Spiele-Test

"EA Sports WRC" hat endlich wieder gute Rallye-Action

Beim Feintuning hat das neue "EA Sports WRC" zwar noch Aussetzer, beim Gameplay gibt es aber lange nicht gesehene Rallye-Qualität.

Rene Findenig
"EA Sports WRC" hat endlich wieder gute Rallye-Action
"EA Sports WRC" im Test – endlich wieder gute Rallye-Action
Electronic Arts

Die Formel-1-Serie "F1" unter den Autorennspielen hat sich mittlerweile zu einem Mega-Seller entwickelt, in Sachen Rallye hat sich bei Codemasters und Electronic Arts dagegen seit drei Jahren und dem Game "Dirt 5" beziehungsweise dem Rallye-Ableger "Dirt Rally 2.0" (2019) nichts mehr getan. Nun feiert der dreckige Motorsport allerdings mit neuer Technik (der Unreal-Engine), einer kompletten Überarbeitung des Gameplays und der Steuerung sowie der offiziellen Lizenz des Rallye-Sports ein Comeback. Ist das fulminant? Ja, durchaus, zeigt der Test von "Heute" – auch wenn noch an der einen oder anderen Schraube zu drehen ist. Die Basis ist aber gelegt. 

Eine Neuerung erlebt man auch gleich beim Start von "EA Sports WRC" für für PlayStation5, Xbox Series X|S und PC via EA App, Epic Store und Steam: Waren bisher Rallye-Games mit Hunderten Einstellungsmöglichkeiten und brachialen Herausforderungen vor allem an Experten gerichtet, holt das neue "EA Sports WRC" auch Neueinsteiger ab. Wer noch nie am Steuer eines Rallye-Bolliden saß, darf hier erst einmal eine Fahrschule durchlaufen, wie man sie etwa von einem "Gran Turismo" kennt. Außerdem lassen sich zahlreiche Fahrhilfen ein- und abschalten, das wiederum wurde in ähnlicher Form aus der "F1"-Serie übernommen. Spielerische Hürden für Anfänger gibt es keinerlei.

Eine geradezu gigantische Auswahl an Rallye-Strecken

Einmal mit der Lenkung und der Fahrweise vertraut gemacht, wird den Spielern eine gigantische Auswahl von über 200 Etappen mit fast zwei Dutzend Rallye-Locations hingeknallt, für die man Dutzende Stunden braucht, um sie nur einmal anzufahren. Auch die Abwechslung ist gewaltig: Aus aktuellen und ehemaligen Etappen und einem Vierteljahrhundert Rallye-Sport darf man über Stock, Stein, Kies, Schnee, Matsch und Asphalt glühen. Und auch die Fahrzeug-Auswahl lässt sich nicht lumpen, hier darf man sich ans Steuer von rund 80 Autos setzen – ebenfalls aus der jahrelangen Geschichte des Motorsports mit komplett unterschiedlicher Steuerung und zahlreichen Fahr-Eigenheiten.

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    Eine Neuerung erlebt man auch gleich beim Start von "EA Sports WRC" für für PlayStation5, Xbox Series X|S und PC via EA App, Epic Store und Steam. 
    Eine Neuerung erlebt man auch gleich beim Start von "EA Sports WRC" für für PlayStation5, Xbox Series X|S und PC via EA App, Epic Store und Steam. 
    Electronic Arts

    Beeindruckend ist, dass Codemasters nicht nur beim Gameplay für Abwechslung hinter dem Steuer jedes Gefährts sorgt, sondern auch die Innenräume der Wägen bis ins kleinste Detail optisch umgesetzt hat. Eine Chance lässt Codemasters dabei allerdings liegen: Anders als bei Games wie "Gran Turismo" gibt es kein Auto-Museum oder keinen Ausstellungs-Raum, in dem die Fahrzeuge nicht nur bestaunt werden können, sondern man auch geschichtliche Anekdoten erfährt. Dabei hätte so etwas eine regelrechte Sammelwut von Rallye-Wägen im neuen Game auslösen können. Immerhin: Wem die bestehende Auswahl zu klein erscheint, kann sich selbst eigene Rallye-Autos im Spiel basteln.

    Grafisch trumpft das Spiel auf der PS5 ordentlich auf

    Grafisch kann sich das Spiel dank Unreal-Engine durchaus sehen lassen, erreicht aber nicht ein Hochglanz-Erlebnis wie "Gran Turismo" oder "Forza". Macht nichts, denn Wiesen, Bäume, Schneehaufen und Felsen neben der Straße sehen auch so toll aus und die in vielen Fällen fehlende Weitsicht wird durch geschickt angelegte Strecken mit Mauer- und Waldbegrenzungen kaschiert. Beeindruckend sind auch die dynamischen Wettereffekte: Knallen Regentropfen auf die Windschutzscheibe, spiegelt sich die Sonne im Blech der Autos oder spritzen Schlamm, Schnee und Wasser hinter den Reifen auf, dann gibt es nicht viel, was man an der Schönheit des Spiels bemängeln könnte.

