Terror in Wien

Die Chronologie der Pannen beim Terror-Anschlag in Wien

Rund eine Woche nach dem Terror-Anschlag in der Wiener City werden immer mehr Ermittlungsfehler im Vorfeld des Attentats bekannt.

Andre Wilding
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    Die Wiener trauern und gedenken der Opfer des Terroranschlags.
    Die Wiener trauern und gedenken der Opfer des Terroranschlags.
    Helmut Graf

    Ein 20-jähriger Islamist mit nordmazedonischen Wurzeln eröffnete am 2. November am Schwedenplatz im 1. Bezirk das Feuer, tötete vier Menschen und verletzte 23 weitere zum Teil schwer. Die Ermittlungen der Polizei laufen auch acht Tage nach dem Terror-Anschlag auf Hochtouren. Es hat zahlreiche Hausdurchsuchungen und Festnahmen gegeben, zehn Verdächtige aus dem Umfeld des Attentäters befinden sich aktuell in Untersuchungshaft.

    Nach derzeitigem Stand der Untersuchungen hat der 20-Jährige die Tat zwar alleine durchgeführt, dennoch war der junge Mann in der Szene gut vernetzt. Zudem ist auch bekannt, dass es schwerwiegende Ermittlungsfehler im Vorfeld des Anschlags gegeben hat - und zwar etliche! Denn eigentlich hätte der Mörder gar nicht mehr auf freiem Fuß sein dürfen, die Tat hätte also so gar nicht stattfinden können.

    Eine unabhängige Bewertungskommission arbeitet die Pannen auf und prüft unter anderem die Fragen, wer welche Informationen wann gehabt hat und wie darauf reagiert wurde. Und auch polizeiintern wird die Vorgangsweise im Verfassungsschutz untersucht. Die Chronologie der Fehler

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    "Attentäter hat alle getäuscht"

    Bereits einen Tag nach dem Anschlag drang die Information an die Öffentlichkeit, dass der "Attentäter alle getäuscht" hätte. Doch stimmt das wirklich? Offenbar nicht, denn ein Sprecher des Vereins, der den 20-Jährigen betreut hat, meldete sich umgehend zu Wort und erklärte: "Der Betreuer hat ihn (Anm. den Attentäter) niemals als ungefährlich oder deradikalisiert eingeschätzt. Das war eine Fehlinformation."

    Und weiter: "Wenn wir gewusst hätten, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz die Information hat, dass er versucht, Munition zu kaufen, dann wäre das natürlich eine Information gewesen, um dieses Attentat höchstwahrscheinlich unmöglich zu machen", so der Sprecher im Ö1-Morgenjournal.

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      Bei dem Sturmgewehr gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um eine "Zastava M70" handelt.
      Bei dem Sturmgewehr gehen die Ermittler davon aus, dass es sich um eine "Zastava M70" handelt.
      LPD Wien
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      Informationen zu Munitionskaufversuch

      Fest steht eine Woche nach dem Attentat zudem: Die Justiz hat erst nach dem Anschlag von dem Munitionskaufversuch in der Slowakei erfahren. "Die Staatsanwaltschaft Wien wurde erstmals in der Nacht des Anschlags darüber informiert und zwar hat die Polizei dem Journalstaatsanwalt diese Information erteilt", so Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien im Ö1-Morgenjournal.

      Und offenbar sind noch weitere Informationen beim Verfassungsschutz hängengeblieben.

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      Treffen mit Islamisten in Wien

      Mittlerweile ist auch klar, dass sich der 20-jährige Attentäter im Juli nicht nur mit deutschen Islamisten getroffen hat, auch Dschihadisten aus der Schweiz waren bei der Zusammenkunft in der Bundeshauptstadt dabei. Und sowohl der schweizer als auch der deutsche Nachrichtendienst haben den österreichischen Verfassungsschutz darüber informiert. Der 20-Jährige wurde zu diesem Zeitpunkt zwar observiert, doch danach wurde die Überwachung eingestellt. Warum die Observation eingestellt wurde, ist derzeit noch unklar.

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      Vorgehensweise des Verfassungsschutzes

      Schnell hieß es dann, dass einiges in der Kommunikation schiefgelaufen sei. Daraufhin wurden erste personelle Konsequenzen gezogen. Der Leiter des Wiener Landesamts für Terrorismusbekämpfung stellt seine Funktion ruhend. Auch die beiden Beamten, welche für die Gefährlichkeitseinschätzung zuständig waren, wurden suspendiert.

      Offensichtlich ist auch, dass es offenbar eine mangelhafte Kommunikation zwischen Polizei und Justiz und auch schwere Fehler bei der Vorgehensweise des Verfassungsschutzes gegeben hat. Zudem ist der Verfassungsschutz aktuell alles andere als gut aufgestellt. Zu diesem Schluss kommt unter anderem auch Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Franz Ruf, der mit der Reform beauftragt worden ist. Im kommenden Jahr soll diese finalisiert werden. Zudem seien laut Ö1 weitere personelle Konsequenzen nicht ausgeschlossen.

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      Wer trägt politische Verantwortung?

      Aber wer trägt eigentlich die politische Verantwortung für diese Pannen? Mit dieser Frage setzt sich aktuell die Innenpolitik auseinander. Die ÖVP will von einem Rücktritt Nehammers jedenfalls nichts wissen und stellt sich hinter den Innenminister. Außerdem verweist man auf die angekündigte Untersuchungs-Kommission. Doch die Rufe nach einem Rücktritt sind in den letzten Tagen immer lauter geworden - auch vom Koalitionspartner Grüne.

      Nehammer müsse die politische Verantwortung übernehmen und zurücktreten. So sagte etwa der Grüne-Gemeinderat Martin Margulies zwei Tage nach dem Terror-Anschlag und verwies dabei auch auf die verschleppte BVT-Reform: "Nehammer hat gewusst, das ist die größte Baustelle in seinem Ressort und anscheinend ist nichts passiert".

      Der Grüne-Sicherheitssprecher Gerhard Bürstmayr will hingegen vorerst keine personellen Konsequenzen und erst die Arbeit der Untersuchungskommission abwarten. Und die hat alle Hände voll zu tun und viele offene Fragen zu klären.

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        "Heute"-Montage, Material APA-Picturedesk