Die deutschen Geheimdienste sehen auch nach der Freilassung der Geiseln aus der Gewalt der Hamas weiterhin eine große Gefahr durch die radikale Palästinenserorganisation. Trotz der Freilassungen und der laufenden Verhandlungen könne er "in keinster Weise eine Entwarnung geben, was die Hamas und deren Wirken in Europa und auch in Deutschland angeht", sagte der Chef des Bundesamts für Verfassungsschutz, Sinan Selen, am Montag bei einer Anhörung im Bundestag in Berlin.
Laut Selen gibt es in Deutschland "schon seit langem einen Rückzugs- und Infrastrukturraum auch für die Hamas". Der Verfassungsschutz schätzt aktuell, dass rund 32.500 Menschen in Deutschland dem Bereich des Ausländerextremismus zuzuordnen sind – das ist ein Anstieg von sechs Prozent im Laufe des Jahres. Aus diesem Potenzial könne die Hamas in Deutschland schöpfen.
Der Chef des deutschen Auslandsgeheimdiensts BND, Martin Jäger, sprach im Zusammenhang mit der Geiselfreilassung von einem "bewegenden Tag". Er wolle zwar "keine Ferndiagnose" zum Zustand der Freigelassenen abgeben – der "erste Eindruck" sei aber, "dass sich alle in einem vergleichsweise guten Zustand befinden". Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BND seien vor Ort, um die Ereignisse "zu begleiten".
Auch der BND-Chef warnte vor einer weiteren Gefahr durch die Hamas. "Wenn die Hamas aus Gaza verdrängt oder zurück in den Untergrund gedrängt würde, dann besteht ein sehr reales Risiko, dass sie dann außerhalb Gazas ausgreift", sagte Jäger. "Das würde den arabischen Raum betreffen, aber ganz sicher auch Europa."
Jäger verwies in diesem Zusammenhang als Beispiel auf die Palästinensische Befreiungsorganisation PLO, die in den 1960er- und 70er-Jahren auch in Europa mit gewaltsamen Aktionen aktiv war. Es dürfe nicht ausgeschlossen werden, dass sich die Hamas ähnlich entwickle. "Deshalb werden wir das weiter mit größter Aufmerksamkeit beobachten", sagte der BND-Chef.