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Kitz-Opfer: "Ich führte nie Krieg mit der Streif"

Heute Redaktion
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Bild: Picturedesk

Der brutalste Streif-Sturz! Mit 138 km/h hob Daniel Albrecht 2009 beim Zielsprung in Kitzbühel ab. Er flog 70 Meter durch die Luft, landete mit Kopf und Rücken auf der Eis-Piste: Schädel-Hirn-Trauma, künstliches Koma. Im "Heute"-Talk spricht der Schweizer über die Streif.

Der brutalste Streif-Sturz! Mit 138 km/h hob 2009 beim Zielsprung in Kitzbühel ab. Er flog 70 Meter durch die Luft, landete mit Kopf und Rücken auf der Eis-Piste: Schädel-Hirn-Trauma, künstliches Koma. Im "Heute"-Talk spricht der Schweizer über die Streif.

"Heute": Haben Sie Frieden mit der Streif geschlossen?  

Albrecht: "Ich führte nie Krieg. Letzte Woche fuhr ich die Streif runter – cooler Tag! Beim Zielsprung dachte ich: Topfit hier runterfahren, das wäre es. Nicht die Streif oder mein Sturz regt mich auf, sondern dass Didier Cuche hier so oft gewann und ich nichts dagegen tun konnte." 

"Heute": Was denken Sie heute, wenn Sie Ihren Sturz im Video sehen?

Albrecht: "Es ist, wie wenn eine Playmobil-Figur 70 Meter durch die Luft wirbelt. Es berührt mich nicht. Ich bin mir fremd – immer noch. Der Tag vom Sturz ist aus meinem Gedächtnis gelöscht. Ich fing danach bei null an: Ich konnte nicht reden. Ich konnte keine Gabel halten. Ich konnte nichts schmecken, nicht riechen. Ich kannte meinen Namen nicht. Ich wusste nicht, wer ich bin." 

"Heute": Wie ging es bergauf?

Albrecht: "Ich musste alles selbst erfragen. So wurden blockierte Verbindungen im Hirn freigeschalten. Ich habe drei, vier Jahre alles hinterfragt. Hart, weil ich dabei merkte: Früher war alles besser."

"Heute": Was war das Schwierigste?

Albrecht: "Am härtesten traf es mein Umfeld. Ich erkannte meine Freundin nicht wieder, als sie zu mir ans Krankenbett kam. Ich hielt sie für eine Therapeutin."

"Heute": Klingt nach Beziehungsstress. 

Albrecht: "Kerstin war gut zu mir. Ich konnte keine Gefühle empfinden. Ich musste Liebe neu lernen."

"Heute": Ist Ihnen das gelungen?

Albrecht: "Ich denke, ja. Wir sind jetzt verheiratet, haben eine Tochter. Aber ich weiß nicht, wie sehr ich sie vor dem Sturz liebte. Es gibt keinen Vergleich."  

"Heute": 2016 wurde das Spektakel Streif von Stürzen überschattet.

Albrecht: "Skisport ist Risiko. Das ist so und bleibt so. Ich habe das Gefühl, je mehr man dagegen kämpft, desto blöder wird es."

"Heute": Hermann Maier möchte, dass der Zielsprung wieder weiter geht.

Albrecht: "Der Sprung ist nicht schwierig. Ich machte vor dem Sturz einen kleinen Fahrfehler. Bei Tempo 140 halte ich das Risiko zu hoch für einen 70-m-Sprung." 

"Heute": Sie sind heute Mentaltrainer. Was raten Sie einem jungen Läufer vor dem Streif-Debüt? 

Albrecht: "Schau am Start nur nicht dem Läufer vor dir nach. Der springt nämlich weg und du glaubst: Er landet nie wieder. Nicht gerade motivierend." 

"Heute": Sind Sie heute gesund?

Albrecht: "Ich schaffte beim Weltcup-Comeback Platz 21, obwohl ich  nicht einmal den Rucksack mit den Skischuhen tragen konnte. Heute geht es mir gut. Ich hatte sehr, sehr viele Schutzengel. Vielleicht mehr als ."