Politik

Innenminister: Terrorist hatte noch jede Menge Munition

Innenminister, Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit und der Wiener Polizeipräsident informierten über den aktuellen Stand zum Anschlag.

Rene Findenig
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Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einem Statement im Innenministerium zum Anschlag in Wien am Dienstag, 03. November 2020.
Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) bei einem Statement im Innenministerium zum Anschlag in Wien am Dienstag, 03. November 2020.
picturedesk.com

Um 14.15 Uhr haben Innenminister Karl Nehammer, der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Franz Ruf sowie der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl im Innenministerium über die aktuellen Entwicklungen zum Anschlag in Wien informiert. "Heute" berichtete live. Mindestens vier Todesopfer und 17 teils schwer verletzte Opfer – das war vorerst die schreckliche Bilanz des Terroranschlags in der Wiener Innenstadt. Nicht ausgeschlossen ist bisher, dass der Attentäter Helfer hatte, die sich noch auf der Flucht befinden. In der Konferenz wurden nun die Opferzahlen erneut nach oben korrigiert. 

Der Innenminister gibt bekannt, dass der Attentäter vier Personen auf dem Gewissen habe und 22 Personen verletzt worden seien. Die Zahl habe korrigiert werden müssen, da die Rettungskräfte so schnell waren, dass die Opfer versorgt wurden, bevor sie den Terror-Taten zugeordnet werden konnten, so Nehammer. Der schwer verletzte Polizist (28 Jahre alt) sei mittlerweile außer Lebensgefahr, er sei operiert und stabilisiert worden. Er sei von zwei Österreichern mit Migrationshintergrund in Sicherheit gebracht worden, so der Innenminister.

"Kein Terroranschlag wird es schaffen, dass unsere Gesellschaft im Zusammenhalt zerrissen oder gespaltet wird"

Nehammer ist es besonders wichtig, Folgendes zu sagen: "Kein Terroranschlag wird es schaffen, dass unsere Gesellschaft im Zusammenhalt zerrissen oder gespaltet wird." Deswegen wolle er auch den Migrationshintergrund der Lebensretter hervorheben. "Der Täter ist rasch neutralisiert worden", so Nehammer, Mitglieder der Spezialeinheit Wega hätten ihn in neun Minuten "kampfunfähig" gemacht. Dadurch habe Schlimmeres verhindert werden können, so Nehammer.

Es fanden mittlerweile 18 Hausdurchsuchungen in Wien und Niederösterreich statt, 14 Personen wurden festgenommen. Zum Täter selbst sagt Nehammer, der Mann sei 20 Jahre alt und österreichisch-nordmazedonischer Doppelstaatsbürger. Er habe als "Mordwerkzeuge" eine verkürzte Kalaschnikow, eine Machete und eine Faustfeuerwaffe bei sich getragen. Der Mann habe versucht, sich 2019 dem Islamischen Staat anzuschließen und sei deswegen bereits verurteilt, allerdings vorzeitig entlassen worden.

    Vier Tote und viele teils schwer Verletzte – das ist die traurige Bilanz eines Terroranschlags in der Wiener Innenstadt.
    Vier Tote und viele teils schwer Verletzte – das ist die traurige Bilanz eines Terroranschlags in der Wiener Innenstadt.
    Reuters
    "Es kam zu einer vorzeitigen Entlassung eines Radikalisierten"

    Nehammer bestätigt: "Es kam zu einer vorzeitigen Entlassung eines Radikalisierten." Zwar hätten alle Stellen nach bestem Wissen und Gewissen gearbeitet, der Mann habe es aber geschafft, das Deradikalisierungsprogramm auszutricksen. So habe man keine Warnhinweise gesehen. Nun müsse das System evaluiert und optimiert werden, um besser gegen Radikalisierte vorzugehen. Außerdem haben Augenzeugen ein Terabyte an Videodaten an die Behörden übermittelt, die nun ausgewertet werden.

    Bisher gebe es auf den Aufnahmen keine Hinweise auf mehrere Täter, Nehammer verweist aber extra darauf, dass das Material erst zur Hälfte gesichtet wurde. Deswegen behalte man auch die höchste Sicherheitsstufe in der Bundeshauptstadt bei. Zum Tatort, dem sonst so belebten "Bermudadreieck", sagt Nehammer: "Dieser Ort war heute anders. Er war leer, er war freudlos. Aber es sei allen potenziellen Angreifern ins Stammbuch geschrieben: Wir lassen uns unsere Lebensfreude, unser Zusammenleben sicher nicht zerstören."

    "Es gibt niemals einen absoluten Anspruch auf Sicherheit, auf absolute Sicherheit"

    Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit Franz Ruf bestätigt, dass in der Wohnung des Attentäters Munitionsteile gefunden wurden. Es habe 18 Razzien in Wien und Niederösterreich gegeben, bei denen 14 Personen festgenommen wurden. Wiens Polizeipräsident Gerhard Pürstl sagt, die Polizei sichte nun akribisch das eingelangte Videomaterial und halte die verstärkte Polizeipräsenz aufrecht, um auch Trittbrettfahrer abzuschrecken. 

    Pürstl gesteht, dass es schwierig sei, eine Gefährdungseinschätzung zu treffen: "Es gibt niemals einen absoluten Anspruch auf Sicherheit, auf absolute Sicherheit, eine Person richtig einschätzen zu können." Nehammer wiederum zeigt sich verwundert, dass in der Wohnung des Attentäters "so viele Hinweise gefunden wurden". Erschreckend: Der Täter soll "ganz bewusst" das Programm der Bewärungshilfe ausgetrickst haben, er wollte "das System ganz bewusst zerstören", ""so brutal, so perfide".

    "Ich war zutiefst beeindruckt vom Einsatz der PolizistInnen"

    Nehammer verweist auf die neun Minuten zwischen Tat und Ausschaltung des Täters: Neun Minuten seien noch immer zu lange, aber durch gezielte Polizeitaktik sei Schlimmeres verhindert worden, denn der Täter habe noch sehr viel Munition bei sich gehabt. "Ich war zutiefst beeindruckt vom Einsatz der PolizistInnen", so der Innenminister. Er bestätigt auch, dass es ein Staatsbürgerschafts-Aberkennungsverfahren gegen den Täter gegeben habe, es sei aber zu keiner Aberkennung gekommen. Ganz klar habe sich aber eine "Nähe zum IS" nach der Tat gezeigt, der Attentäter habe im Internet mit Waffen und Parolen kurz vor der Tat posiert.

      In diesem Gemeindebau in Wien-Donaustadt wohnte der Terrorist.
      In diesem Gemeindebau in Wien-Donaustadt wohnte der Terrorist.
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