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Instagram-Kanal will Fremdgänger outen

Ein Profil ruft Partner dazu auf, Betrüger öffentlich zu outen. Wer dem Aufruf folgt, handelt sich aber Probleme ein.

Heute Redaktion
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Fremdgängern könnte es bei diesem Profil so richtig mulmig werden: Ein Schweizer Instagram-Kanal ruft dazu auf, Betrüger an den Pranger zu stellen. Anfang Januar war auf dem Profil ein entsprechender Post zu finden: Zwei Fotos zeigen eine Frau mit abgeschnittener Augenpartie. Dazu steht: Tag und Nacht. Die typische Fremdgängerin weiß, wie sie ein Lächeln vortäuscht. "Diese hier ist ein Profi darin. Armer Ehemann."

Wer die Seite aus welchem Anlass erstellt hat, ist unbekannt. Auch eine Anfrage von unserer Schwester-Zeitung 20 Minuten wurde bislang nicht beantwortet. Die geposteten Beiträge suggerieren jedoch, dass der Ersteller des Profils selbst Opfer eines Fremdgängers geworden sei. "Betrügen ist das Abscheulichste, Verletzendste und Respektloseste, was du jemandem antun kannst, dem du 'Ich liebe dich' sagst", lautet ein Post.

Ein Meme zeigt zudem das typische Verhalten eines Betrügers auf. "Für ihr schlampiges Verhalten machen Betrüger ihren Partnern immer ein schlechtes Gewissen." Typisch sei, dass sie diese mit der Affäre verglichen. So würden sie an ihrem Partner zum Beispiel kritisieren, zugenommen zu haben, oder dazu raten, die Haare doch besser kurz zu tragen.

"Betrogene wollen bestrafen"

Belinda Daniele, Paarberaterin im BeratungsRaum 7, kann sich vorstellen, dass das Profil betrogene Partner im Sinne einer Kurzschlusshandlung durchaus zu diffamierenden Posts verleiten könnte. "Betrogene Partner sind in ihren Gefühlen zutiefst verletzt und aus dieser Krise und Ohnmacht kann der Wunsch aufkommen, den Partner zu bestrafen." Das zeige sich auch in Posts auf anderen Kanälen wie Facebook. Doch die Verletzung und Wut durch öffentliches Anprangern abzubauen, sei der falsche Weg. Vielmehr gehe es um eine echte Auseinandersetzung für sich selber und gemeinsam als Paar.

Beim Fremdgehen die Schuldfrage zu stellen, ist laut Daniele nicht die Lösung. "Es sind immer beide Partner zu gleichen Teilen dafür verantwortlich, dass eine Beziehung funktioniert." Um die Situation zu entschärfen, solle sich in der Krise jeder der beiden Partner vorerst einen sicheren Ort schaffen. "Dazu gehört, eine klare Abmachung zu treffen, wie die Nähe und Intimität weiter gestaltet werden soll, was auch ein ‹Kontaktverbot› zum sogenannten Dritten beinhaltet."

In einem weiteren Schritt könne in der Auseinandersetzung zu zweit oder mit Unterstützung einer Fachperson geklärt werden, ob die Beziehung für jeden der beiden Partner noch eine Zukunft habe. Daniele: "Es geht darum, gemeinsam ins Gespräch zu kommen, sich auch negative Gefühle mitteilen zu können und an der Kommunikation zu arbeiten." Durch das Internet sei die Verfügbarkeit von potenziellen Partnern zwar grösser geworden. "Treue ist jedoch ein Wert, der in Partnerschaften nach wie vor kaum an Bedeutung verloren hat, was eine große Herausforderung für Beziehungen darstellt."

"Das ist persönlichkeitsverletzend"

Laut Mathis Berger, Anwalt für Informations- und Medienrecht, verletzen Absender von Posts auf derartigen Profilen die Persönlichkeitsrechte. "Wer jemanden im Internet als Fremdgänger darstellt, veröffentlicht Tatsachen aus dem Intimbereich einer anderen Person, was persönlichkeitsverletzend ist." Vor Gericht gezogen werden könne nicht nur der Partner, der den Inhalt dem Profil zur Verfügung gestellt habe. "Auch gegen Instagram kann der Geschädigte wegen Weiterverbreitung von persönlichkeitsverletzenden Inhalten Klage erheben." Personen, die als Cheater angeprangert werden, rät Berger, sich direkt an Instagram zu wenden. "Am besten ist es ohnehin, man meldet das Profil schon heute. Solche problematischen Profile löscht Instagram jeweils schnell."

Das Profil zählte Anfang Januar rund 30 Abonnenten. User haben aber auch gemeldet, dass es ihrem Profil unaufgefordert folge. Es könnte sich daher auch um einen Fake handeln, um Aufmerksamkeit zu erhaschen. Kürzlich folgte ein Account namens antonella_patitucci_live mit Bildern der angeblich gestalkten Influencerin Antonella Patitucci verschiedenen Usern. Später stellte sich jedoch heraus, dass es sich um eine Kampagne von Studenten der Zürcher Hochschule der Künste handelte. (nona/20 Minuten)