Politik

"Heute" an der gefährlichsten Grenze der Welt zu Kim

Eiserner Vorhang, Minen, Militär – die Grenze zwischen Nord- und Südkorea am 38. Breitengrad ist die gefährlichste der Welt . "Heute" war vor Ort. 

Clemens Oistric

Panmunjom, Korea: Es ist die berüchtigtste und wahrscheinlich auch gefährlichste Grenze der Welt. Eine 248 Kilometer lange und vier Kilometer breite sogenannte "demilitarisierte Zone" trennt hier die beiden verfeindeten Staaten Nord- und Südkorea – seit der Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens im Jahr 1953. Offiziell sind die beiden Länder auf der Halbinsel bis heute miteinander im Krieg.

"Bedrückende, aber wichtige Reise"

Gemeinsam mit einer Journalistendelegation fuhr Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg am Dienstag zum 38. Breitengrad, um sich vor Ort ein Bild von der Lage zu machen. "Bedrückend" sei diese Reise an "den letzten Kulminationspunkt des Kalten Krieges", sagte Schallenberg, betonte aber, dass sie "gleichsam symbolisch äußerst wichtig" sei. "Heute" begleitete den Außenminister nach Panmunjom.

Video: "Heute" an der gefährlichsten Grenze der Welt

Streng bewachter Ausflug

Stacheldraht, Betonblöcke, Militär – das "Camp Bonifas" in der demilitarisierten Zone ist hermetisch abgeriegelt. Besucher müssen wochenlang im Voraus registriert sein, jeder Pass wird genauestens kontrolliert. Bis zuletzt, dies erfährt "Heute", ist unklar, ob Reporter den Minister an die Demarkationslinie (auf der anderen Seite des schmalen Streifens beginnt der Unrechtsstaat Nordkorea) begleiten dürfen. 

Die Restriktionen bei der Einfahrt in einem Militärbus sind groß. Ein amerikanischer GI, ein australischer und ein südkoreanischer Soldat sind mit an Bord. Fotos sind anfangs nicht gestattet – die installierten Sicherheitsvorkehrungen an der verminten Grenze sollen nicht dokumentiert werden. Es geht vorbei an der "Bridge of no return". Hier ist auch der Handyempfang endgültig dahin.

Trump traf Kim 2019 in Panmunjom.
Trump traf Kim 2019 in Panmunjom.
Reuters

Der nächste Halt ist vor jenen blassblauen Hütten, die anno 2019 im Fokus weltweiter Aufmerksamkeit standen. Hier traf Donald Trump Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un zu einem Shakehands. Als erster US-Präsident in der Geschichte machte Trump dann den Schritt hinüber und betrat nordkoreanischen Boden. Das wäre für uns das sichere Todesurteil.

Schallenberg-Besuch interessierte Nordkoreaner

Schallenberg darf in die blaue Hütte hineingehen – er benützte naturgemäß den Eingang auf südkoreanischer Seite. Vis-à-vis haben die Nordkoreaner ihren Zugang. "Der Verhandlungstisch steht genau in der Mitte des Raumes", erzählte der VP-Grande danach. Ebendort – hier ist die sogenannte "Neutral Nations Supervisory Commission" untergebracht – gingen auf der Gegenüber-Seite in der Sekunde die Vorhänge nach oben – nordkoreanische Militärs schossen Fotos und erhielten von einer Gesichtserkennungs-Software wohl die Info, dass mit Schallenberg ein Spitzen-Politiker eines neutralen Staates vor Ort ist.

Apropos neutral: Der Kommission, die hier die Einhaltung des Waffenstillstands-Abkommens kontrolliert, gehören Schweden und die Schweiz an. Dass die Amerikaner an der Grenze auch ein gewichtiges Wörtchen mitzureden haben, ist der UNO geschuldet, die sie damit beauftragt hat.

Alexander Schallenberg: "Diese Grenze ist das letzte Überbleibsel des kalten Krieges."

Für Österreichs Delegation wird schlagartig alles einfacher, als sie erstmals Schweizer Soldaten in die Arme läuft. Von da an dürfen Fotos geschossen und Videos gemacht werden – "Heute" hatte etwa direkt an jener Brücke die Gelegenheit, an der Trump und Kim zusammenkamen.

