Fenstersperren geplant

Jugendknast Simmering – ein Drittel sind "Störer"

Im Jugendgefängnis am Münnichplatz kam es zu Schlägereien und "Zaunparties". Die Volksanwaltschaft prüfte die Vorfälle, das Ergebnis liegt nun vor.
Wien Heute
19.08.2025, 18:22
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In der neuen Jugendstrafanstalt Münnichplatz in Wien-Simmering kam es zu schwerwiegenden Vorfällen – "Heute" berichtete exklusiv über tätliche Auseinandersetzungen unter Insassen, Kontaktaufnahmen durch Außenstehende am Anstaltszaun und versuchte Schmuggeleien.

Die für den Strafvollzug zuständige Volksanwältin Gaby Schwarz leitete aufgrund der "Heute"-Berichte Mitte Mai ein amtswegiges Prüfverfahren ein. Nun liegt der achtseitige Abschlussbericht vor – und dieser spricht Bände.

Volksanwältin Gaby Schwarz
Volksanwaltschaft/Pargan

Von Jänner bis Juni fünf Schlägereien

Demnach hat sich bestätigt, dass es im März zu unerlaubten Kontaktaufnahmen zwischen Freiheitspersonen und Insassen gekommen ist. "Jugendliche fanden sich vor dem Anstaltszaun ein und kommunizierten über die Grünfläche mit den Insassen. Zwei Personen überstiegen den Außenzaun und betraten das Gelände. In diesem Zusammenhang wurden sechs Verwaltungsübertretungen zur Anzeige gebracht", heißt es im Bericht.

Das Justizministerium bestätigte zudem, dass es zwischen Jänner und Juni zu fünf Vorfällen mit Raufhandel in der Anstalt gekommen ist – besonders massiv war jener am 22. Februar. Darüber hinaus wurde festgestellt, dass sich unter den derzeit rund 15 Inhaftierten fünf Insassen befinden, die die Anstaltsleitung als "Störer" bezeichnet. Diese erhielten nach diversen Vorfällen jeweils pädagogische Maßnahmen (längere Einschlusszeiten im Haftraum).

Zellen wurden um 16.30 Uhr verschlossen

Wie viele Justizanstalten hat auch jene am Münnichplatz mit Personalmangel zu kämpfen. Bei einem Sprechtag der Volksanwaltschaft im März erklärte der stellvertretende Anstaltsleiter, dass man die Hafträume bereits um 16.30 Uhr verschließen müsse, weil die Justizanstalt noch kein eigenes Justizwachepersonal hätte.

"Betrachtet man den Verlauf der Belegung, liegen die Gründe auf der Hand, warum es zu den Vorfällen gekommen ist: Im Jänner wurden elf Insassen auf den Münnichplatz überstellt. Im März waren es bereits 21. Mit zunehmendem Belag, zu wenig Personal und der daraus resultierenden Ausdehnung der Einschlusszeiten ist es zu Unruhe unter den Insassen gekommen", meint dazu Volksanwältin Gaby Schwarz.

Vermehrte Bestreifung durch Polizei

Weiters kritisiert die Volksanwältin, dass am Sprechtag alles noch sehr behelfsmäßig wirkte. "Radios in den Hafträumen funktionierten nicht, die Leitungen der Wandtelefone am Gang waren tot. Aufgrund des (noch) fehlenden Personals konnten Jugendliche, mit Ausnahme in der Schlosserei, nicht in den Betrieben arbeiten. Vorführungen zu Besuchen konnten nur einmal pro Woche stattfinden", heißt es.

Nach Bekanntwerden der Vorfälle wurden Maßnahmen getroffen: Mit dem Stadtpolizeikommando Simmering wurde eine vermehrte Bestreifung sowie ein permanenter Posten im Nachtdienst im gegenüberliegenden Hans-Paulas-Park vereinbart.

Fenstersperren in den Zellen

Weiters kommen feinmaschige Gitter für jene Fenster, die diese noch nicht haben, ein Zaun wird versetzt und zusätzliche Bepflanzung angelegt: "Diese Maßnahmen wären vor Inbetriebnahme notwendig gewesen. Dass jetzt nachgerüstet werden muss, unterstreicht meine Kritik, dass die Realisierung des Projekts Münnichplatz seit Beginn ein logistischer Bauchfleck ist", meint Schwarz.

Eine geplante Maßnahme – Fenstersperren an den Haftraumfenstern – sieht die Volksanwältin allerdings äußerst kritisch: "Ein gänzliches Verschließen der Haftraumfenster kann vor allem im Sommer zu einem unerträglichen Haftraumklima führen. Vonseiten der Volksanwaltschaft wird empfohlen, Hafträume, deren Fenster zur öffentlichen Straße weisen, mit solchen Insassen zu belegen, bei denen ein Hinausrufen nicht zu erwarten ist."

Vorfälle waren absehbar

Das Fazit der Volksanwältin: "Unser amtswegiges Prüfverfahren bestätigt einmal mehr, dass man die Justizanstalt Gerasdorf nicht hätte schließen dürfen, bevor der Münnichplatz fertig ist. Dass es zu derartigen Vorfällen kommt, war absehbar. Mit zu wenig Personal, laufender Baustelle und verfrühter Inbetriebnahme musste es so weit kommen", so Schwarz.

{title && {title} } red, {title && {title} } Akt. 19.08.2025, 18:31, 19.08.2025, 18:22
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