Die Fälle mit K.o.-Tropfen (Knockout-Tropfen) steigen: Allein heuer bis 15. November gab es dazu beim 24-Stunden Frauennotruf rund 60 Beratungen, 2021 waren es rund 40 und 2020 waren es 20 Fälle – wobei die Dunkelziffer bei dieser Straftat besonders hoch ist. Im Schnitt liegt die Zahl derzeit bei rund 4 bis 5 Beratungen pro Monat zum Thema.
Um auf das Thema aufmerksam zu machen, hat die Stadt Wien die Kampagne "Nichts ist O.K. bei K.O.-Tropfen" ins Leben gerufen. Im Rahmen dessen sind noch bis 11. Jänner 2023 fünf gebrandete Straßenbahnen abwechselnd auf insgesamt 23 Linien in Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus, Hernals und Floridsdorf unterwegs. Dazu werden ergänzend Sujets und Videos als TV-Spots und auf Social-Media-Kanälen gezeigt, auch Citylights im öffentlichen Raum machen auf das Thema aufmerksam. Toilettenplakate sind ebenfalls Teil der Kampagne. Gezeigt werden Situationen, die aufrütteln.
Tatorte von K.o.-Tropfen können überall dort sein, wo Menschen feiern: In Bars oder Nachtclubs, auf Konzerten oder Partys. Meist dann, wenn offene Getränke verkauft werden. Deshalb sollte man das eigene Getränk auf Großveranstaltungen nie aus den Augen oder aus der Hand lassen. Denn vor allem in alkoholischen Mischgetränken sind die Tropfen so gut wie nicht zu schmecken. In der oberösterreichischen Stadt Wels werden in Nachtlokalen Plastikdeckel an Frauen verteilt, um sie vor K.o.-Tropfen zu schützen.
Die Gefahr, die von K.o.-Tropfen ausgeht, ist heimtückisch. Sie sind farb- und geruchslos, in einem Mischgetränk schmeckt man sie nicht. Erste Symptome sind anfängliche Euphorie, gefolgt von plötzlicher Übelkeit und Schwindel. Danach kommt es zu Wahrnehmungsschwierigkeiten, einem Dämmerzustand bis hin zur Regungslosigkeit. Im schlimmsten Fall führen sie zum Tod. Die Opfer sollen wehrlos und manipulierbar gemacht werden. Täter nutzen diesen Zustand oft, um ihre – meist weiblichen Opfer – auszurauben oder zu vergewaltigen. Viele der Betroffenen merken erst, dass sie Opfer wurden, wenn sie ohne Erinnerung aufwachen.
Der 24-h Frauennotruf gibt unter 01/71719 Auskunft. Wichtig ist: Bei Gefahr immer die Polizei unter 133 rufen! Alle Infos gibt es unter wien.gv.at/gewaltschutz
Frauen, die das erleben, wurde in vielen Fällen flüssiges Ecstasy, mit chemischem Namen Hydroxybuttersäure, ins Getränk getropft. Hat man den Verdacht, betäubt geworden zu sein, gilt es schnell zu handeln, denn die Substanz wird vom Körper innerhalb von sechs bis zwölf Stunden abgebaut. Am besten gleich ins nächste Spital fahren und sich an einen Arzt wenden.
Das Problem: Auch im Körper kommt ganz natürlich Hydroxybuttersäure in kleinen Mengen vor. Es bräuchte deshalb Studien, damit man festlegen kann, wann Spuren eindeutig durch K.-o.-Tropfen stammen und eben nicht von körpereigenen Vorgängen. Deshalb plädiert der Pharmakologe Michael Freissmuth von der Medizinischen Universität Wien für Studien zwecks der Entwicklung von empfindlichen Untersuchungsmethoden, die künstliche Hydroxybuttersäure von der körpereigenen unterscheiden können und so zweifellos anzeigen können, ob jemand Opfer von K.-o.-Tropfen wurde oder nicht. Bessere Untersuchungsmethoden könnten diese oft belastende Unsicherheit verringern.
"In Österreich wird für alles Mögliche sehr viel Geld ausgegeben. Wenn man in frauenspezifischen Fragen etwas tun möchte, dann ließe sich eine solche gut durchgeführte Studie finanzieren. Das kostet Geld, aber dann kommt man wenigstens weiter", so der Leiter des Instituts für Pharmakologie an der MedUni Wien im Ö1 Morgenjournal.