    Gar nicht erwartet hätten wir dagegen beim Gameplay des Erstlings der (hoffentlich!) vielleicht neuen Rennsport-Serie, dass sich die verschiedenen Böden so unterschiedlich befahren lassen – das kennt man nur von den ganz großen Spielen des Motorsports. Und das heißt bei aller Zugänglichkeit für Neulinge auch, dass die Lernkurve dennoch steil ist, denn um Bestzeiten auf die Strecke zu legen, sind die Bodenbeschaffenheiten unbedingt zu beachten und auszugleichen, denn mit dem kleinsten Fahrfehler landet man abseits der Piste. Apropos Fahren: Gefahren wird alleine gegen die Uhr, schade, dass man sich nicht in einer Art Arcade-Modus auf der Strecke matchen darf.

    Virtueller Rallye-Sport auf ganz hohem Niveau

    Ebenso schade für absolute Neulinge: Der kleinste Fehler bedeutet automatisch eine verkorkste Zeit, denn anders als bei "F1" gibt es keine Rückspulfunktion, um einen Unfall in letzter Sekunde zu verhindern. Und auch ein Rücksetzen des Wagens nach einem Ausritt auf die Strecke bedeutet nicht nur automatisch einen Zeitverlust, sondern legt auch noch eine Strafe obendrauf. Experten wird diese knackige Herausforderung freuen, Anfänger könnten dadurch aber frustriert werden. Dennoch: Rast man über die Strecke, reagiert man blitzschnell auf die Kommandos des Beifahrers und holt man sich letztlich die Bestzeit, ist das virtueller Rallye-Sport auf ganz, ganz hohem Niveau.

    Bei all dem Lob, warum gibt es wie eingangs erwähnt denn da überhaupt nach an Schrauben zu drehen? Weil abseits des Karriere-Modus, in dem man den eigenen Rennstall zum Weltmeister machen soll und dabei auch Team-Motivation und Aktivitäten wie Trainings und Sponsoren bedacht werden müssen, der Inhalt recht ausgedünnt wirkt. Gibt es in der Karriere ähnlich wie in "F1" noch allerlei Upgrade-, Reparatur-, Einladungsevent- und Investitions-Möglichkeiten, fehlt es dem Rest der Modi an Abwechslung. Lokal kann nicht mit Freunden gezockt werden, der Momente-Modus ist ein liebloser Zusammenbau aus historischen Szenen und ein E-Sports-Modus noch in der Mache.

    "EA Sports WRC" hat endlich wieder gute Rallye-Action

    Online dagegen geht mehr: Plattformübergreifend darf man mit bis zu 32 Spielern in Wettkämpfen und Rennen antreten oder sich gleich eigene Turnier-Formate zusammenschustern. Viel Licht, etwas Schatten: So zwiegespalten das Drumherum ausgefallen ist, so gut gefällt uns das neue "EA Sports WRC" mit der tollen Technik, der schönen Grafik und dem guten Gameplay. Hoffen darf man aber, dass auch beim Rest nachgebessert wird, denn die Macher bieten auch VIP-Rallye-Pässe an, die laut Codemasters und Electronic Arts "den Zugang zu zusätzlichen Inhalten nach Launch, Lackierungs- und Bekleidungspaketen" gewähren. Man darf also gespannt sein, wie es weitergeht.

    Bisher ist "EA Sports WRC" bereits ein authentisches Rallye-Spiel, dem man anmerkt, aus welchem Hause es kommt. So floss eindeutig die Erfahrung sowie Inspiration von Codemasters aus den "F1"-Games in den Titel ein. Dank offizieller Lizenz fühlt sich der Rallye-Sport fantastisch an, dank jahrelanger Erfahrung das Gameplay ebenso. Lobenswert ist auch die breite Anpassungsmöglichkeit bei den Fahrhilfen und dem Schwierigkeitsgrad, der Neulinge motivieren sollte. Täuschen sollte man sich dennoch nicht, denn "EA Sports WRC" ist dreckiger Rallye-Sport, in dem es auf jeden Sekundenbruchteil und blitzschnelle Reaktionen ankommt. "EA Sports WRC" bringt endlich wieder gute Rallye-Action!

    rfi
    Akt.