Politik

Gesundheits-Check? VdB: "Sehe die Notwendigkeit nicht"

Alexander Van der Bellen spricht im "Heute"-Interview über die Wahl, was er von öffentlichen Gesundheitschecks und Friedensverhandlungen in Wien hält.

Clemens Oistric
Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Interview mit Clemens Oistric in New York
Bundespräsident Alexander Van der Bellen im Interview mit Clemens Oistric in New York
Peter Lechner

Österreichische Vertretung bei der UNO, Manhattan, 31. Stock: "Ich glaube, ich mache das ganz gut", sagt Alexander Van der Bellen über Alexander Van der Bellen. Am 9. Oktober will er bei der Hofburg-Wahl hoch hinaus – der 78-Jährige strebt eine zweite Amtszeit an. Das große "Heute"-Interview über den Krieg in der Ukraine, seinen Wahlkampf und den Krisenwinter 2022:

"Heute": Sie haben wenige Stunden nach der neuerlichen Eskalation im Ukraine-Krieg den türkischen Präsidenten Erdogan getroffen. Auf welcher Seite steht er eigentlich; ist er glaubwürdig um Vermittlung bemüht?
Alexander Van der Bellen: Ja, das ist er jedenfalls. Im Augenblick sind die Türen zwischen der Ukraine und Russland aber wieder zugegangen. Die Verhandlungen über Getreideexporte aus der Ukraine über das Schwarze Meer haben in der Türkei stattgefunden. Sie haben durch die Hilfe von Präsident Erdogan, aber auch maßgeblich durch die Beteiligung der UNO, zum Erfolg geführt. Das war ein sehr wichtiger Schritt.

Sollte die Türkei Ihrer Meinung nach doch irgendwann EU-Mitglied werden?
Diese Debatte ist über 50 Jahre alt. Aktuell ist das kein Thema, aber die Türkei ist natürlich ein wichtiger strategischer Partner.

Sie haben dafür plädiert, dass es weiter Gespräche zwischen Russland und der Ukraine geben muss. Kann Österreich hier einen Beitrag leisten?
Österreich wird als neutrales Land keine Waffen liefern, steht aber jederzeit als Gesprächsort zur Verfügung. Wien ist ein berühmter, bekannter Verhandlungsort. Seit dem Staatsvertrag 1955 haben wir uns stets bemüht, die Neutralität auch für die Welt nützlich zu machen. Darauf können wir stolz sein.

Aber?
Gleichzeitig sollten wir mehr Geld in unsere Außenpolitik investieren. Die diplomatischen Vertretungen Österreichs im Ausland brauchen in dieser herausfordernden Zeit die notwendige Aufmerksamkeit und Ressourcen.

Zweite Amtszeit? "Ich glaube, ich mache das ganz gut."

Sehen Sie derzeit die Möglichkeit von Friedensgesprächen in Wien?
Vorläufig nicht. Durch die neuerliche Eskalation Putins scheinen sich die Verhandlungstüren geschlossen zu haben. Aber wer weiß: In zwei, drei Monaten kann das wieder anders sein.

Kommen wir zum Wahlkampf: Sie wollen am 9. Oktober wiedergewählt werden. Wann haben Sie sich zur "zweiten Runde" entschlossen?
Das ist schon eine Zeit her. In den letzten Jahren habe ich wertvolle internationale Kontakte geknüpft und viel an Erfahrung gewonnen. Und ich arbeite sehr gerne und aus vollem Herzen für Österreich. Insoweit war die Entscheidung leicht. Ich glaube, ich mache das ganz gut.

Es gab kein Schlüsselerlebnis?
Nein, es sind eher die drängenden Herausforderungen der Zeit und die positiven Rückmeldungen in den Gesprächen mit ganz verschiedenen Menschen.

Ihre Frau gilt als Ihre wichtigste Beraterin. Ist sie das?
Es ist so wie bei den meisten Paaren, man interessiert sich dafür, was die oder den anderen beschäftigt, hört zu und bringt Sichtweisen und Wahrnehmungen ein, aber am Ende entscheidet der Bundespräsident – und das bin ich. Ich habe darüber hinaus ein sehr gutes Team und als Bundespräsident exzellente Beraterinnen und Berater für praktisch alle Fachbereiche, die ich jederzeit anrufen kann.

Hat Sie Ihnen zugeraten, eine zweite Amtszeit dranzuhängen?
Wir haben das besprochen, das hat natürlich große Auswirkungen für unser Zusammenleben. Und waren beide schlussendlich der Meinung, dass ich das machen sollte.

Eine aktuelle "Heute"-Umfrage sieht Sie derzeit bei 59 Prozent. Eigentlich sind Sie längst durch, ohne Stichwahl…
Eine Wahl ist eine Wahl und verdient auch Respekt. Es kann immer Überraschungen geben. es gibt keine "gmaht'n Wies'n". Ich bemühe mich um jede Stimme und bitte die Österreicherinnen und Österreicher, jedenfalls wählen zu gehen.

Sie werden im Jänner 79. Bei US-Präsidenten ist ein regelmäßiger Gesundheitscheck vorgesehen, der dann veröffentlicht wird. Wäre das auch für Sie vorstellbar?
Ich sehe die Notwendigkeit nicht, aber denkbar ist es natürlich.

Welchen Politiker in der Geschichte bewundern Sie?
Es gibt immer wieder Politiker, von denen man eine Aussage gut findet, ohne jedoch zwangsläufig alle anderen zu teilen. Ich mache aber kein Hehl daraus, dass Angela Merkel eine unglaublich wichtige Integrationsfigur für Europa in den letzten Jahrzehnten und eine wirklich beeindruckende Frau war. Oder Barack Obama mit "Yes we can". Er hat es – noch dazu als Angehöriger einer Minderheit – geschafft, in drei Worten Selbstbewusstsein und Optimismus auszudrücken.

"Ich bin optimistisch, dass wir ganz gut über diesen Winter kommen."

Ihre erste Amtszeit war innenpolitisch sehr stark durch Sebastian Kurz geprägt. Wann haben Sie zuletzt mit ihm telefoniert?
Wir haben nicht nur telefoniert, sondern uns auch getroffen – kurz nach seinem Ausscheiden aus dem Parlament.

Die Zusammenarbeit war von Respekt geprägt?
Ja.

Sie haben unlängst im TV gesagt, dass im Winter niemand "über Gebühr" frieren werde müssen. Rechnen Sie mit einem ruppigen Winter in Österreich?
Ja, es wird herausfordernd. Aber ich bin optimistisch, dass wir ganz gut über diesen Winter kommen. Mir geht es aber nicht nur um das Heizen der Wohnungen. Auch für den Bäcker nebenan muss die Energie, die er braucht, noch bezahlbar sein. Das Brot muss über den Ladentisch ja noch verkaufbar sein. Man muss also die privaten Haushalte, das Gewerbe und die Industrie im Auge behalten.

Die Österreicher sind massiv von den Teuerungen belastet. Wird es noch mehr Unterstützung seitens der Regierung benötigen?
Das kann ich nicht ausschließen. Es sind aber schon Milliardenpakete beschlossen worden. Manche wirken sofort, manche erst nächstes Jahr. Die Regierung muss jedenfalls laufend auf kommende Entwicklungen eingehen und wird gegebenenfalls nachsteuern.

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    Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) , Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP, v.r.n.l.) bei der Pressekonferenz in New York.
    Außenminister Alexander Schallenberg (ÖVP) , Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP, v.r.n.l.) bei der Pressekonferenz in New York.
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