Faktencheck

Es grassiert keine neue Krankheit namens "Disease X"

Das WEF ist auch auf Social Media ein Thema. Doch nicht alle Posts zum Thema sind korrekt. Einige verbreiten Gerüchte zum Thema "Krankheit X".

Es grassiert keine neue Krankheit namens "Disease X"
Nach dem WEF-Panel "Preparing for Disease X" ("Vorbereitung auf die Krankheit X") sind auf Social Media Falschbehauptungen aufgetaucht.
Screenshot TikTok

Die Themen des World Economic Forums (WEF) beschäftigen nicht nur Personen vor Ort, sondern auch Menschen in den sozialen Medien. Wie auch schon in früheren Jahren kursieren dort auch Falschbehauptungen.

Kursierten 2023 etwa Fake-Meldungen, die WEF-Prominenz würde explizit nach ungeimpften Flugzeug-Crews verlangen, oder dass ein "katastrophaler globaler Cyberkrieg" geplant sei, drehen sich in diesem Jahr viele Posts um "Disease X" (Krankheit X), die an einem Panel am 17. Jänner Thema war.

Worum geht es in den Posts?

Neben simplen Erwähnungen des Panels, findet sich auch die Behauptung, die nächste Pandemie sei bereits in Planung. Etwa hier. Auch an einem Impfstoff gegen "Disease X" soll bereits gearbeitet werden (hier und hier). In den Kommentaren mancher Beiträge ist sogar davon zu lesen, dass schon ganze Familien davon betroffen seien und ins Spital gemusst hätten. Aber: "Disease X", über die am WEF gesprochen wurde, gibt es gar nicht. Zumindest noch nicht. Entsprechend sind die Behauptungen falsch.

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    Dieses TikTok zum Thema "Disease X" haben mehrere Hundert Userinnen und User kommentiert.
    Dieses TikTok zum Thema "Disease X" haben mehrere Hundert Userinnen und User kommentiert.
    Screenshot TikTok

    Was ist "Disease X"?

    "Disease X" ist eine sogenannte hypothetische Krankheit: eine Krankheit, die es noch nicht gibt, die aber in der Zukunft auftreten und sich weltweit ausbreiten könnte.

    Die Bezeichnung "'Disease X' ist ein Platzhalter-Name für einen unbekannten Erreger, der einen globalen Notfall auslösen könnte", so Tedros Adhanom Ghebreyesus, WHO-Generalsekretär und Teilnehmer beim WEF-Panel, auf X (ehemals Twitter). Die Geschichte habe die Menschen gelehrt, dass man sich auf neue Bedrohungen einstellen müsse. Und genau darum ging es in dem Panel, wie Moderatorin und CEO der American Heart Association Nancy Brown eingangs erklärte (siehe Video).

    Bezeichnung ist nicht neu

    Der Platzhalter-Name "Disease X" wurde erstmals im Jahr 2018 in die Liste der prioritären Krankheitserreger der WHO aufgenommen. In dieser sind jene Krankheiten aufgeführt, die "aufgrund ihres epidemischen Potenzials das größte Risiko für die öffentliche Gesundheit darstellen". Und auch solche, für die es "keine oder nur unzureichende Gegenmaßnahmen gibt". 

    Krankheiten, für die es "keine oder nur unzureichende Gegenmaßnahmen gibt":

    • Covid-19
    • Krim-Kongo-Fieber
    • Ebola und Marburg-Fieber
    • Lassa-Fieber
    • Mers-Cov und Sars-Cov
    • Rifttalfieber
    • Zika
    • "Disease X"

    Auf der öffentlichen Website findet sich auch ein Hinweis dazu, was Krankheit X ist und worauf die Nennung in der Liste abzielt: Sie soll eine frühzeitige bereichsübergreifende Forschung und Entwicklung von zum Beispiel Impfstoffen ermöglichen. Thematisiert habe man Disease X zum ersten Mal im Jahr 2017, weil man gewusst habe, dass neben den damals bekannten Erregern auch unbekannte Erreger auftreten können. Entsprechend habe man sich entschieden, einen Platzhalter-Namen aufzulisten, so Tedros am WEF.