Für Alexander Schallenberg stellt diese gefährlichste Grenze der Welt "das letzte Überbleibsel des kalten Krieges" dar. Im "Heute"-Interview nennt er sie "eine offene Wunde, die sich jederzeit wieder entzünden kann". Der Außenminister findet klare Worte: "Es ist die UNO, die letztlich hier den Frieden erhält. Aber der ist auf dünnem Eis, denn hier kann jederzeit wieder etwas ausbrechen." Daher trete Österreich weiter vehement für Denuklearisierung auf der ganzen Welt ein.

44 Raketenabschüsse seit Jänner

Nordkorea hat diametral das Gegenteil im Sinn: Seit Jahresbeginn sind 44 Raketenabschüsse dokumentiert. Vor Ort fürchtet man nun – wo die USA mit ihren Midterm Elections abgelenkt sind – sogar einen siebten Test, bei dem das Kim-Regime Atomraketen explodieren lässt. "Das ist eine Eskalationsspirale, die sehr gefährlich ist", sagt Schallenberg, denn: "Die Logik, dass ich mich aufführen kann, wie ich will, weil ich Atomwaffen habe – die ist lebensgefährlich für uns alle."

Deserteure werden umgebracht

So, wie die Flucht aus der Diktatur, in der Kim sein Volk unterdrückt und hungern lässt. Internet gibt es nicht, lediglich ein landeseigenes Intranet, in dem Propaganda publiziert wird. Wer mit einem Radio ausländische Sender empfangen kann, läuft in Gefahr, sieben Jahre ins Gefängnis zu müssen – im besten Fall. Ein Soldat, der aus Nordkorea flüchten wollte, wurde vor wenigen Jahren etwa bis zum Grenzhäuschen verfolgt – Einschusslöcher an der Wand zeugen noch heute von der Brutalität, mit der ihm nach dem Leben getrachtet wurde.

"Südkorea teilt unsere Werte"

In der demilitarisierten Zone mühen sich die Schweiz und Schweden in der Zwischenzeit weiter nach Kräften, den brüchigen Pseudo-Frieden zu erhalten. Österreichs Außenminister wird vor seiner Abreise in den "Schweizer Club" geladen, der polnische Vize-Außenminister der die Tour zuvor noch gemeinsam mit den Österreichern gemacht hat, darf zu den Schweden.

"Putins Zündeln gibt Autokraten auch anderswo Auftrieb."

Zur Freude Schallenbergs bekommt er von Soldaten "Schweizer Militärschokolade" zum Kaffee gereicht: "Ich bin ja selbst halber Schweizer", lächelt der in Bern geborene Außenminister, bedankt sich – und macht sich dann auf den Weg zurück nach Seoul, Südkorea. "In eine offene Gesellschaft und gefestigte Demokratie", wie Schallenberg anmerkt. Und er zog auch eine Parallelen zu Wladimir Putin: "Sein Zündeln gibt Autokraten auch anderswo Auftrieb. Umso wichtiger ist es, die Beziehungen zu jenen Partnern zu stärken, die unsere Werte teilen: Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht. Südkorea ist ein solcher, verlässlicher Partner. Auch das habe ich in Seoul bekräftigt."

1/63
Gehe zur Galerie
    <strong>25.04.2024: Kein Auto, kein Haus – so lebt René Benko.</strong> Erstmals seit der Signa-Pleite zeigte sich Unternehmer René Benko der Öffentlichkeit. Der Tiroler erschien am Mittwoch in Innsbruck vor Gericht. <a data-li-document-ref="120033251" href="https://www.heute.at/s/kein-auto-kein-haus-so-lebt-rene-benko-120033251">Die Details &gt;&gt;&gt;</a><a data-li-document-ref="120033229" href="https://www.heute.at/s/jetzt-droht-beliebtem-lebensmittel-das-bittere-aus-120033229"></a>
    25.04.2024: Kein Auto, kein Haus – so lebt René Benko. Erstmals seit der Signa-Pleite zeigte sich Unternehmer René Benko der Öffentlichkeit. Der Tiroler erschien am Mittwoch in Innsbruck vor Gericht. Die Details >>>
    EXPA / APA / picturedesk.com