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FIFA vs. Videobeweis: Technik gäbe es genug

Heute Redaktion
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Die Diskussionen über blinde Schiedsrichter und die Sturheit des Weltverbandes FIFA, sich ohne ersichtlichen Grund gegen technische Hilfsmittel zu sträuben, ließen die beiden gestrigen Achtelfinalspiele Niederlande - Slowakei und Brasilien - Chile fast zur Nebensache werden. Dabei existieren genug Möglichkeiten, den Referees bei ihrer Arbeit unter die Arme zu greifen.

Zu Beginn sei gesagt, dass Fehlentscheidungen oftmals nicht an der Inkompetenz der Unparteiischen liegen. Denn im modernen Spiel bewegt sich der Ball mit einer Geschwindigkeit, die für das menschliche Auge über große Distanz nur schwer zu erfassen ist. Genau dies ist aber ein Hauptargument, weshalb neue Technologien von Nöten sind.

Die Regeln ändern sich laufend

Arsenal-Trainer Arsene Wenger zog einmal den treffenden Vergleich, dass heutzutage Flutlicht anstatt Fackeln eingesetzt wird. Die FIFA hält jedoch an Zuständen aus dem 19. Jahrhundert fest - obwohl es seit dem bereits eine Vielzahl von Regeländerungen gab.

"Gleiche Höhe" zählt etwa erst seit 1990 nicht mehr als Abseits. Und das heute nicht mehr wegzudenkende Elfmeterschießen wurde Anfang der 1970er Jahre gegen großen Widerstand in Deutschland eingeführt. In Erinnerung bleiben auch die antiklimaktischen Regeln des "Golden Goals" und des "Silver Goals" - zwei unbeliebte Erfindungen, welche von der FIFA nach einigen Jahren wieder abgeschafft wurden.

Chip und Torkamera

Ein bei der U-17 WM 2005 eingesetzter Chip im Ball und ein Magnetfeld an der Torlinie gab zwar keine hundertprozentige Sicherheit, funktionierte allerdings überwiegend gut. Die Gefahr hierbei wäre jedoch eine gezielte Störung der Funkübertragung.

Eine weitere Lösung wäre eine Torkamera. Im Tennis und im Cricket wird das sogenannte Hawk-Eye-System (Falkenauge) eingesetzt. Sechs hochauflösende Hochgeschwindigkeitskameras überwachen den Ball und berechnen seine Position im Raum (laut Herstellerangaben) auf bis zu 5 Millimeter genau. Eigentlich genug, um zu sehen, ob der Ball mit vollem Umfang hinter der Torlinie war - für den Fall, dass sich etwa ein uruguayanischer Schiedsrichter unsicher wäre.

Populärste Lösung: Der Videobeweis

Am häufigsten wird der klassische Videobeweis gefordert. Der Nachteil dabei wäre im Gegensatz zu den beiden obigen Systemen, dass das Spiel unterbrochen werden müsste. Allerdings ist die praktische Anwendung hierbei eher eine Detailfrage. Der Videobeweis könnte etwa nur bei Torentscheidungen oder Elfmeterpfiffen zum Einsatz kommen, wodurch der Spielfluss während der Partie erhalten bliebe.

Auch könnten den jeweiligen Trainer eine gewisse Anzahl an "Einsprüchen" zur Verfügung stehen. Bekannt ist dies aus dem American Football. Glaubt ein Teamchef, der Schiedsrichter habe sich geirrt, könnte er einen Videobeweis verlangen. Beispielsweise dürften zwei Mal pro Halbzeit Torentscheidungen angezweifelt werden. Lag der Trainer jedoch falsch, so würde ihm der nächste Einspruch gestrichen werden.

Die Möglichkeiten, einen Videobeweis sinnvoll anzuwenden ohne den Spielfluss zu stören, sind also da. Und wo ein Wille ist, ist auch ein Weg. Doch genau daran scheitert derzeit der Fortschritt - am mangelnden Willen des Weltverbandes.