Wirtschaft

"Wird uns ärmer machen" – düsterer Experten-Ausblick

Wifo-Chef Gabriel Felbermayr sieht Österreichs Wirtschaft in einem Umbruch: Die Inflation sei vorerst abgefedert, die Baustellen jedoch groß und tief. 

"Wenn wir die Dinge weiterlaufen lassen, wie sie jetzt laufen, werden wir Wohlstand verlieren", so Wifo-Chef Felbermayr. 
"Wenn wir die Dinge weiterlaufen lassen, wie sie jetzt laufen, werden wir Wohlstand verlieren", so Wifo-Chef Felbermayr. 
Getty Images/iStockphoto

Einen Blick in die wirtschaftliche Zukunft des Landes wagte der Ökonom und Leiter des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Gabriel Felbermayr, im letzten Ö1-Mittagsjournal des Jahres 2022. Er zeigt sich in mancher Hinsicht durchaus zuversichtlich, andererseits müsse ein kollektives Bewusstsein für die sich verändernde Situation geschaffen werden. In der Klimapolitik mahnt er Investitionen und schnelles Handeln an. 

Seine Zuversicht begründet er damit, dass die real verfügbaren Einkommen der arbeitenden Bevölkerung nächstes Jahr steigen. Die erzielten Lohnabschlüsse und Anpassungen von Pensionen und Sozialhilfen sieht er positiv – ebenso die Abschaffung der kalten Progression. Dass die Einkommen stärker steigen als die Inflation, sei wichtig für den Konsum und daher für die Volkswirtschaft.

Die Folgen der Inflation werden seiner Ansicht nach für die Bevölkerung durch die wachsenden Netto-Einkommen besser aushaltbar.

"Der Krieg wird uns ärmer machen"

Die hohen Fixkosten, die einen Großteil der Gehälter fressen, seien natürlich ein Problem. Aber: "Die Aller-Ärmsten wurden abgefedert", meint Felbermayr mit Verweis auf diverse Extrazahlungen. Dennoch fürchtet er angesichts der schwierigen Situation "politische Polarisierung". 

Lang sei die "Politik des Ausgebens ohne jede Gegenfinanzierung" nicht mehr vertretbar, man stoße langsam an die "finanzpolitischen Grenzen". Man brauche "Spielraum für die nächste Krise". Weiters fordert der Ökonom die Politik zu klarer Kommunikation auf. "Wir werden mit hohen Energiepreisen leben müssen". Und: "Der Krieg wird uns ärmer machen", ebenso wie die anstehende Dekarbonisierung.

Beschleunigung der Klimapolitik

Konkret sieht er Handlungsbedarf bei den klimaschädlichen Subventionen, die dieses Jahr fünf bis sechs Milliarden Euro ausmachten. Ebenso brauche es ein besseres Steueraufkommen und weniger Lohnnebenkosten. Auch über Vermögens- und Erbschaftssteuern müsse man sich unterhalten, diese seien in Österreich vergleichsweise gering. Viel Geld versickert seiner Ansicht nach in föderalen Strukturen.

Hinsichtlich der Klimapolitik sei ein schnelleres und entschlosseneres Handeln bei den erneuerbaren Energien sowie der Energieeffizienz vonnöten. Der Klimaschutz wird vorerst einmal hohe Investitionen erfordern. Daher: "In dem Tempo, in dem wir Wachstum hatten, wird es nicht weitergehen." Alles sei abhängig von der Bereitschaft der Bevölkerung – man müsse ihr klarmachen, dass Energie nur wieder billiger wird, wenn sie erneuerbar ist.

"Wohlstand verlieren"

Zentral für das wirtschaftliche Fortkommen sei neben einem "europäischen Schulterschluss" ein "radikales Neudenken" in der Wirtschaftspolitik. Außerdem müsse man stärker in Technologien investieren und qualifizierte Einwanderung analog zur proaktiven Einwanderungspolitik von Kanada forcieren. 

Drastische Worte zum Abschluss: "Wenn wir die Dinge weiterlaufen lassen, wie sie jetzt laufen, werden wir Wohlstand verlieren."

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    Die Teuerung stieg im Oktober 2022 auf elf Prozent.
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