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FIS macht Skispringen für Fans noch komplizierter

Heute Redaktion
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Punkte für die Weite, den Stil (Notenrichter), ein Bonus für zu viel Rückenwind, Abzüge für Aufwind und bei Anlaufveränderungen auch noch Kompensationen: Skispringen werden seit einigen Jahren über ein diffiziles System entschieden, das für Zuschauer vor Ort kaum nachvollziehbar ist. In der Olympia-Saison wird es noch eine Nuance komplizierter.

Die Regel, wonach Nationaltrainer den Anlauf mit dem "roten Knopf" kurzfristig verkürzen können, wurde aus Sicherheitsgründen eingeführt. In der Folge wurde diese aber in der vergangenen Saison auch zum Taktieren verwendet, denn die Kompensations-Bonuspunkte für geringeren Anlauf brachten mitunter einen Vorteil.

Kaspers Reform noch undurchsichtiger

FIS-Präsident Gian Franco Kasper hatte sich am Ende der Nordischen Weltmeisterschaften im Val die Fiemme wenig erfreut über diese Entwicklung gezeigt. "Ich bin überhaupt nicht glücklich mit dem System. Es ist mehr oder weniger unmöglich für den Zuschauer, das zu verfolgen." Darum werde man im Frühjahr ernsthaft über das Regulativ diskutieren, versprach Kasper Anfang März dieses Jahres. Herausgekommen ist: Das System wird noch schwerer durchschaubar.

Denn um das Taktieren zu reduzieren, gibt es nun folgende Einschränkung: Ein Skispringer muss im Falle einer Anlaufverkürzung durch den Trainer mindestens 95 Prozent der Hill-Size (HS) - also zum Beispiel 114 m bei 120 m HS - erreichen, um entsprechende Bonuspunkte gutgeschrieben zu bekommen. Schafft er dies nicht, entfallen die durch die Verkürzung angefallenen Kompensationspunkte.

Stecher schimpft über neue Regeln

"Das Skispringen wird momentan einfach zerklaubt. Es kennt sich kein Mensch mehr aus. Leute, die glauben, sie kennen sich aus, müssen neue Regeln machen, sind aber nie in ihrem Leben Ski gesprungen. Wennst kein Insider bist, verstehst du nichts", hatte der Nordische Kombinierer Mario Stecher bei Windkanal-Tests im Oktober in Wien gemeint. Auch ÖSV-Cheftrainer Alexander Pointner ist nicht angetan vom neuesten "Coup" der FIS.

"Ich habe eine ganz klare Meinung. Für mich ist die Entscheidung sicherlich nicht die Beste. Entweder man macht ganze Sachen oder man macht sie gar nicht", konstatierte Pointner. Die Jury hätte ja immer eine Verkürzung verhindern können, doch dieses Risiko wollte niemand eingehen. Denn eine Verkürzung bei schwierigen Bedingungen dient in erster Linie der Sicherheit, damit ein guter Athlet bei plötzlichen Aufwind-Verhältnissen nicht zu weit springt. "Man macht es, weil es gefährlich werden kann", meint Pointner.

Leuchtende Linie auch im Stadion

Immerhin ist geplant (erstmals in Oberstdorf im Rahmen der Tournee), nun auch im Stadion einen sichtbaren Lichtbalken für die Besucher vor Ort einzublenden und diese damit halbwegs mit den Fans vor den Fernsehgeräten gleichzusetzen. Der Springer und die Fans sollen sehen, wie weit man springen muss, um voranzuliegen. Doch über die technische Durchführbarkeit rund um die Welt herrschen Zweifel. Pointner: "Es wäre ein wichtiges Tool, um den Zuschauer im Stadion wieder zufriedenzustellen."

Grundsätzlich sei die Möglichkeit, den Anlauf nun auch während eines Durchgangs verändern zu können, aber schon auch positiv zu betrachten. "Die Durchführbarkeit der Springen hat sich wesentlich gesteigert. Es ist nur wichtig, dass trotzdem der Sicherheitsfaktor bleibt. Fairness ist das eine, das andere die Sicherheit", erklärte Pointner. Und immerhin springt man nun öfter bei Verhältnissen, bei denen man früher nicht gesprungen wäre.

Neu ist nun auch, dass die Kompensation im Falle von Rückenwind, also bei schwierigen Bedingungen, um 21 Prozent erhöht wird: Man erhält also aufgrund langjähriger Erfahrungen nun mehr Bonuspunkte. Mathematisches Talent ist für Freunde dieses Sports auf jeden Fall von Vorteil.

APA