Im Vorfeld des heutigen Internationalen Tages der Pflege gab es zahlreiche Kommentare zur Lage der Pflege in Österreich. Vieles, was von Parteien, von Hilfsorganisationen, der Kirche und den Gewerkschaften geäußert wird, klingt nicht so neu – trotzdem lässt sich ein Stimmungsbild ablesen: Trotz Milliarden-Loch im Staatshaushalt, soll die Pflegesituation verbessert werden, heißt es quer durch die Bank.
Allen Äußerungen zum Trotz bleibt die Pflege eine Herausforderung für alle Beteiligten, wie der erschütternde Fall eines 37-Jährigen zeigt, der sich an "Heute" wandte. Sein Vorwurf an die Pflegeeinrichtung lautet, man habe seine "Mutter zu Tode gepflegt".
Konstanter Personalmangel, Fragen bei der Finanzierung und fragwürdige Arbeitsbedingungen kennzeichnen den Pflegeberuf. In Niederösterreich hat man mittlerweile Pflegekräfte aus Vietnam rekrutiert. Ein Aufgebot an dringenden Zukunftsfragen – auf die es auch Antworten und einen Lichtblick gibt: Noch immer können sich viele Jugendliche vorstellen, in der Pflege zu arbeiten.
"Pflege ist ein Dienst am Mitmenschen und bildet das Rückgrat einer würdevollen Gesellschaft", sagt ÖVP-Klubobmann August Wöginger in einer Aussendung zum heutigen Internationalen Tag der Pflege. Umso wichtiger sei es, dass die Pflege künftig als Schwerarbeit anerkannt sei. Die weitere in jährliche Erhöhung des Pflegegeldes, trotz Einsparungsdruck, zeige laut Wöginger, dass die Bundesregierung mit Bundeskanzler Christian Stocker der Pflege jenen Wert beimesse, den sie verdiene.
Die NEOS-Sprecherin für Menschen mit Behinderungen, Gesundheit und Pflege, Fiona Fiedler, betont, dass die Bundesregierung mit der Anerkennung als Schwerarbeit und der Fortsetzung der Valorisierung des Pflegegeldes erste wichtige Schritte gesetzt habe.
Ähnlich argumentiert Verena Nussbaum, die SPÖ-Sprecherin für Pflege und Inklusion. Sie betont die Rolle der SPÖ, hinsichtlich der Anerkennung der großen Herausforderung durch den Beruf: „Wir haben durchgesetzt, dass Pflege künftig als Schwerarbeit gilt."
Damit würden Pflegekräfte früher in Pension gehen können, "mit 45 Versicherungsjahren", wenn sie "in den letzten 20 Jahren mindestens zehn Jahre Schwerarbeit verrichtet haben", ist Nussbaum stolz. "Die Beschäftigten in der Pflege leisten einen unverzichtbaren Beitrag für unsere Gesellschaft. Pflegekräfte verdienen unsere vollste Unterstützung!"
Die Grünen verlangen eine langfristig gesicherte Finanzierung der Pflege, denn für Einsparungen sei in diesem Bereich kein Platz – ganz im Gegenteil: Die Pflege brauche sogar mehr Mittel, mehr Wertschätzung und bessere Bedingungen. Dazu gehöre eine bundesweite Harmonisierung, wie im Koalitionsabkommen der Bundesregierung angekündigt worden sei.
Die Grünen fordern Reformen, die einheitliche Regelungen über alle Bundesländer garantieren: Es dürfe nicht dazu kommen, "dass das Wiener Niveau nach unten gedrückt wird. Für die Pflege muss es österreichweit besser werden und die von Grün gestartete Pflegereform fortgesetzt werden", sagt Barbara Huemer, Gesundheits- und Pflegesprecherin der Grünen in Wien.
"Unsere Pflegekräfte brauchen keine regelmäßig inszenierten, medienwirksamen Auftritte, sondern endlich echte Entlastung, eine faire Bezahlung und vor allem menschenwürdige Arbeitsbedingungen", sagt FPÖ-Sozialsprecherin Dagmar Belakowitsch. Sie kritisiert den Besuch von SPÖ-Sozialministerin Schumann bei Pflegefachkräften im Krankenhaus der Barmherzigen Schwestern in Wien als "Marketing-Schmäh". Die neue Schwerarbeit-Regelung treffe auf kaum jemanden zu.
Zum Tag der Pflege appelliert der Österreichische Gewerkschaftsbund (ÖGB): "Es braucht nachhaltige Lösungen, um jetzt und auch in Zukunft einen starken Gesundheits- und Sozialbereich zu sichern." Denn die Herausforderungen seien groß: Der Alltag vieler Beschäftigter sei immer noch geprägt von steigenden Belastungen, fehlender Planbarkeit und unzureichender finanzieller Absicherung. Es dürfe jetzt nicht genau dort im Gesundheitssystem gespart werden, wo eine "nachhaltige und ausreichende Finanzierung" nötig ist.
Was dann nämlich droht, zeigt das Statement der Diakonie: Sie sieht bereits eine Unterversorgung in der Langzeitpflege und ortet dringenden Handlungsbedarf. "Das System an Angeboten ist wie ein Puzzle, bei dem ständig Puzzleteile fehlen. Angehörige und Pflegepersonen müssen andauernd Teile suchen und zusammenbasteln, damit nicht alles auseinanderfällt", sagt Diakonie-Direktorin Maria Katharina Moser.
Die Unterversorgung wirke sich negativ auf die Gesundheit und Lebensqualität von Menschen mit Pflegebedarf aus und verursache zudem weitere massive Kosten für die Volkswirtschaft.
Die gute Nachricht zum Tag der Pflege: Jeder und jede fünfte Jugendliche in Österreich könne sich eine Tätigkeit in der Pflege vorstellen. Das habe die diesjährige Ö3-Jugendstudie, eine interaktive Online-Befragung von Hitradio Ö3, ergeben, sagt Elisabeth Anselm, die Geschäftsführerin von Hilfswerk Österreich.
Junge Menschen "erkennen richtig, dass es mehr Personal, mehr Ausbildungs- und Einstiegsmöglichkeiten in die Pflege sowie bessere Arbeitsbedingungen braucht", ergänzt sie. Und Hilfswerk-Präsident Othmar Karas sagt: "Der Zeitpunkt für entsprechend mutige und strategisch kluge Entscheidungen ist jetzt."