Im von Russland kontrollierten Atomkraftwerk Saporischschja spitzt sich die Lage weiter zu. Seit sieben Tagen ist die Anlage komplett vom Stromnetz getrennt.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht von einer "kritischen" Situation. "So etwas hat es vorher noch nie gegeben", sagte Selenskyj am Dienstag in seiner abendlichen Videoansprache. Russische Angriffe hätten das Kraftwerk von der Stromversorgung und vom Stromnetz abgeschnitten.
Aktuell läuft das Akw nur noch mit Strom aus Diesel-Generatoren. Laut Selenskyj gab es bei einem der Notstromgeneratoren bereits "eine Fehlfunktion". "Die Lage ist kritisch."
Selenskyj wirft Moskau vor, durch Luftangriffe die Reparatur der Stromleitungen zu verhindern. Er betont: "eine Bedrohung für absolut alle".
Seit einer Woche ist das größte Atomkraftwerk Europas nun schon vom ukrainischen Stromnetz getrennt – so lange wie noch nie seit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022.
Der Betreiber der Anlage, der zur russischen Atomenergiebehörde Rosatom gehört, schiebt die Schuld für die Trennung den ukrainischen Truppen zu. Das Akw Saporischschja im Süden der Ukraine hat sechs Reaktoren.
Bereits Anfang März 2022, kurz nach Beginn der russischen Invasion, übernahm die russische Armee die Kontrolle über das Kraftwerk. Die sechs Reaktoren, die früher rund ein Fünftel des ukrainischen Stroms produzierten, wurden nach der Übernahme abgeschaltet.
Das Akw liegt nach wie vor nahe der Frontlinie und wird immer wieder beschossen. Russland und die Ukraine geben sich gegenseitig die Schuld dafür. Durch den Beschuss musste das Kraftwerk schon mehrfach vom Stromnetz genommen werden – dann springen die Notgeneratoren ein.
Für einen sicheren Betrieb braucht es aber unbedingt eine stabile Stromversorgung. Nur so funktionieren die Kühl- und Sicherheitssysteme, die ein Schmelzen der Reaktoren – und damit einen Atomunfall – verhindern.