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Djuricin vor Derby: "Das Siegestor würde Papa gut tun"

Am Sonntag steigt das 333. Derby. Austria-Goalgetter Marco Djuricin spricht im "Heute"-Interview über Rapid, Rivalität, Rache und Real.

Erich Elsigan
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Lieblingspose: Marco Djuricin beim Jubeln
Lieblingspose: Marco Djuricin beim Jubeln
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"Heute": Die Austria ist in einer seltsamen Situation. Noch kein Sieg, Tabellen-Schlusslicht, trotzdem hört man von Coach Manfred Schmid und Sportdirektor Manuel Ortlechner viel Positives. Wie sehen Sie als Spieler die aktuelle Lage?

Marco Djuricin: "Es stimmt, der letzte Platz ist natürlich nicht unser Anspruch. Aber man hat in den vergangenen Wochen immer eine Steigerung gesehen am Platz, das wird auch wahrgenommen. Bei den Remis gegen Tirol und Klagenfurt war Pech dabei. Auch gegen Sturm hätten wir gewinnen können – und die Grazer sind immerhin die zweitbeste Mannschaft in Österreich, für mich zumindest. Wir müssen jetzt anfangen, zu punkten."

Kommt das Derby zum besten oder schlechtesten Zeitpunkt?

"Schwer zu sagen, das wissen wir nach dem Schlusspfiff. Das Derby ist immer das Spiel des Jahres, es gibt als Wiener nichts Besseres. Es wird auf jeden Fall aufregend."

Es sind fünf von 22 Runden im Grunddurchgang gespielt. Geht in der Kabine die Angst um, dass es am Ende wieder nur fürs untere Playoff reicht?

"Das ist noch kein großes Thema. Wir sehen, wie wir arbeiten, welchen Aufwand wir betreiben, aber nicht belohnt werden bislang. Das tut mir fürs Trainerteam leid. Wir müssen es erzwingen. Es wäre schon wichtig, vor der Länderspielpause drei Punkte zu holen."

    Nachdem die Wiener Austria auf den letzten Drücker doch noch die Lizenz für die Saison 20121/22 erhalten hatte, stellen sich die "Veilchen" neu auf. Die Saison 2021/22 in Bildern.
    Nachdem die Wiener Austria auf den letzten Drücker doch noch die Lizenz für die Saison 20121/22 erhalten hatte, stellen sich die "Veilchen" neu auf. Die Saison 2021/22 in Bildern.
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    Die Austria hat mit Manfred Schmid einen neuen Trainer geholt. Was macht er anders als sein Vorgänger Peter Stöger?

    "Trainer zu vergleichen, ist immer schwierig. Er bringt viel Geduld mit, hilft den jungen Spielern. Und von denen haben wir ja einige. Ich bin mit 28 der Viertälteste hier im Kader. Die Stimmung ist super, auch wenn der Tabellenplatz nicht in Ordnung ist. Wir glauben an uns."

    Sie kennen den Trainer ja schon sehr lange…

    "Genau, eigentlich seit ich ein Baby war. Er hat mit meinem Papa bei der Austria zusammengespielt. Es ist ein bisschen ungewohnt, dass wir uns schon so lange kennen. Ich weiß, was er von mir verlangt. Wir haben sicher eine andere Beziehung, als andere Spieler."

    Es ist das erste Wiener Derby mit Zuschauern seit Dezember 2019. Welche Rolle werden die Fans spielen?

    "Mein erstes Derby letzte Saison war extrem komisch ohne Fans. Da macht es nur bedingt Spaß, da fehlen die Emotionen. Die Fans sind schon total wichtig."

    Wir schreiben Derby Nummer 333, das 300. in der Liga. Welche Derbys sind Ihnen in Erinnerung?

    "Ich erinnere mich an die eher unschöne Aktion von Joey Didulica gegen Axel Lawaree, das habe ich als kleiner Junge mitbekommen. Aus der jüngeren Vergangenheit fällt mir der 6:1-Sieg im Winter 2018 ein."

      Rapid-Juwel Yusuf Demir startet zum ersten Mal in einem Wiener Derby.
      Rapid-Juwel Yusuf Demir startet zum ersten Mal in einem Wiener Derby.
      Gepa

      Wer waren früher Ihre Helden bei der Austria und bei Rapid?

      "Bei Rapid der Steffen Hofmann. Vor ihm muss man Respekt haben, auch als Nicht-Rapidler. Bei der Austria habe ich mir den Roland Linz immer gerne angesehen. Er hat mir gut gefallen."

      Sie wurden nicht nur bei der Austria, sondern zum Teil auch bei Rapid ausgebildet. Wie ist aktuell Ihr Verhältnis zu den Grün-Weißen?

      "Ich kenne ja viele Spieler aus dem Nachwuchs und dem Nationalteam. Sicher, zwischen der Austria und Rapid herrscht eine Rivalität, das ist auch gut so, das braucht man in einer Großstadt. Am Wochenende sind wir keine Freunde, aber so hab ich kein Problem mit den meisten. Maxi Hofmann kenne ich zum Beispiel schon extrem lang. Es freut mich, was er für einen Weg eingeschlagen hat."

      Ihr Papa Goran war Trainer bei Rapid. Vor allem gegen Ende hatte er keine Rückendeckung mehr von den Fans. Wie war es für Sie als Sohn, all die Schmähungen mitzuerleben?

