In der ersten Folge seines Podcasts "Karl, wie geht's?" gab Karl Nehammer Einblicke in die Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und NEOS. Am Montag führte der Kanzler die heimsichen Podcast-Charts an. Im Erstling wollte er auch mit dem "Mythos" aufräumen, dass sich die Volkspartei und die FPÖ in wirtschaftlichen Fragen nahe stehen würden.
Der freiheitliche Parteichef Herbert Kickl habe Nehammer ein Angebot für eine gemeinsame Koalition übermittelt, in dem mehrere Punkte angeführt waren. Nehammer zufolge wären seine eigenen Punkte darin nicht zur Kenntnis genommen worden.
"Demokratie lebt davon, dass man ein gewisses Verständnis vom Umgang miteinander hat. Es gibt bei mir keine Fahndungslisten gegen Oppositionelle und kein nach oben treten", so Nehammer. Des Weiteren störte sich Nehammer an dem Sager Kickls, dass die Gesellschaft bei den Salzburger Festspielen "eine Inzucht-Partie" sei. Auch die Russland-Nähe der FPÖ kritisierte Nehammer scharf.
In dem Vorschlag habe Kickl verlangt, dass sich ÖVP und FPÖ zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) bekennen. Für Nehammer wäre dies ein Rückschritt, denn der EWR wäre der "Warteplatz für Österreich gewesen, bevor man Vollmitglied der Europäischen Union wurde". Mitglieder im EWR sind heute alle EU-Länder sowie Island, Norwegen und das Fürstentum Liechtenstein.
Den Unterschied sieht Nehammer darin, dass Österreich, im Gegensatz zu den Nicht-EU-Mitgliedsstaaten im EWR, in Brüssel über die Gesetze mitbestimme und diese dann nicht nur zu akzeptieren habe. Für Nehammer ist der Kickls Vorschlag dahingehend "untauglich, um den Wirtschaftsstandort Österreich attraktiver zu machen".
Außerdem wollte Kickl internationale Verträge prüfen lassen. Jeden einzelnen davon neu prüfen und verhandeln zu lassen, würde dem Bundeskanzler zufolge zu Unsicherheit und Destabilisierung führen. "Wenn Wirtschaft etwas braucht, wenn Diplomatie etwas braucht, dann ist das Planungssicherheit und nicht Aufgeregtheit", meinte Nehammer.
In der türkis-blauen Koalition unter dem damaligen Bundeskanzler Sebastian Kurz war Nehammer als Generalsekretär dabei. Positiv hob Nehammer über diese Zeit hervor, dass man es geschafft habe, die Arbeitszeit zu flexibilisieren und die österreichische Gesundheitskasse einzurichten. Was allerdings nicht gelang, war die Reform der Mindestsicherung. Hier wären die Freiheitlichen dagegen gewesen, sagte Nehammer.
Einmal mehr plädierte Nehammer dafür, der Polizei Überwachungsmöglichkeiten für Messenger-Dienste zu geben. Dieser Punkt wäre mit einer FPÖ nicht umsetzbar. Aufgrund all dieser Punkte sei eine Koalition mit der FPÖ für den Bundeskanzler "keine Alternative". Mit seinen aktuellen Verhandlungspartnern sei die Situation "zwar nicht unbedingt einfacher, aber seriöser", meinte Nehammer.
In den Koalitionsverhandlungen mit SPÖ und NEOS sei man gerade dabei, gemeinsame Lösungen für aktuelle Probleme zu finden und sich thematisch anzunähern. "Auch streiten gehört hier mit dazu", so der Bundeskanzler. Man sei sich der neuen Situation einer Dreier-Koalition und den damit verbundenen Schwierigkeiten durchaus bewusst. Die Chancen auf erfolgreiche Verhandlungen stehen Nehammer zufolge 50:50.