Chancenlos, punktelos – ratlos wirkte Trainer Peter Stöger am Donnerstag am vierten Spieltag der Conference League. Rapid verlor bei Rakow Czestochowa 1:4, ist mit null Punkten und einem Torverhältnis von -10 abgeschlagen Letzter der Gesamttabelle mit 36 Teams.
Zwei doch sehr konträre Interviews zeichneten nach dem Spiel gesamt ein Bild: Stöger ist sauer, steht unter Druck. Aber er will kämpfen.
Ratlos? Das wollte Stöger nach dem Spiel nicht gelten lassen. Und erklärte die jüngste Niederlage. Sein Interview bei "ServusTV" bot im polnischen Eiskasten reichlich Zündstoff: "Ratlos, würde ich sagen, bin ich nicht. Viele Dinge sprechen wir auch. Wir haben so unsere Diskussionen, Dinge, wo wir glauben – wenn wir uns weiterentwickeln wollen – nachschärfen sollten. Enttäuscht bin ich sehr. Weil wir bei den Basics richtige Probleme haben."
Die Basics? Stöger erklärte: "In der Struktur richtig organisiert verteidigen zu wollen. Auch diese Duelle anzunehmen. Wenn du dich dann so präsentierst, auch so wenig Gegenwehr da ist, dann muss man sagen, kannst du viele Sachen in einem Trainerteam suchen, die du falsch angegangen bist. Zu tief, zu hoch verteidigt, Dreierkette, Viererkette, Sechserkette – ganz egal. Dann hast du gegen den GAK deine Probleme und auf der europäischen Bühne sowieso."
Stöger weiter: "Ich habe in den letzten Wochen viel versucht anzudeuten. Wir haben da unsere Fragestellungen. Ich könnte auch da versuchen, das zu erklären. Ich muss aber ehrlich sagen, ich habe derzeit keinen Bock darauf. Aber es ist schon so, dass von dem, was wir uns ausmachen, was wir in der Kabine zum Besten geben und sehen wollen – von dem ist in Richtung Leidenschaft und dem, was die Rapidler auch sehen wollen, ist kaum zu sehen. Das ist das Enttäuschende."
Der Trainer steht unter Druck. Seine Aussagen legen nahe, dass der Draht zwischen dem Coaching-Staff und dem Team nicht mehr der beste sein dürfte. Aber, bei "Sky" schlug Stöger etwas andere Töne an: "Das soll kein Rundumschlag sein." Stöger lobte die Wechselspieler: "Großer Respekt, wie sie sich bei 0:4 reingehaut haben." Außerdem stellte er beim Pay-TV-Sender klar: "Wir sprechen intern noch mehr Sachen an, als in der Öffentlichkeit, wo du drehen musst an den Schrauben. Ich habe in einer Phase, in der wir richtig gut waren, auch immer gewarnt, dass wir mit allen Jungs damals auf einem hohen Level gearbeitet haben – trotzdem gesagt, dass wir alles abrufen müssen. Jetzt ist eine kompliziertere Phase. Wir haben schon unsere Ideen, wie es gehen könnte. Bereit bin ich auch, das durchzuziehen. Lustigere Tage habe ich auch schon gehabt. Die Dinge brauche ich grundsätzlich nicht. Aber ich bin schon so, dass ich ein Steher und ein Beißer bin. Wenn wir das hinkriegen können in dieser Konstellation, bin ich bereit dazu."
Stöger wurde auf die jüngste Rückendeckung von Sportboss Markus Katzer angesprochen. Ob er sich diese früher gewünscht hätte? Stöger schmunzelte: "Rückendeckung bekommt man eher erst, wenn etwas im Busch ist. Hätte ich zwei, drei Wochen früher Rückendeckung bekommen, hätt ich mir eher gedacht: Was ist da los?"
„Wir sind von dem vielgepriesenen stärksten Kader ein Stück weit entfernt“Peter Stöger
Stöger weiter: "Wir kennen das Geschäft. Wir müssen was mit einer Nachhaltigkeit ändern. Ich verstehe auch den Unmut. Dass Fans enttäuscht sind und die Auftritte nicht so sind, wie sie es sich vorstellen. Das kann sich jeder ausdenken, dass wir auch enttäuscht sind und das da und dort nicht nachvollziehen können. Die Frage ist immer: Wie viel von dem, was nicht funktioniert, schiebe ich dem Trainer in die Schuhe? Wie viel ist strukturell und der Entwicklung geschuldet? Wir sind von dem vielgepriesenen stärksten Kader ein Stück weit entfernt."
Teile der Fans scheint Stöger bereits verloren zu haben. In Polen hagelte es erst "Stöger raus"-Rufe von den Tribünen. Dann verließen die mitgereisten Fans vorzeitig den Auswärtssektor.
Der Trainer dazu: "Ich habe einen breiten Buckel. Ich stelle mich dem schon. Ich habe mich damals bewusst entschieden, da was in die Wege zu leiten. Konstant aufzubauen heißt für mich nicht, da nach einem Jahr was anzudenken."
Präsident Alexander Wrabetz hatte Stöger am Wochenende noch seine Rückendeckung zugesichert. Die Packung in Polen und das anstehende schwere Auswärtsspiel beim LASK am Sonntag – die Linzer sind unter Didi Kühbauer plötzlich Seriensieger – setzen aber auch den Trainer weiter unter Druck.
Ein großes Fragezeichen steht dieser Tage auch hinter der Personalie Markus Katzer. Der Sportchef wird von Red Bull Salzburg umworben. "Es sind Gerüchte", sagte der Kader-Architekt vor der Abreise zum Conference-League-Spiel. Er konzentriere sich auf Rapid.