Politik

Ex-Minister Anschober gesteht seinen größten Fehler ein

Vor fast genau vor einem Jahr, trat der damalige Grünen-Gesundheitsminister Rudolf Anschober zurück. Nun gesteht er im ORF seinen größten Fehler.

Rene Findenig
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Der Rücktritt sei der absolut richtige Schritt gewesen, so Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
Der Rücktritt sei der absolut richtige Schritt gewesen, so Ex-Gesundheitsminister Rudolf Anschober.
Screenshot ORF

Am 13. April 2021 gab der damalige Gesundheitsminister Rudolf Anschober seinen politischen Rücktritt "aus gesundheitlichen Gründen" bekannt, auf ihn folgten erst der am 3. März 2022 zurückgetretene Wolfgang Mückstein und dann der aktuelle Gesundheitsminister Johannes Rauch. Anschober, bereits seit Jahren auch als Autor tätig, stellte nun im ORF im "Wien heute"-Interview in der Sendung "Bei Budgen" sein neues Buch "Pandemia" vor – und sah die TV-Bilder seines Rücktritts zum ersten Mal im Fernsehen.

"Ich habe mir ein sehr großes Ressort ausgesucht. Mir war es ein Anliegen, Gesundheit und Soziales zusammenzufügen"

"Es ist eine Wehmut dabei, aber ich bin mir mittlerweile völlig klar, dass es die richtige Entscheidung war. Man kann eine Pandemie nicht managen, wenn man nur noch 60 Prozent seiner Kraft hat. Daher war es richtig, dass jemand anderem und jemandem neuen zu übergeben", so Anschober am Samstag. Und: "Ich habe es keinen einzigen Tag bereut. Ich habe auch extrem viele freundliche Rückmeldungen bekommen, das war sehr stärkend." Auch sein neues Buch sei "ein Prozess der Aufarbeitung" gewesen, so der Ex-Minister.

Seine gesundheitlichen Probleme habe er in den Griff bekommen, er habe "durchgeatmet, durchgeschlafen, mir Zeit gegeben.  Nach ein paar Monaten hab ich gemerkt, ich bin wieder der Alte". Gleichzeitig gestand Anschober aber auch den größten Fehler in seiner Zeit als Minister ein: "Den hab ich am Beginn gemacht. Ich habe mir ein sehr großes Ressort ausgesucht. Mir war es ein Anliegen, Gesundheit und Soziales zusammenzufügen. Und dann hab ich einen Politikstil, der sehr arbeitsintensiv ist, ich rede viel mit den Leuten. Das braucht viel Zeit."

"Wir haben vor einem Jahr diesen sogenannten Osterlockdown, Osterruhe gehabt. Das war ein Etikettenschwindel"

"In Wirklichkeit hätte ich einen Teil des Ressorts an einen Kollegen abgeben müssen und mich voll auf die Pandemie konzentrieren", so Anschober dazu, was er hätte besser machen können. Die aktuelle Corona-Politik der Regierung wolle er nur zurückhaltend kommentieren, er habe "keine Zwischenrufe zu machen". Anschober attestierte aber, dass man "immer den Fehler" mache, zu schnell zu öffnen, das sei "nix Böses", räche sich aber, weil die nächste Corona-Welle dann früher als erwartet kommen würde.

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    Rudolf "Rudi" Anschober, Jahrgang 1960 und aus Wels, arbeitete sieben Jahre lang bis 1990 als Volksschullehrer. 1990 zog er für die Grünen als Verkehrs-, Sicherheits- und Atomsprecher in den Nationalrat ein.
    Rudolf "Rudi" Anschober, Jahrgang 1960 und aus Wels, arbeitete sieben Jahre lang bis 1990 als Volksschullehrer. 1990 zog er für die Grünen als Verkehrs-, Sicherheits- und Atomsprecher in den Nationalrat ein.
    picturedesk.com

    Dass Wien weiter konsequent einen strengeren Corona-Weg gehe, unterstütze Anschober, der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) höre den Experten zu und glaube ihnen. "Und wir haben vor einem Jahr diesen sogenannten Osterlockdown, Osterruhe gehabt. Das war ein Etikettenschwindel. Das war ein hineinstolpern. Zuerst waren es nur ein paar Tage und dann haben wir ihn ausgedehnt", so Anschober beim Blick zurück. Schmunzeln könne er mittlerweile darüber, dass von ihm vor allem ein Satz hängengeblieben sei: "Die nächsten Wochen werden entscheidend sein."

    "Ich glaube, dass es eine gute Chance gibt, dass diese Regierung bis Ende der Legislaturperiode arbeitet"

    Anfang des Jahres hatte Anschober übrigens erklärt, er werde ein Gespräch und einen Kaffee mit Ex-Bundeskanzler Sebastian Kurz noch "sicher nachholen". Nun sagte er: "Nein hab ich nicht gemacht und ich habe auch andere Prioritäten, muss ich offen sagen. Aber ich bin ein Mensch, der den Dialog schätzt, auch mit Andersdenkenden oder mit jemandem, wo es vielleicht einmal Brösel gegeben hat." Eine Aussprache habe es nicht gegeben, aber: "Wir sind ja nicht als Feinde auseinander gegangen."

    Aktuell habe Anschober den Eindruck, dass mit Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) die Stimmung in der ÖVP-Grünen-Koalition "besser ist": "Ich glaube, dass es eine gute Chance gibt, dass diese Regierung bis Ende der Legislaturperiode arbeitet." Und was plant Anschober für den Jahrestag seines Rücktritts am 13. April 2022? "Da gibt’s ein extra schönes Essen zuhause bei mir mit meiner Partnerin. Auf das freue ich mich, wir werden darüber reden, was hat sich in diesem Jahr getan, wie ist es zu dieser Entscheidung gekommen. Ich weiß, dass das auch uns in der Beziehung gutgetan hat."