"Heute": Herr Herzog, in der letzten Bundesliga-Saison wurde 14 Mal der Trainer getauscht. Wer sitzt heuer am Schleudersitz?
"Da geht es allen gleich. Austrias Helm war vor einem Jahr nach der Europacup-Blamage gegen Tampere aus Finnland angezählt, hat aber dann eine fantastische Saison gehabt. Die Frage ist, ob sie heuer die Nerven verlieren, sollte es nicht laufen – oder vertrauen sie ihm nochmal? Stöger hat bei Rapid sowieso Druck, Letsch bei Salzburg auch – er muss heuer Meister werden. Säumel hat als amtierender Champion den meisten Kredit. Allerdings hat Sturm meiner Meinung nach nicht mehr den Kader, um den Titel zu holen. Vielleicht steht ihm also in ein paar Monaten das Wasser bis zum Hals. Der Job ist unvorhersehbar."
Haben Sie selbst Lust, wieder als Trainer zu arbeiten?
"Ja, denn ich bin fußballnarrisch. Allerdings würde ich derzeit nicht ins Ausland gehen – die Familie hat aktuell Vorrang. Meine Mutter braucht mich und die Kinder sind in einem entscheidenden Alter. Und ehrlicherweise muss man natürlich auch erwähnen: Der Abstieg der Admira mit mir als Cheftrainer hat mir schon einen Schaden zugefügt. Da sieht man wieder, wie schnell es geht. Drei Runden davor waren wir Siebenter. Ich bin nicht mehr so verbissen, renn keinem Job mehr nach. Ich habe den Ehrgeiz, lass aber alles entspannt auf mich zukommen. Das war für mich immer das Beste. Ich hätte ja auch nie geglaubt, Israel-Teamchef zu werden."
Viele Rapid-Legenden wurden später Trainer in Hütteldorf, Sie bislang nicht. Wurmt Sie das?
"Ich habe schon immer gedacht, dass die Chance irgendwann kommt. Es gab aber nur Schein-Anfragen, damit es heißt, 'mit dem Herzog haben wir auch geredet'. In Wahrheit war die Wahrscheinlichkeit, Austria-Trainer zu werden, viel höher. Als Stöger Sportdirektor bei den 'Veilchen' war, wollte er mich holen. Ich hätte nur noch zusagen müssen, konnte es aber nicht. Ich war viel zu sehr Rapidler."
Im Gegensatz zu Marko Arnautovic. Wie sehen Sie seinen Wechsel zu Roter Stern Belgrad?
"Für ihn passt es, noch besser hätte Rapid gepasst. Er hätte sicher für geniale Momente gesorgt. Das braucht Rapid, das braucht die Liga, das brauchen Kinder. Die schauen nur noch ins Ausland, weil es in Österreich keine Helden mehr gibt. Wir haben gute junge Kicker, aber die haben noch nicht diese Persönlichkeit und den Showcharakter."
Knackt Arnautovic den ÖFB-Torrekord von Toni Polster?
"Mit San Marino und Zypern in der Quali auf jeden Fall. Und dann schießt er als erster Österreicher nach mir ein WM-Tor." ("Joker" Herzog verwandelte 1998 im letzten Gruppenspiel gegen Italien in Minute 90 einen Elfer zum 1:2-Endstand, Anm.)
Polster behauptet, der mögliche Rekordverlust ist ihm egal. Kaufen Sie ihm das ab?
"Ich habe das auch gesagt, als Marko meinen Einsatz-Rekord geknackt hat. Man kann es ja eh nicht ändern, es kommen immer neue Generationen. Mir hat es eigentlich sogar getaugt, dass ausgerechnet Arnautovic meinen Rekord auslöscht. Denn ich habe ja vor vielen Jahren im U21-Team gesagt, dass er der Beste der letzten 30 Jahre ist. Damals haben sie mich ausgelacht."
Auch David Alaba haben Sie im ÖFB-Nachwuchs trainiert. Er hat derzeit bei Real einen schweren Stand. Was würden Sie ihm raten?
"Ich wünsche ihm, dass sein Knie wieder zu 100 Prozent fit wird. Dass der Rest des Körpers nach einer so langen Verletzungspause ebenfalls anfällig ist, ist verständlich. David muss schauen, dass er wieder in den Rhythmus kommt. Dann kann er seine Qualitäten wieder ausspielen. Ob bei Real oder woanders, muss er mit dem Verein besprechen. Wichtig wäre, dass er spielt – denn für die WM brauchen wir ihn schon."
Sollte Alaba bei Real nur sporadisch spielen – würde das seinem Standing im Nationalteam schaden?
"Ich denke schon. Es war bei mir damals schon so, als ich bei den Bayern Ersatz war. Da hat Teamchef Herbert Prohaska auch gesagt, er kann mich nicht mehr so leicht aufstellen. Wenn es wirklich über eine ganze Saison geht und die Mannschaft ohne Alaba erfolgreich ist, sagt ganz Österreich, wir haben keine Notwendigkeit, ihn für wen anderen aufzustellen. Ich wünsche ihm aber, dass er wieder fit wird und auf zumindest 80 Prozent seiner Qualität kommt – das würde bei ihm schon reichen."
ÖFB-Teamchef Ralf Rangnick ist immer wieder bei und mit anderen Vereinen im Gespräch. Erst die Bayern, dann Dortmund, dann Hertha Berlin. Ihre Meinung dazu?
"Es zeigt, dass er ein toller Trainer und überall gefragt ist. Vor allem bei Vereinen, wo er etwas aufbauen könnte. Bei Bayern oder Dortmund braucht er nicht anfangen, aber bei Hertha BSC zum Beispiel, da ist Potenzial da. Wenn er Berlin in die Champions League führt, würde die Stadt explodieren. Es ehrt ihn natürlich, dass er im Gespräch ist, aber vielleicht sollte er mal sagen, dass ihn bis Juli 2026 keiner mehr anzurufen braucht. Ich will ihn nicht kritisieren, aber es ist nicht das perfekte Szenario."
Herbert Prohaska feiert seinen 70er. Was schenken Sie ihm?
"Ich habe ihn zur WM 1998 geschossen, das war damals mein vorgezogenes Geschenk."