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Kalajdzic: "Corona-Pause hat positiven Aspekt"

Heute Redaktion
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Bild: imago images

Sasa Kalajdzic gilt als größte Stürmer-Hoffnung Österreichs. Der 22-Jährige steht nach einer schweren Knieverletzung vor dem Comeback. "Heute" fragte nach.

Juli 2019. Stürmer-Juwel Sasa Kalajdzic wechselt um kolportierte 2,5 Millionen Euro von der Admira zum VfB Stuttgart. Der Plan des baumlangen Torjägers: In Deutschland den Durchbruch schaffen und mit den Schwaben aufsteigen.

Zwei Wochen später liegt der 22-jährige Wiener im Krankenhaus – die Bänder im Knie waren gerissen, die Träume geplatzt. Eine Saison ohne Einsatz drohte.

April 2020. Kalajdzic steht vor dem Comeback. Der ÖFB-Youngster kehrte bereits auf den Trainingsplatz zurück – ohne Zweikämpfe freilich, dem Coronavirus sei "Dank".

Im "Heute"-Interview verrät der Hoffnungsträger, wie die weiteren Schritte aussehen, ob er künftig für Österreich oder Serbien kicken wird – und was er von Marko Arnautovic hält.

"Heute": Herr Kalajdzic, eine banale Frage, die bei Ihnen dennoch von besonderem Interesse ist: Wie geht es Ihnen?

Sasa Kalajdzic: "Mir geht es relativ gut, trotz der Corona-Krise. Dem Knie geht gut, der Familie geht es gut, das ist das Wichtigste."

Haben Sie die komplette Reha-Zeit in Stuttgart verbracht?

"Bevor wegen des Coronavirus die Beschränkungen verkündet wurden, war ich drei Wochen in Wien bei meiner Familie. Es war wichtig für mich, andere Gesichter zu sehen. Zum Trainingsstart bin ich dann nach Stuttgart zurückgekommen."

Apropos: In Österreich wird erst in dieser Woche mit Kleingruppen-Training gestartet. Wie läuft das in Stuttgart ab?

"Wir trainieren in Fünfergruppen, es gibt mehrere Stationen. Wir fangen zeitversetzt an. Es wurden mehrere Kabinen hergerichtet, in denen wir uns umziehen können. Es stehen überall Desinfektionsmittel zur Verfügung. Alle Trainingsklamotten werden uns hergerichtet und auf den Platz gelegt. Nach dem Training holt sich jeder seine zweite Garnitur Kleidung ab und fährt nach Hause. Dort wird geduscht."

Wie reagiert das Knie auf das Mannschaftstraining?

"Super. Aber die Muskeln gehen mir an der einen oder anderen Stelle noch ab, die spüre ich nach dem Training."

Wie lange brauchen Sie noch, um wieder matchfit zu sein?

"Ich habe demnächst einen Termin bei meinem Operateur Dr. Boenisch. Er ist die Person, die mir grünes Licht geben kann. Er kann mir sagen, ob ich wieder in Zweikämpfe gehen kann. Es hängt von den Bildern ab. Ich bin jedenfalls positiv gesinnt."

Wie sieht die mentale Komponente aus? Trauen Sie sich, gleich wieder 100 Prozent zu geben?

"Schießen und Passen funktioniert bereits sehr gut. Hin und wieder gibt es einen Moment, in dem der Kopf kurz blockiert. Es wird von Training zu Training besser. Das dauert halt ein bisschen."

Vertrauen Sie auf einen Mentalcoach?

"Nein. Ich habe nicht das Gefühl, dass ich einen brauche. Ich habe echt schon einiges in meiner noch jungen Karriere erlebt. Das habe ich alles selber mit meiner Familie gelöst. Man kann sagen, die Familie und meine Freundin sind meine Mentaltrainer. Das sind die Eckpfeiler für meinen Erfolg."

Es klingt seltsam, aber Sie sind einer der "Gewinner" der Corona-Zwangspause.

