Wien-Wahl

"Der Superheld der Stadtregierung wäre am ehesten ich"

Im "Öffi Talk" mit „Heute“ erzählt Neos Wien-Chef Christoph Wiederkehr, was ihn mit Comic-Superheld Thor verbindet und warum die SPÖ die Neos braucht.

Louis Kraft
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    Vor der Wien-Wahl am 11. Oktober 2020 bittet <em>"Heute"</em> die Spitzenkandidaten der Parteien zum Öffi Talk. Den Anfang machte Neos Wien-Chef Christoph Wiederkehr. Mit <em>"Heute"</em>-Redakteurin Louis Kraft geht es von Heiligenstadt mit der S-Bahn nach Hütteldorf.
    Vor der Wien-Wahl am 11. Oktober 2020 bittet "Heute" die Spitzenkandidaten der Parteien zum Öffi Talk. Den Anfang machte Neos Wien-Chef Christoph Wiederkehr. Mit "Heute"-Redakteurin Louis Kraft geht es von Heiligenstadt mit der S-Bahn nach Hütteldorf.
    Helmut Graf

    Vor der Wien-Wahl am 11. Oktober lädt "Heute" die Spitzenkandidaten der Parteien zu einem Öffi-Talk ein. Den Anfang macht der Chef der Wiener Neos Christoph Wiederkehr. Für viel Aufmerksamkeit sorgt Wiederkehr nicht, als er mit uns am Bahnsteig der S45 in Heiligenstadt (Döbling) steht. Trotz der recht auffallenden pink-gelben Mund-Nasen-Schutzmaske der Neos wird Wiederkehr nicht erkannt. Nichts Neues für ihn, schon bei seinem Amtsantritt als neuer Chef der Wiener Neos im August 2018 ließ er sich mit viel Selbstironie mit dem Slogan "Kennt keiner. Kann viel" plakatieren. Das habe sich in den vergangenen Wochen aber deutlich geändert. "Ich werde viel öfter angesprochen", erzählt der Neos-Chef.

    "Neuer S-Bahnring kostet soviel wie zwei Kilometer U-Bahnbau".

    Was er mit "kann viel" meint, erklärt uns Wiederkehr auf der rund 30-minütigen Fahrt von Heiligenstadt nach Hütteldorf (Penzing). Ausgesucht hat er sich die Strecke, weil die S-Bahn in Wien viel zu wenig Aufmerksamkeit bekomme. Zu Unrecht, wie Wiederkehr findet. Daher schlägt er einen neuen S-Bahnring um Wien vor, mit dem man schnell von Heiligenstadt nach Simmering oder von Hernals zum Hauptbahnhof käme. "Das wäre eine gute Investition und gar nicht so teuer, wie man glauben könnte. Denn die Schieneninfrastruktur gibt es ja schon, die müsste man nur adaptiert", so Wiederkehr, der die Kosten auf rund 315 Millionen Euro schätzt. "Also so viel wie zwei Kilometer U-Bahnausbau", rechnet der Neos-Spitzenkandidat vor. Finanzieren soll das die Stadt, gern auch in Kooperation mit Niederösterreich oder dem Bund.

    Wiederkehr kämpft wie Thor "für das Gute" und bessere Schulen

    Sein "echtes Herzensanliegen" sei aber der Einsatz für bessere Schulen und Kindergärten. Dabei nimmt er auch Anleihen an Comic-Superheld Thor: "Weil er für das Gute kämpft". Einen Thor in der Wiener Stadtregierung sieht Wiederkehr derzeit aber nicht: "Am ehesten bin wohl ich das, auch wenn ich noch keine blonde Perücke habe", lacht Wiederkehr.

    "Die Wiener Grünen sind als Schößhündchen von Bürgermeister Ludwig sehr bequem geworden".

    Das könnte sich nach der Wahl aber ändern, denn die Neos haben sich der SPÖ unter Bürgermeister Michael Ludwig bereits als Koalitionspartner angeboten, wenn auch als "unangenehmer". Mit den Neos in der Regierung sei endlich für Kontrolle gesorgt, denn die Wiener Grünen seien als "Schoßhündchen von Ludwig" sehr bequem geworden. Ein rot-pinke Koalition würde hingegen die "Freunderl- und Misswirtschaft" beenden, ist Wiederkehr überzeugt.

    Wenn Wiederkehr den Chefs der anderen wahlwerbenden Parteien eine Comicfigur zuordnen müsste, wer wäre dann wer? "Bei Ludwig fällt mir als erstes Obelix ein", so Wiederkehr. "Aus optischen Gründen", fragen wir nach? Wiederkehr lacht: "Das haben jetzt aber Sie gesagt". Für die anderen Parteienchefs (Für VP Wien-Chef Gernot Blümel sucht Wiederkehr nach einer Figur, die "schlampig ist und sich nicht gut erinnern kann"), fällt ihm dann nichts mehr ein. "Ich lese aber auch kaum Comics", erklärt er.

    Neos wollen die Hintern-Treter der SPÖ sein

    Auf die Frage, welche Ressort die Neos im (unwahrscheinlichen) Fall einer pinken Regierungsbeteiligung beanspruchen wollen, will sich Wiederkehr nicht festlegen. Naheliegend sei jedoch das Bildungsressort, denn die Sozialdemokratie habe das Versprechen auf Bildungsaufstieg gebrochen. "Das gibt es in dieser Stadt nicht mehr und das würde ich sehr gerne erneuern. Es müssen endlich wieder neue Visionen und Ideen in die Stadtregierung kommen. Die Sozialdemokratie ist sehr behäbig geworden und braucht einen Tritt in den Hintern. Der wären wir, aber Ludwig muss sich halt trauen", so Wiederkehr. Also doch ein Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr? Der lacht und antwortet "schauen wir mal, die Wählerinnen und Wähler haben es in der Hand".