    Covid-19 war die erste "Disease X"

    Als Disease X in die Liste der prioritären Krankheitserreger aufgenommen wurde, ahnte noch niemand, dass schon bald ein bis dato unbekannter Erreger namens Sars-CoV-2 auftreten und eine Pandemie verursachen würde. "Man könnte also Covid-19 als das erste Auftreten von Disease X bezeichnen", sagte Tedros am WEF-Panel. So sieht man es auch bei der Coalition for Epidemic Preparedness Innovations (CEPI, siehe Box).

    Einigkeit herrscht auch darüber, dass weitere Epidemien und Pandemien folgen werden, auch infolge des Klimawandels. Die Frage sei nicht ob, sondern wann, so Tedros am WEF.

    Was ist CEPI?
    Die Initiative wurde 2017 gegründet. Sie bringt Staaten, Stiftungen, Forschungseinrichtungen und Pharma-Unternehmen zusammen. Ihr Ziel ist es, auf Epidemien und Pandemien besser vorbereitet zu sein und beispielsweise Impfstoffe gegen besonders gefährliche virale Krankheitserreger zu entwickeln. Anlass für die Initiative war die verheerende Ebola-Epidemie 2014/2015. Zu den Gründungsmitgliedern zählen die Regierungen von Norwegen, Indien, der britische Wellcome Trust, das WEF und die Bill-und-Melinda-Gates-Stiftung.

    Darum ist die Vorbereitung auf unbekannte Erreger wichtig

    Die Covid-19-Pandemie habe auch gezeigt, wie wichtig gute Vorbereitung auf einen unbekannten Erreger sei: "Vor der Covid-19-Pandemie hatte CEPI ein Schnellreaktionsprogramm – einschließlich mRNA-Impfstoffen – gegen neuartige Krankheitserreger initiiert." Und so habe man nur zwei Wochen nach der Veröffentlichung der Genomsequenz von Sars-CoV-2 und mit nur 141 bestätigten Fällen weltweit mit der Entwicklung von Impfstoffkandidaten gegen das Virus beginnen können.

    Man habe so schnell handeln können, weil man Coronaviren bereits als ernsthafte Bedrohung erkannt hatte. "Innerhalb weniger Wochen nach dem Ausbruch von Covid-19 waren die meisten Partner von CEPI, die an der Entwicklung von Mers-Impfstoffen beteiligt waren, dazu übergegangen, an Vakzinen gegen das neue Virus zu arbeiten."

    Was hat es mit der Behauptung auf sich, man entwickle bereits einen Impfstoff?

    Sie bezieht sich auf einen Beitrag von BBC News von August 2023. In diesem geht es um ein damals neues Impfstoff-Forschungszentrum in Großbritannien. Es sei "einer der wenigen Orte auf der Welt, der für die Erforschung einiger der gefährlichsten Viren und Bakterien ausgerüstet ist", heißt es in der Beschreibung. Die Einrichtung habe drei Schwerpunkte: "bekannte Infektionen, die immer schwieriger zu bekämpfen sind, wie antibiotikaresistente Superbakterien, potenzielle Bedrohungen wie neue Covid-Varianten und die "Disease X" – etwas Unvorhergesehenes, das die Welt überrumpelt.

    Die von der UK Health Security Agency (UKHSA) betriebene Einheit soll die globale "100-Tage-Mission" für Impfstoffe unterstützen, die darauf abzielt, Prototyp-Impfstoffe für alle wichtigen viralen Krankheitserreger zu entwickeln, bevor es zu einem neuen Ausbruch kommt, heißt es in einer Mitteilung vom 7. August 2023. Davon, dass ein konkreter Impfstoff gegen "Disease X" in der Entwicklung ist, liest man nichts.

    Fazit

    Es gibt keine neue Krankheit namens "Disease X". Vielmehr handelt es sich dabei um einen von der WHO definierten und 2018 auf die Liste der prioritären Krankheitserreger aufgenommen Platzhalter-Namen für einen unbekannten Erreger, der einen globalen Notfall auslösen könnte und auf den man sich so gut wie möglich vorbereiten will. Wie man das erreichen will, war Thema des WEF-Panels. Behauptungen, wonach bereits ein Impfstoff gegen die noch unbekannte Krankheit entwickelt wird, sind falsch. Richtig ist, dass man in Laboren wie dem im August 2023 in Großbritannien eröffneten Forschungszentrum Vorbereitungen trifft, um im Fall des Falles bestmöglich vorbereitet zu sein.

    red, 20 Minuten
    Akt.