Experteninterview

Mehlwürmer in Lebensmitteln – "Sehe Vorteile nicht"

"Heute" im Gespräch mit zwei Ernährungswissenschaftlern über die Vor- und Nachteile von Insekten im Essen und ob es sich durchsetzen wird.
Heute Life
12.02.2025, 12:02

In Brot und Gebäck, Kuchen, Teigwaren, verarbeiteten Kartoffelprodukten, Käse und Käseprodukten sowie Obst- und Gemüsekompotten – dort darf ab 10. Februar eine neue Ingredienz drin sein: Mehlwürmer in Form von Mehlwumpulver. Die Europäische Kommission hat grünes Licht gegeben und es in die Liste der "neuartigen Lebensmittel" der EU aufgenommen.

Aber warum? Welchen Vorteil haben wir davon, jetzt manchen Lebensmitteln Mehlwurmlarvenpulver beizugeben? Darüber hat "Heute" mit zwei Ernährungswissenschaftlern gesprochen.

"Kann man machen, muss man aber nicht"

"Generell kann man sagen, dass es in übergeordneter Weise darum geht, alternative Eiweißquellen als das tierische Fleisch zu finden. Wir nutzen auch bereits pflanzliche Quellen, zum Beispiel Tofu oder Hülsenfrüchte, Insekten sind eben eine weitere Option", Tilman Kühn, Professor für Public Health Nutrition an Uni und MedUni Wien. "Für Leute, die keine Berührungsängste haben, ist es eine feine Sache. Kann man machen, muss man aber nicht."

Jürgen König, Leiter des Department für Ernährungswissenschaften an der Uni Wien, sieht keinen Sinn, Lebensmittel mit Mehlwurmpulver zu "verfeinern". Er meint: "Ich sehe die Vorteile für den Menschen nicht, außer, nachhaltiger Protein zu produzieren. Aber auch die Würmer werden bei der Aufzucht pflanzlich gefüttert. Warum also nicht gleich pflanzliche Quellen nutzen?"

Meinungsumfrage: "Würde nie Ungeziefer essen"

Gefahren der Insektennahrung

Die Nachteile der Insektennahrung sind bislang recht überschaubar. An erster Stelle steht ein potenzielles Allergierisiko bei Menschen, die auf Schalen- und Krustentiere allergisch sind. Hier könnte es eine Kreuzreaktion geben. Aus Sicherheitsgründen muss eine gut ersichtlicher Warnhinweis auf den betreffenden Produkten angebracht sein.
Das zweite Risiko sei laut Kühn eine mögliche Verunreinigung mit Mikroorganismen. Die Gefahr sei aber sehr gering, da EU-Produkte sehr sicher seien. Durch die durchgeführte UV-Strahlung würden eventuelle Keime abgetötet. Außerdem wird das Mehl nur in geringer Menge (maximal 4 Gramm) Lebensmitteln beigemengt.

"Wird eher Nischenprodukt bleiben"

Worin sich beide Experten einig sind, sind die guten Nährwerte der Insekten. Diese seien durchaus mit jenen aus Säugetierprodukten vergleichbar – ohne die negativen Eigenschaften wie gesättigte Fette, wie sie im Tierfleisch enthalten sind.
Ernährungsphysiologische Notwendigkeit, Insekten zu essen, sehen Kühn und König nicht. Und auch was die künftige Durchsetzungskraft von Mehlwurm & Co im europäischen Speiseplan angeht, sind die beiden Herren skeptisch: "Wird wohl eher ein Nischenprodukt bleiben."

{title && {title} } red, {title && {title} } 12.02.2025, 12:02
Es gibt neue Nachrichten auf Heute.atZur Startseite