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Italien fordert nach Tropen-Sieg Trinkpausen

Heute Redaktion
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Bild: DANIEL DAL ZENNARO (ANSA)

Italiens Teamchef Cesare Prandelli hat sich erneut vehement für Auszeiten im Fußball ausgesprochen. "Es ist wirklich absurd, dass wir kein Timeout haben", äußerte der 56-Jährige nach dem 2:1-Sieg im ersten WM-Gruppenspiel am Samstag in Manaus gegen England sein Unverständnis. "Wenn wir Unterhaltung wollen, dann brauchen die Spieler auch die Energie, um diese bieten zu können." Die Engländer sind trotz der Niederlage weiter voller Hoffnung. Costa Rica schwebt nach dem Sieg gegen Uruguay auf Wolke Sieben.

auf Wolke Sieben.

Die klimatischen Bedingungen in der Amazonas-Hauptstadt Manaus seien schwierig gewesen, beschweren sich die Italiener nach dem Kracher-Duell mit England. "Ein Wahnsinn, dass es keine Timeouts gab", sagte Prandelli. Vor allem die englischen Spieler hatten während der Partie bei mehr als 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit vereinzelt mit Krämpfen zu kämpfen gehabt. Der Fußball-Weltverband FIFA hatte trotz anhaltenden Diskussionen vor der Partie entschieden, dass 32 Grad zur Anpfiffzeit um 19 Uhr Ortszeit (Mitternacht in Österreich) dafür nicht ausreichend waren.

Italiens Fußball hat den Glauben an seine Stärken gegen England am Ende trotzdem zurückgewonnen. Die Italiener überzeugten in der Tropenhitze zwar nicht mit einem Angriffsfurioso, dafür aber mit sehr guter Organisation und Ballkontrolle. Spielmacher Andrea Pirlo hatte auch mit 35 Jahren stets die Fäden in der Hand.

"Eine Partie für die Ewigkeit"

"Es war ein unglaubliches Spiel, eine Partie für die Ewigkeit", geriet Prandelli nur diesbezüglich ins Schwärmen. Dabei hatte sein Team lange Zeit brotlose Kunst geboten. Vor der Pause hatten die Italiener fast 70 Prozent Ballbesitz, die Engländer waren aber das gefährlichere Team. Prandelli blieb seiner Taktik treu, geduldig aus einer gesicherten Defensive zu agieren - mit Erfolg.

Die Italiener konnten sich auf die Torjägerqualitäten von Mario Balotelli verlassen. "Es ist ein einzigartiges Gefühl", sagte der exzentrische Stürmerstar nach seinem ersten WM-Treffer, der letztlich auch die Entscheidung brachte (50.). Ausgerechnet gegen England - jenes Land, in dem man sich in seiner Zeit bei Manchester City mehr für seine Eskapaden als für seine spielerische Klasse interessiert hatte.

"Balotelli zerfleischt England"

"Sein Potenzial ist enorm. Er muss so weitermachen, wie er hier gespielt hat", sagte Prandelli über Balotelli. Dabei hatte der Trainer sogar einige Zeit überlegt, ob er den 23-Jährigen vom AC Milan wegen seines schwierigen Charakters und seines Hanges zur Selbstinszenierung überhaupt nach Brasilien mitnehmen soll. "Balotelli zerfleischt England", schrieb die "Gazzetta dello Sport".

Englands Coach Roy Hodgson macht sich trotz der Niederlage keine Sorgen und geht davon aus, dass seinem Team der Einzug ins WM-Achtelfinale noch gelingt. Im zweiten Gruppenspiel am Donnerstag (21.00 Uhr) gegen Uruguay stehen die Engländer wie die Südamerikaner nach der blamablen Pleite gegen Costa Rica zwar bereits unter Druck. Die Leistung gegen Italien gibt aber Grund zur Hoffnung.

