Abschied von Niki Glattauer

"Krebs ist kein Feind, ich will ihn nicht bekämpfen"

Niki Glattauer, Ex-Lehrer und "Heute"-Kolumnist, ist unheilbar an Krebs erkrankt. Das letzte Interview über sein Leben und den selbstbestimmten Tod.
Christian Nusser
02.09.2025, 17:00
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Das Lesen dieses Textes kann belastend sein. Bitte nehmt davon Abstand, wenn ihr euch dazu nicht in der Lage fühlt. Hilfe bei Suizidgedanken gibt es unter der Telefonnummer 142.

Niki Glattauer hat Gallengangkrebs, eine heimtückische Form, unheilbar. Die Diagnose kam vor ein paar Wochen und sein Entschluss reifte rasch: so will ich nicht weiterleben. Glattauer entschied sich für einen begleiteten Suizid. In Österreich ist das seit 1. Jänner 2022 unter genau festgelegen Kriterien erlaubt.

Seit 2019 schrieb Glattauer für "Heute"

Niki Glattauer, 66, ist dem "Heute"-Publikum wohlbekannt. Seit mehreren Jahren schreibt er wöchentlich Kolumnen über sein Leibthema Schule. Glattauer war Journalist und über 40, als er sich dazu entschloss, Lehrer zu werden. Er unterrichtete in der Hauptschule, später in der Sonderpädagogik. Er kennt die guten und die schlechten Seiten der Schule aus erster Hand. Darüber hat er jahrelang geschrieben. Schonungslos und ehrlich.

Das gesamte Interview findet ihr auf newsflix.at

Als Text Niki Glattauer über sein Leben und warum er sich für den Tod entschieden hat

Als Video Das komplette Gespräch zum Anschauen

Als Podcast Über eineinhalb Stunden lang. Das Interview zum Anhören

Plus: Ist begleiteter Suizid in Österreich überhaupt erlaubt?

Glattauer wird sterben. Er will es selbstbestimmt und würdevoll tun, wie er sagt. Er weiß auch, wann er sterben wird: am Vormittag des 4. September. Er wollte darüber reden, weil er auf das Thema assistierter Suizid aufmerksam machen will, und er wollte auch, dass das Interview mit ihm vor seinem Tod erscheint. Er hat es autorisiert.

"Mir bleibt nicht viel Zeit"

Das Gespräch fand am Montag den 25. August in seiner Gemeindebau-Wohnung in Wien-Favoriten statt. Glattauer hatte seinen langjährigen Weggefährten Christian Nusser, früher "Heute"-Chefredakteur, nun Chefredakteur von Newsflix, und Florian Klenk, Chefredakteur des Falter, dazu eingeladen.

Das gesamte Interview findet ihr als Text, Video und Podcast unter newsflix.at. Hier ein paar der wichtigsten Passagen. Niki Glattauer über:

Warum er über seinen Tod reden will
"Ich möchte die Menschen darüber informieren, dass man auch in Österreich selbstbestimmt sterben kann, wenn man unheilbar krank ist. Ich habe eine Krebsdiagnose, Gallengangkrebs, mir bleibt nicht viel Zeit. Aber ich bin nicht einer, der um jeden Preis leben will. Und da erfuhr ich, dass man für einen assistierten Suizid gar nicht mehr in die Schweiz fahren muss, sondern dass man das auch in Österreich machen kann."

Wieso er sich dazu entschlossen hat
"Ich hatte ein glückliches Leben, das Leben war gut zu mir. Und jetzt fangen die schweren Krankheiten an. Ich stehe vor einer Hüftoperation, auf die ich ein Jahr lang warte, weil es eine Zweiklassenmedizin gibt. Und ich bin ein Holzklasse-Patient. Ich habe ein Herzproblem. Und jetzt kommt der Krebs dazu. So will ich nicht leben. Ich habe mein Konzert zu Ende gespielt."

Video: Ein letztes Gespräch mit Glattauer

Was er über seinen Krebs denkt
"Für mich ist er kein Feind. Ich will ihn auch nicht bekämpfen. Er ist ein Teil von mir."

Was seine Prognose war
"Weniger als ein Drittel überlebt zwei oder drei Jahre. Und die meisten sterben wesentlich früher."

Warum er ein "Holzklasse-Patient" war
"Der Kapitalismus – das muss ich jetzt als bekennender Linker sagen – zerstört auch die medizinische Versorgung der Menschen, weil er auf Optimierung der Ressourcen setzt. Das heißt, wir haben zu wenig Krankenhauspersonal. Wir haben Krankenschwestern, die wir schlecht bezahlen, und daher kriegen wir auch keine."

„Ich bin dabei, das Leben zum letzten Mal zu treffen.“
Niki Glattauer
Glattauer wühlte mit "Newsflix"-Chef Christian Nusser (r.) und Florian Klenk in Erinnerungen.
Christopher Mavric

Wie er das im Spital erlebt hat
"Die waren alle lieb, aber die haben ja gar keine Zeit, kennen sich auch überhaupt nicht aus, weil du bist der 70. Patient, den sie haben. Die wissen gar nicht, warum du da liegst. Und dann sprechen sie auch noch nicht Deutsch, weil sie aus dem Ausland kommen, weil wir Pflegepersonal aus dem Ausland nehmen, weil es billiger ist und weil es die Österreicher nicht mehr machen. Ist das ein würdiges Sterben?"

Was der Grund war, warum er Lehrer wurde
"Die Kinder. Man kann so viel Gutes machen, mehr noch als als Journalist."

Was er über die heutige Schule denkt
"Es ist eine Tatsache, dass wir in Wien eine Schule haben, die mit zu viel nicht Deutsch sprechenden Kindern heillos überfordert ist. Selbst die guten Lehrerinnen können das nicht mehr auffangen."

Was zu tun wäre
"Ich sage etwas, wofür ich sehr kritisiert werde: Wir müssen aufhören, Kinder in unsere Klassen zu setzen, die nicht Deutsch können."

Warum das auch ein Problem ist
"Die wenigen deutschsprachigen Kinder, die in eine Schule mit mehrheitlich Türken oder Arabern gehen, lernen nicht nur nicht Deutsch, sie verlernen es. Was tut man diesen Kindern da an um Gottes willen."

Wie er das Abschied nehmen erlebt
"Jeder Abschied ist traurig. Und ich bin dabei, das Leben zum letzten Mal zu treffen."

Mehr lesen bei "Newsflix"

Das gesamte Interview findest du ab sofort online auf newsflix.at

Wie ihn die Menschen im Gedächtnis behalten sollen
"Ich glaube, die, die mich gut kennen, werden sagen, er war lustig und aufrichtig."

{title && {title} } cnn, {title && {title} } Akt. 02.09.2025, 17:52, 02.09.2025, 17:00
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