Nach mehreren Jahren im Gefängnis steht nächste Woche die Entlassung von Christian B. bevor. Er ist der deutsche Verdächtige im Fall des britischen Mädchens Madeleine "Maddie" McCann, das 2007 in Portugal verschwunden ist.
Laut Staatsanwaltschaft ist der Mittwoch als Stichtag vorgesehen, aber es wäre auch möglich, dass er an einem anderen Tag freikommt. Offizielle Angaben dazu gibt es nicht, weil der Daten- und Persönlichkeitsschutz gilt.
Christian B. ist mehrfach vorbestraft und sitzt derzeit in Niedersachsen im Gefängnis. Das Landgericht Braunschweig hat ihn 2019 wegen der Vergewaltigung einer 72-jährigen Touristin in Portugal im Jahr 2005 zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt.
Im Vorjahr wurde er in einem weiteren Prozess um mehrere mutmaßliche Vergewaltigungen in Portugal freigesprochen. Mit dem Fall Maddie hatten diese Verfahren aber nichts zu tun.
Trotzdem gilt B. für die Staatsanwaltschaft Braunschweig als Verdächtiger im Fall des Verschwindens der damals dreijährigen Maddie. Es wird gegen ihn wegen Mordverdachts ermittelt, eine Anklage gibt es bisher aber nicht.
B. hat laut deutschen Ermittlern früher zeitweise in Portugal gelebt. Dort ging er Gelegenheitsjobs nach und beging Einbrüche – etwa in Hotels und Ferienanlagen. Er ist auch wegen sexuellem Missbrauch von Kindern und Drogenbesitz vorbestraft. Früher lebte er unter anderem in Braunschweig, deshalb ist die Justiz dort für ihn zuständig.
Maddie verschwand am 3. Mai 2007, kurz vor ihrem vierten Geburtstag, aus der Ferienwohnung ihrer Familie in einer Anlage in Praia da Luz an der portugiesischen Algarveküste. Die Eltern waren damals in einem nahegelegenen Restaurant essen. Trotz jahrelanger, großangelegter Fahndung und zahlreicher Aufrufe der Eltern fehlt von dem Mädchen bis heute jede Spur.
Die Staatsanwaltschaft Braunschweig hält B. weiterhin für gefährlich und hat deshalb beim Gericht eine sogenannte Führungsaufsicht beantragt. Das heißt, B. soll unter anderem eine elektronische Fußfessel bekommen, damit sein Aufenthaltsort ständig überwacht werden kann. "Aus unserer Sicht muss man davon ausgehen, dass er wieder rückfällig wird", sagte Behördensprecher Christian Wolters zuletzt der Nachrichtenagentur AFP. Das entspreche auch der Einschätzung eines gerichtlich bestellten Sachverständigen im letzten Strafprozess gegen B.
Andere Möglichkeiten, auf B. einzuwirken, als die Führungsaufsicht, haben die Justizbehörden nicht, betonte Wolters. B. habe seine Strafe nun abgesessen. "Solange es keinen anderen Haftbefehl gibt, und den gibt es im Moment nicht, ist er ein freier Mann und kann machen, was er will."
Derzeit sitzt B. noch in einer Justizanstalt im niedersächsischen Sehnde. Für Entscheidungen rund um die Strafvollstreckung und die Führungsaufsicht ist das Landgericht Hildesheim zuständig. Ob und wie das Gericht in Sachen Fußfessel entschieden hat, ist öffentlich nicht bekannt.
Im Fall Maddie gab es im Lauf der Jahre verschiedene Verdächtige. Auch die portugiesischen und britischen Polizei- und Justizbehörden haben intensiv ermittelt.
Auf Betreiben der deutschen Ermittler wurden in den letzten Jahren immer wieder großangelegte Suchaktionen an der Algarveküste gestartet. Zuletzt durchkämmten Beamte aus Deutschland und Portugal im Mai verlassene Grundstücke, Brunnen und Wälder.