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Mehrheit schämt sich für ihre Arbeitslosigkeit

Eine neue Umfrage zeigt, dass Langzeitarbeitslose bis zu 16 Schreiben abschicken müssen, um auch nur eine Einladung zum Gespräch zu bekommen.

Leo Stempfl
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Fast alle Arbeitslosen sind aktiv auf Jobsuche, 83 Prozent schreiben Bewerbungen.
Fast alle Arbeitslosen sind aktiv auf Jobsuche, 83 Prozent schreiben Bewerbungen.
Denise Auer

Von zehn Arbeitslosen haben acht ihren Job unfreiwillig verloren, nur 12 Prozent (insbesondere beruflich und finanziell besser gestellte) kündigten von sich aus. Der neue Arbeitslosen-Monitor von SORA im Auftrag des Momentum Instituts widerlegt so einige Vorurteile. Unter Mitarbeit von Lukas Lehner, der an der Universität Oxford zu Arbeitslosigkeit forscht, wurden 1.200 Arbeitslose und 600 Beschäftigte befragt.

"Das Risiko arbeitslos zu werden, ist nicht für alle gleich. Der Großteil der Menschen, die arbeitslos sind, waren vorher in Berufen, die schlecht bezahlt und wenig angesehen sind", erläutert Momentum-Leiterin Barbara Blaha in einer Aussendung. 44 Prozent entfallen auf die "neue Serviceklasse", also Dienstleister im Bereich Gastronomie, Tourismus, Reinigung, Zustellung und viele mehr. 27 Prozent waren Arbeiter und haben keine Matura.

14 Schreiben für eine Einladung

"Wer bereits aus einer so schlechten Position in die Arbeitslosigkeit geschickt wird, rutscht in eine existenziell schwierige Lage."  So müssen ganze drei von vier Arbeitslosen auf zusätzliche Geldquellen zurückgreifen. Das können Ersparnisse sein, aber auch neue Verschuldungen. Die Hälfte könnte finanziell Freunde nicht zum Essen einladen, ein Fünftel kann die Wohnung nicht ausreichend heizen.

Aber einen neuen Job zu finden ist alles andere als leicht, insbesondere für Langzeitarbeitslose. Je länger man ohne Job ist, desto mehr Bewerbungen muss man schreiben, um eine Einladung zu einem Gespräch zu erhalten. Nach sechs Monaten sind durchschnittlich 14 Schreiben für eine Einladung notwendig. Aktiv auf Jobsuche ist fast jeder, 83 Prozent haben in den vergangenen Wochen zumindest eine Bewerbung verschickt.

60 Prozent schämen sich

Auf diesem Grund wachsen schnell psychische Probleme. 60 Prozent derer ohne Job und 70 Prozent der Langzeitarbeitslosen fühlen sich nicht mehr als wertvoller Teil der Gesellschaft, 38 Prozent leiden unter depressiven Gedanken. Knapp 60 Prozent schämen sich für ihre Arbeitslosigkeit so stark, dass sie versuchen zu verheimlichen, dass sie arbeitslos sind.

Lukas Lehner von der Uni Oxford verweist auf die großen Unterschiede zwischen der Wahrnehmung der Allgemeinheit und der tatsächlichen Situation der Arbeitslosen. Berufstätige Menschen denken, dass nur zwei Drittel aktiv auf Jobsuche sind, in Wahrheit sind es "fast alle". Außerdem wird gemeint, dass ein Viertel der Arbeitslosen mehr Geld erhält als während der Arbeit. In Wahrheit gilt das aber für praktisch niemanden. Zudem arbeiten nur weniger als zehn Prozent der Arbeitslosen schwarz.

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