruf: "Ich habe nicht Heil Hitler, sondern Heil Hydra gerufen", sagte der Angeklagte dem Amtsrichter. "Hat Hydra was mit Konzentrationslagern zu tun?", fragte dieser irritiert. Darauf wusste der Beschuldigte keine Antwort.

Wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, Volksverhetzung, Beleidigung, Hausfriedensbruchs und Bedrohung wurde der 34-Jährige zu einem Jahr Haft verurteilt.

"Der Herd ist an"

Mit 205 km/h raste ein 28-jähriger Linzer am 30. Dezember 2019 auf der Westautobahn mit seinem BMW X4 an der Polizei vorbei. Wenige Kilometer später dürfte der Mann mitbekommen haben, dass die Polizei direkt hinter ihm war. An der Autobahnabfahrt Traun konnte der Raser dann angehalten werden.

Zu den Polizisten sagte er: Beim Verlassen seiner Wohnung gegen 11 Uhr hätte er einen Topf mit Suppe am Herd stehen lassen und befürchte, die Herdplatte angelassen zu haben. Ob das tatsächlich stimmte oder nur eine Ausrede war, blieb unklar. Fakt ist: Der Mann wurde angezeigt.

Raser wollte nur Auto trocknen

In der Nähe von Kitzbühel hat die Tiroler Polizei im April 2019 einen 27-jährigen Autofahrer gestoppt: Er war bei erlaubten 60 km/h mit 118 km/h unterwegs. Für die fast doppelte Geschwindigkeit hatte er eine kuriose Ausrede bereit: Den Polizisten sagte er, er habe gerade sein Auto gewaschen und sei daher zum Trocknen so schnell gefahren.

Am gleichen Tag wurde Musau im Bezirk Reutte ein weiterer Raser erwischt. Er fuhr 121 km/h, obwohl dort im Ortsgebiet nur 50 km/h erlaubt waren. Der 18-Jährige war sich jedoch keiner Schuld bewusst. Er warf den Polizisten vor, die Geschwindigkeit nicht korrekt gemessen zu haben. Ihm wurde der Probe-Führerschein abgenommen.

Frau bei Rattenjagd erschossen

Ein 55-jähriger Gastwirt war im August 2013 vor dem Landgericht Coburg angeklagt, seine Frau mit einer Schrotflinte erschossen zu haben.

Der Beschuldigte beharrte darauf, dass es sich um einen Unfall handelte: Er habe im Keller des Alten Schützenhauses Ratten jagen wollen, als er über seinen Yorkshireterrier gestolpert sei und sich der tödliche Schuss gelöst habe. Viel wahrscheinlicher ist jedoch, dass er seine Ehefrau aus Eifersucht umgebracht hatte. Das Gericht verurteilte den Mann wegen Totschlags zu 12 Jahren Gefängnis.

Kind aus Bettchen gefallen

Eine alleinerziehende zweifache Mutter (36) brachte ihren Sohn an einem Februarmorgen 2011 zur Schule. Die noch schlafende Tochter (4) ließ sie mit ihrem 23-jährigen Freund zurück, von dem sie sich zuvor bereits dreimal getrennt hatte. Als die Frau zurückkehrte, klagte die Tochter über Schmerzen. In der Kinderklinik wurden unter anderem diverse Hämatome an Kopf und Körper eine Stauchung der Brustwirbelsäule und massive innere Verletzungen festgestellt.

Gegenüber der Polizei gab das Kind an, der Freund der Mutter sei "ein böser Mann", der ihm "weh getan" habe. Vor Gericht behauptete der Beschuldigte steif und fest, das Mädchen sei aus seinem Bettchen gefallen. Zur Wiederbelebung habe er es an den Ohren gepackt und geschüttelt. Für das Rottweiler Landgericht war hingegen klar, dass der Angeklagte das Mädchen misshandelt hatte. Es verurteilte ihn wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten.

Nummer der Polizei nicht gekannt

Im Untergeschoss eines Hamburger Hotels verprügelte ein Gebäudereiniger seinen Kollegen. Als dieser bereits am Boden lag, trat er ihm noch über 50-mal ins Gesicht, wie Autor und Richter Patrick Burow in seinem Buch "Ich habe nicht geschossen, nur ein bisschen. Absurde Ausreden vor Gericht" schreibt.

Das Opfer erlitt ein Schädel-Hirn-Trauma. Ein weiterer Gebäudereiniger ging während der Auseinandersetzung zweimal am schwer Verletzten vorbei, ohne Hilfe zu holen. Wegen unterlassener Hilfestellung wurde er angeklagt. Warum er nicht die Polizei gerufen habe, wollte der Richter beim Prozess im Juli 2011 wissen. "Ich kannte die Nummer der Polizei nicht", gab der Beschuldigte zur Antwort.

Die Ausrede nahm ihm der Richter nicht ab, lebte doch der Mann seit 20 Jahren in Hamburg. Er wurde zu einer Geldstrafe von 100 Tagessätzen à 15 Euro verurteilt.