    Sollte es so weit kommen, hat Wiederkehr schon konkrete Pläne, wie er die Wiener Kindergärten und Pflichtschulen verbessern will. So sollen bis 2025 120 Millionen Euro für die Ausstattung aller sozial benachteiligter Schüler mit Laptops und die Ausstattung der Pflichtschulen mit High-Speed-W-Lan verwendet werden. Daneben soll es kleinere Kindergartengruppen und da, wo notwendig, weniger Schüler in einer Klasse geben. Um die Lehrerinnen und Lehrer zu unterstützen, will Wiederkehr mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen einstellen. "Das ist wichtig, um Konflikte zu lösen. Doch derzeit haben wir in Wien mehr Bezirksvorsteher-Stellvertreter als Schulpsychologen. Das will ich ändern", so Wiederkehr.

    Gegenfinanziert werden sollen die Pläne etwa durch die Abschaffung der nichtamtsführenden Stadträte in Wien. "Pro Jahr kosten die über eine Million Euro, das sind die teuersten Arbeitslosen Wiens", so Wiederkehr.

    „Lasse mich im Wahlkampf einmal pro Woche auf Corona testen“

    Dass die Schulen durch die Coronakrise vor zusätzliche Herausforderungen gestellt würden, stehe außer Frage. Doch die Schulen seien Teil der Lösung, nicht des Problems, betont Wiederkehr. So könnten sie einen großen Beitrag zur Nachkontrolle der Verbreitung des Virus leisten. "Daher fordere ich, dass jede Woche 10.000 Schülerinnen und Schüler auf Corona getestet werden, die Ergebnisse müssen innerhalb eines Tages, idealerweise nach acht Stunden vorliegen", so der Neos-Chef.

    Dass das möglich ist, weiß Wiederkehr aus eigener Erfahrung: "Ich lasse mich jetzt im Wahlkampf selbst jede Woche in einem privaten Labor auf Corona testen und bekomme das Ergebnis innerhalb von acht Stunden. Es geht also. Dass es bei der Stadt so viel länger, manchmal bis zu sieben Tagen dauert, liegt also nicht an den Laboren, sondern daran, dass das Corona-Management ein komplettes Chaos ist", so Wiederkehr.

    Neos Wien-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr im <em>"Heute"</em>-Wordrap
    Neos Wien-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr im "Heute"-Wordrap
    picturedesk, Wikipedia

    Wiener Landeshymne soll Entfremdung mit Stadt entgegenwirken

    Die Corona-Krise habe viele Probleme ausgelöst, die es zu lösen gilt, betont Wiederkehr. Eine Lösung soll eine neue Landeshymne für Wien sein, die für mehr Zusammenhalt und eine gemeinsame Wiener Identität sorgen soll. "Es gibt viele in Wien, die sich nicht zugehörig fühlen. Jeder Zweite darf bei Wahl nicht mitentscheiden, das führt zu einer Entfremdung der Bevölkerung mit der Stadt", warnt der Neos-Chef. Eine Landeshymne, die das Schöne in Wien besingt, aber durchaus auch Probleme der Vergangenheit aufzeigen kann, wäre sinnvoll für eine stärkere Identität, glaubt Wiederkehr.

    Gefunden soll die nach Vorstellung der Neos in einem offenen Wettbewerb. "Die Hymne soll die Weltoffenheit Wiens zeigen und kann gerne auch vielsprachig sein. Von alten Melodien mit neuen Texten oder ganz neuen Ideen, ist alles vorstellbar. Es wird spannend sein zu sehen, welche Kreativität in den Wienern steckt", so Wiederkehr.

    „Grüne sind sehr gut darin, freihändig Steuergeld hinauszuschmeißen“

    Im Kampf gegen die Klimakrise und ihre Auswirkungen auf die Stadt will Wiederkehr auf nachhaltige und langfristige Lösungen setzen, Pop-Up-Lösungen seien wenig sinnvoll. "Mit dem, was der Pop-Up-Pool am Gürtel gekostet hat, könnte man einen mehrere Kilometer unterirdisch fließenden Bach an die Oberfläche holen. "Da gibt es mehrere Vorschläge, wie zum Beispiel den Brigittenauer Bach. Das Heben des Baches würde die Umgebung natürlich abkühlen und lebenswerter machen. Ich stelle mir vor, dass es dort Gastronomie gibt und Orte zum Verweilen", so Wiederkehr.

    Diese Konzepte seien umsetzbar und "jedenfalls sinnvoller als Planschbecken für ein paar Wochen". Doch leider seien die Grüne mittlerweile sehr gut darin, freihändig Steuergeld hinauszuschmeißen, so Wiederkehr.

    Neos erkämpfen Sanktionen bei Überschreitung von Kostenobergrenzen im Wahlkampf“

    Der Kampf der Neos gegen Verschwendung von Steuergeld zeigt sich auch in dem von ihnen initiierten Fairnessabkommen. "Es gibt heuer erstmals in der Wiener Geschichte eine vertragliche Grundlage, die Sanktionen bei der Überschreitung der Kostenobergrenzen im Wahlkampf vorsehen. Mit sechs Millionen Euro pro Partei liegt diese ohnehin recht hoch", betont Wiederkehr.

    Sollte eine Partei die Grenze überschreiten, so muss sie an einen gemeinnützigen Verein eine Geldstrafe zahlen. "Wichtig ist, dass dieser Verein aber keine Partei nahesteht", betont Wiederkehr. Als "schade" bezeichnet er den Umstand, dass "die rechten Parteien in Wien ÖVP und FPÖ" nicht beim Fairnessabkommen dabei sind.