Ukraine

Experte sagt – das passiert, wenn Putin Nato angreift

Nach dem Groß-Alarm wegen einschlagender Raketen in Polen sagt ein Militär-Experte: Würde Russland angreifen, würde dies viel massiver ausfallen.

Was, wenn Wladimir Putin ein Nato-Land angreift? Ein Militär-Experte spricht jetzt Klartext.
Was, wenn Wladimir Putin ein Nato-Land angreift? Ein Militär-Experte spricht jetzt Klartext.
imago, Reuters

Am Dienstagabend hielt die Welt den Atem an: Russische Raketen sollen in Polen eingeschlagen und zwei Personen getötet haben. Die ersten Nato-Länder ließen kurz darauf mit militärischen Erklärungen aufhorchen. Am Mittwoch dann die Wende: Die Explosion soll von einer ukrainischen Luftabwehrrakete ausgelöst worden sein. Angespannt bleibt die Lage trotzdem. Die US-Regierung sieht die Verantwortung für den tödlichen Raketeneinschlag in Polen letztlich bei Russland – auch falls sich bestätigen sollte, dass die Explosion durch eine ukrainische Luftabwehrrakete verursacht wurde.

Experten sehen Verantwortung trotzdem bei Russland

"Die Welt weiß, dass Russland die letzte Verantwortung für diesen Vorfall trägt", sagte US-Verteidigungsminister Lloyd Austin am Mittwoch vor Journalisten in Washington. "Die Ukraine hatte – und hat – jedes Recht, sich zu verteidigen", betonte eine Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats. Russland sei verantwortlich, weil es massenhaft Raketen insbesondere auf die zivile Infrastruktur der Ukraine abgeschossen habe. Der Sekretär des ukrainischen Sicherheits- und Verteidigungsrats, Oleksij Danilow, wiederum erklärte, sein Land sei "bereit, den Beweis für die russische Spur zu übergeben".

Einzuordnen versuchte die Entwicklungen am späten Mittwochabend der höchste Militäroffizier in der EU, Robert Brieger, in der "ZIB2" bei ORF-Moderator Armin Wolf. Es sei "im ersten Ansatz nicht auszuschließen" gewesen, dass es sich um ein russisches Geschoss handeln könnte, so Brieger, außerdem sei offen gewesen, ob dies absichtlich oder unabsichtlich erfolgt sei. Ein solcher absichtlicher Angriff sei aber auch derzeit "höchst unwahrscheinlich", so der Experte. Aber: Sollte Russland tatsächlich ein anderes Land als die Ukraine angreifen, würde die Attacke wohl anders und "mit massiveren Mitteln" erfolgen. 

Beide Seiten haben kaum Chancen auf Sieg

Schwer zu beurteilen sei, warum die Ukraine weiter auf einer russischen Rakete beharre, so Brieger. Man versuche vielleicht, "eine gewisse Version aufrechtzuerhalten", die Anzeichen sprächen aber dagegen und das müsse auch den Ukrainern mittlerweile klar sein. In Sachen Flugverbotszone für die Ukraine winkte Brieger ab: Das würde ein "aktives Eingreifen westlicher Streitkräfte" in den Krieg bedeuten, was nicht im Interesse irgendeines Entscheidungsträgers sein könne. Sei es aber möglich, dass Russland noch Ziele in anderen Ländern wie Polen angreife? "Ich halte das für höchst unwahrscheinlich".

Auch in Sachen Bündnisfall in der Nato und der EU bei einem Angriff auf Polen war Brieger um Beruhigung bemüht. Im ersten Schritt würde es dann politische Konsultationen geben, jedwede weitere Maßnahme könne nur einstimmig beschlossen werden. Und: Käme es tatsächlich zum Bündnisfall samt Eingreifen, könne jeder Mitgliedsstaat entscheiden, in welchem Umfang die Unterstützung möglich sei. Zur Situation im Ukraine-Krieg erklärte Brieger, beide Seiten hätten kaum Chancen auf einen kompletten militärischen Sieg. Wladimir Putins Bombardierungen wurden den Willen der Ukrainer nicht brechen und umgekehrt hätten die Russen zwar eine schlechte Moral, aber massig Truppen zur Verfügung. Politik und Diplomatie müssten Mittel zur Annäherung beider Seiten sein, so Brieger.

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    Bei einem Raketen-Einschlag auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in einem polnischen Grenzdorf sind am 15.11.2022 zwei Menschen getötet worden.
    Bei einem Raketen-Einschlag auf einem landwirtschaftlichen Betrieb in einem polnischen Grenzdorf sind am 15.11.2022 zwei Menschen getötet worden.
    REUTERS