England baut auf die junge Garde

Wenig war im WM-Vorfeld von den stark verjüngten "Three Lions" erwartet worden. Gegen den EM-Zweiten Italien waren die Engländer aber lange Zeit sogar das gefährlichere Team. Im Gegensatz zur anfälligen Defensive überzeugte die Offensive mit den Jungstars Raheem Sterling, Daniel Sturridge und Danny Welbeck. Nur von Wayne Rooney war im Teamtrikot wieder einmal wenig zu sehen.

"Es ist schwierig, nach einer Niederlage das Positive mitzunehmen. Aber das war ohne Zweifel das beste Spiel, das wir als Team gemacht haben, seit ich hier dabei bin", lobte Hodgson die couragierte Vorstellung in der Tropenhitze von Manaus. Im Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Uruguay könnte auch Arsenal-Youngster Alex Oxlade-Chamberlain wieder zur Verfügung stehen. Der 20-Jährige hatte den Auftakt wegen einer Innenbandverletzung im Knie verpasst.

Schnittpartie England-Uruguay

Beide Ex-Weltmeister (England, Uruguay) stehen im zweiten Gruppenspiel in Sao Paulo mit dem Rücken zur Wand. Eine Niederlage wäre wohl gleichbedeutend mit dem WM-Aus. Seit 1998 haben nur vier von 46 Mannschaften nach Auftaktpleiten noch den Einzug ins Achtelfinale geschafft. "Wir sind ein junges Team, für fast zwei Drittel ist es die erste WM", erinnerte Hodgson. "Es ist gut zu wissen, dass wir noch ein viel stärkeres Team werden können."

Costa Rica auf Wolke Sieben

Costa Rica schwebt nach dem 3:1-Sieg gegen Uruguay hat Costa Rica im Eröffnungsspiel der Gruppe D jedenfalls auf Wolke Sieben und sorgte für die bisher größte Überraschung bei der Fußball-WM in Brasilien. Die furchtlosen Mittelamerikaner um Joel Campbell zeigten beherzten Angriffsfußball und spitzen jetzt auf das Achtelfinale. Bei Uruguay, 2010 in Südafrika noch im Semifinale, ruhen jetzt alle Hoffnungen auf Goalgetter Luis Suarez.

Seit der Auslosung galt Costa Rica als "Kanonfutter". Doch schon damals gab sich Trainer Jorge Luis Pinto unerschrocken. "Uns gefällt die Gruppe, wir haben keine Angst", hatte der Kolumbianer gemeint. Am Samstag brachten die "Ticos" das auf den Platz und präsentierten sich vor allem im Konter und bei Standardsituationen brandgefährlich.

Erst einmal hatte das Land mit vier Millionen Einwohnern den Einzug in eine WM-K.o.-Phase geschafft: 1990 in Italien scheiterte Costa Rica im Achtelfinale an der Tschechoslowakei. Jetzt lebt der Traum von einer Rückkehr auf die große Bühne. "Die Wahrscheinlichkeit, dass wir in die nächste Runde einziehen, ist gestiegen. Wir können das schaffen", meinte Verteidiger Diaz. Als nächster Gegner wartet am Freitag in Recife Italien.

Uruguay hofft auf Suarez

Bei Uruguay bestätigten sich die zuvor mehrfach geäußerten Sorgen um die Stabilität der Abwehr. Die Innenverteidiger Diego Lugano und Diego Godin wirkten selten sattelfest. Schon in der Qualifikation war die Defensive die Achillesferse der "Celeste" - 25:25 lautete das Torverhältnis nach 16 Spielen.

In der Offensive war das Fehlen von Suarez nicht zu kaschieren. Der Liverpool-Stürmer wurde nach seiner Meniskus-OP noch geschont, ein Einsatz war zwar nicht ausgeschlossen, erschien aber letztlich als zu großes Risiko. Bis zum England-Match soll der Premier-League-Torschützenkönig aber voll fit sein.