      "Das war sehr unangenehm. Denn viele haben vergessen, dass es seine erste Trainer-Station war. Er ist von der Regionalliga einfach so in die Bundesliga gekommen, hatte keine Erfahrung. Er hat natürlich auch seine Fehler gemacht, das weiß er. Aber er ist auch nur ein Mensch. Es war nicht schön, aber so ist das Leben. Es geht weiter."

      Vater und Sohn: die Djuricins
      Vater und Sohn: die Djuricins
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      Jetzt könnten Sie am Sonntag natürlich Ihren Papa "rächen". Ist das im Hinterkopf?

      "Nein. Das ist vergessen für uns. Ich denke, ich werde keinen so schönen Start von den Rapid-Fans bekommen, das passt schon so, damit kann ich umgehen. Rächen ist vielleicht übertrieben. Aber wenn wir gewinnen und ich das Tor mache, würds dem Papa sicher gut tun."

      Sie haben gegen Sturm einen Doppelpack erzielt, aus Respekt vor dem Ex-Klub aufs Jubeln verzichtet. Für Rapid gilt das vermutlich nicht, oder?

      "Nein, ich habe ja nie für die Profis gespielt. Außerdem war ich schon bei vielen Vereinen. Ich kann ja nicht gegen jeden Ex-Klub nicht jubeln. Mit Sturm ist es anders, weil sie damals viel für mich getan haben."

      In der Austria-U14 und später im Nachwuchs-Nationalteam haben Sie mit David Alaba und Christoph Knasmüllner gekickt. War es damals absehbar, dass es einer von euch drei mal zu Real Madrid schafft?

      "Mit David bin ich aufgewachsen, mit ihm habe ich nach wie vor Kontakt. Die Leute kennen ihn nur aus den Medien, ich weiß ein bisschen mehr über ihn. Er hat damals eine enorme Entwicklung genommen. Er war richtig stark, man konnte ihn nicht stoppen, er wollte die ganze Zeit trainieren, hat immer Extraschichten eingelegt. Es steckt viel Arbeit hinter seinen Erfolgen, das sehen die Leute oft nicht. Ich gönne ihm das so von Herzen. Er ist trotz allem sehr demütig geblieben."

      Djuricin (l.) 2009 bei der ÖFB-U17 mit Alaba, Luxbacher, Kainz und Knasmüllner
      Djuricin (l.) 2009 bei der ÖFB-U17 mit Alaba, Luxbacher, Kainz und Knasmüllner
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      Haben Sie diese "Extraschichten" auch eingelegt?

      "Ich war ein fauler Hund, das muss man schon so sagen. Ich hatte auch viele Verletzungen, weil ich nicht so diszipliniert war. Ich hatte andere Prioritäten. Ich hatte nicht das Ziel, zwingend Profi zu werden. Als ich zur Hertha nach Berlin ging, wollte ich mich menschlich verbessern und fußballerisch Spaß haben. Es ging dann schnell. Und ich habe es zu sehr genossen. Das ist vielleicht der große Unterschied zu David. Er war viel fokussierter, stärker im Kopf."

      2015 haben Sie unter Marcel Koller zwei Länderspiel-Einsätze gehabt, 14 Minuten in der erfolgreichen EM-Quali mitgewirkt. Steht ein ÖFB-Teamcomeback auf der To-Do-Liste?

      "Schwierig. Franco Foda schaut sicher schon auf mich, weil ich sein Spieler bei Sturm war, wir haben uns gut verstanden. Aber das ist lange her. Mittlerweile haben wir schon gute Spieler im Nationalteam. Ich will bei der Austria meine Leistung bringen. Der Rest ergibt sich von selbst."

      Sie haben mit großartigen Fußballern zusammengespielt: In Berlin mit Pierre-Michel Lasogga, in Salzburg mit Jonathan Soriano, Naby Keita, Marcel Sabitzer. Wer war bislang Ihr bester Mitspieler?

      "Schwierig, einen rauszupicken. Aber Soriano war schon ein Wahnsinn, vor allem für diese Liga. Das hat glaube ich jeder gesehen. Raffael bei Hertha war auch sehr stark."

        Bei Rapid ist immer etwas los. Wir blicken auf die größten Skandale seit dem letzten Titel 2008
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        Haben Sie ein sportliches Vorbild?

        "Für mich ist Karim Benzema großartig, obwohl er oft unter dem Radar läuft. Er schießt immer seine 20 Tore. Er ist ein Stürmer, der mitspielt, nicht nur vorne steht. Ich bin so ähnlich."

        Sie haben in Berlin, Budapest, Zürich, London und Wien gespielt – lauter Hauptstädte. Welche wird die nächste?

        "Man weiß nie, was im Fußball passiert, aber ich bin froh, dass ich jetzt endlich wieder daheim bin. Ich würd am liebsten noch fünf Jahre bei der Austria bleiben und dann meine Karriere beenden. Die Austria ist mein Verein."

        Ihr Tipp für Sonntag?

        "Rapid ist schon eine gute Mannschaft, vor der wir Respekt haben. Leider bekommen wir immer ein Tor, deshalb sage ich 2:1 für uns."

          Die Bundesliga-Torschützenkönige in diesem Jahrtausend
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