Mit fünf Kilo mehr Muskelmasse und einer Knieprothese demolierte Lindsey Vonn bei der ersten Saison-Abfahrt in St. Moritz ihre Gegnerinnen.
Als die Muskelmasse von Vonn thematisiert wurde, ertappte ich mich selbst bei der Frage, ob sie die Teilprothese auch ein wenig schwerer macht. Ein Hindernis auf der Abfahrtsstrecke ist dieses Teil mit der Cobalt-Chrom-Legierung definitiv nicht.
Lindsey war nicht beim Gleiten im oberen Streckenteil die Beste, die 41-Jährige fuhr dem Rest der Welt im technisch schwierigen Mittelteil auf und davon. Ihre Gegnerinnen sind schlechter gefahren: Sie waren in den Kurven zu hart am Weg. Es staubte und ratterte, das kostet Zeit. Vonn ließ den Ski laufen, ohne zu hart aufzukanten. Renate Götschl war mit diesem Stil auch pfeilschnell.
Vonn lieferte eine Welt-Sensation. Viele Experten hatten sie zu früh abgeschrieben, manche sogar voreilig zum Psychologen geschickt. Spätestens jetzt sollte bei allen Ski-Damen die Alarmglocken schrillen.
In nicht einmal acht Wochen steigt die Olympia-Abfahrt in Cortina. Die "Tofana" liegt Vonn. Die Gewinnerin von 83 Weltcuprennen hat Blut geleckt. Nach Platz zwei in St. Moritz war sie schwer enttäuscht. Ich glaube, dass Vonn ab sofort wieder den Takt vorgibt in den Speed-Rennen.
Vonn ist der Coup bereits lange vor ihrem Abfahrts-Comebacksieg gelungen: Mit Aksel Lund Svindal hat sie einen der Allerbesten an ihre Seite geholt. Svindal hat im Finale seiner Karriere mit körperlichen Problemen gewonnen. Und er hat das Wissen, um auf allen Oberflächen und Hängen schnell zu sein.
Genau das hilft Vonn jetzt.