"Natürlich wünsche ich mir, dass die Einschränkungen bald gelockert werden können. Für mich persönlich ergibt sich aber tatsächlich der positive Aspekt, dass ich vielleicht doch noch in dieser Saison eingreifen kann."

Auch die EM wurde verschoben. Plötzlich haben Sie eine Chance, dabei zu sein.

"Ganz ehrlich, daran verschwende ich keinen Gedanken. Ich denke wirklich nur daran, dass alle gesund sind – und dass ich von Training zu Training besser werde. Ich möchte, dass alles wieder normal wird, dass ich in einen Alltag komme, in dem ich nicht mehr an mein Knie denken muss. Das sind meine Ziele. Ich denke nur an die kurzfristigsten Dinge. Ich habe nichts davon, jetzt an die EM zu denken."

Hat sich der Teamchef mal bei Ihnen gemeldet in den letzten Wochen?

"Peter Schöttel hat sich hin und wieder bei mir gemeldet und hat sich erkundigt, wie es mir geht. Ich bin also auf dem Radar."

Die Frage ob Österreich oder Serbien ist also nach wie vor nicht restlos geklärt?

"Nein. Aber das sind Dinge, die momentan extrem unwichtig sind. Wenn ich wieder ganz normal spielen kann, schauen wir weiter. Ich mache mir da keinen Druck."

Sollte es in dieser Saison noch zum Comeback und zum Debüt für Stuttgart kommen, würde es wohl vor leeren Rängen stattfinden. Ein fader Beigeschmack?

"Ich habe beinahe jedes Heimspiel live in der Mercedes-Benz Arena verfolgt. Es ist eine Riesenmotivation, vor diesen Fans zu spielen. Vor leeren Rängen zu spielen, erfüllt einen vielleicht nicht ganz so sehr. Aber wenn es soweit ist, werden wir das Beste daraus machen."

Einer Ihrer Teamkollegen ist Mario Gomez, ein Stürmer mit unglaublicher Erfahrung. Was können Sie von ihm lernen?

"Ich habe schnell herausfinden dürfen, dass Mario ein super Typ ist. Er hat eine Riesen-Karriere hingelegt. Da versucht man, sich so viel wie möglich abzuschauen. Ich hatte noch nicht viele Gelegenheiten, um mit ihm zu trainieren, aber jetzt werden es hoffentlich mehr."

Wer ist Ihr sportliches Vorbild?

"Da denke ich positionsbezogen. Früher, als ich noch als Sechser gespielt habe, war Nemanja Matic mein Vorbild. Er ist auch groß und trotzdem technisch richtig gut. Jetzt beobachte ich zum Beispiel Zlatan Ibrahimovic sehr intensiv – auch wenn ich mich natürlich nicht mit ihm vergleichen kann. Er ist einer, der eiskalt und abgezockt vor dem Tor ist. Ich versuche, mir so viel wie möglich abzuschauen. Und ich genieße es, diesen Spielern zuzusehen. Was die liefern, ist einfach wunderschön anzusehen, deswegen schaut man Fußball."

In Österreich haben wir Marko Arnautovic, dem man gerne zusieht. Wie denken Sie über ihn?

"Er ist ein anderer Spielertyp als ich. Marko ist ein unglaublicher Fußballer, von dem ich spielerisch extrem viel halte. Persönlich kenne ich ihn nicht. Ich hoffe, dass er noch möglichst viele Tore für Österreich erzielt."

Vielleicht im Duo mit dir…

"Das wäre ein Traum. Schauen wir, was die Zukunft bringt."



Abschließend: Vor Ihrem Wechsel zu Stuttgart war Rapid an Ihnen interessiert. Warum ist der Deal geplatzt?

"Es bringt aus meiner Sicht nichts, sich mit der Vergangenheit zu beschäftigen. Fakt ist, dass ich jetzt beim VfB bin und nach meiner Verletzung so schnell wie möglich wieder das Trikot tragen möchte."

Autor: Erich Elsigan