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Gisin auf Piste, wo Bruder vor 3 Tagen schwer stürzte

Vor drei Tagen verletzte sich Marc Gisin bei einem Horror-Sturz in Gröden schwer. Heute startet seine Schwester Michelle bei der Damen-Abfahrt.

Heute Redaktion
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Emotionales Rennen für Michelle Gisin! Vor drei Tagen verletzte sich ihr Bruder Marc bei der Herren-Abfahrt in Gröden schwer. Kann Michelle die schlimmen Szenen seines Horror-Sturzes bei der heutigen Damen-Abfahrt ausblenden?

Zumindest die Streckenführung ist etwas anders. Die berühmt-berüchtigten Kamelbuckel werden umfahren, der Ciaslat-Wiese wurde die Ruppigkeit genommen und die Kurssetzung lässt weniger Geschwindigkeit zu als bei den Männern. Trotzdem ist es ein besonderer Tag für die Speed-Spezialistinnen. Dass sie sich auf demselben Terrain messen können wie die Herren, ist eine Seltenheit. Ausnahme im aktuellen Weltcupkalender sind die Rennen von Lake Louise; und in Garmisch-Partenkirchen gibt es eine Kandahar 1 für die Frauen und eine Kandahar 2 für die Männer.

In der Geschichte des Skisports aber gab es das immer wieder. Sogar in Wengen. 1945 und 1946 nur Schweizerinnen zum Lauberhornrennen zugelassen, das für die Frauen weiter unten gestartet wurde. 1947 fand auch eine internationale Lauberhornabfahrt der Frauen statt.

Auch in Kitzbühel traten Frauen von 1934 bis 1961 an, allerdings nie zu einer Abfahrt auf der Streif, der Königin unter den Tempopisten. In Bormio trugen sie beim Weltcupfinale 1995 und 2000 Abfahrten auf der verkürzten Stelvio aus. Und 2011 bestritten sie einen Super-G in Beaver Creek auf der legendären Birds of Prey. Nun kommt es wegen der Absage der Rennen in Val d'Isere zu einem nächsten seltenen Auftritt dieser Art.

Die Stürze, die ihr halfen



Für eine Athletin wird dieser noch spezieller. Michelle Gisin, die in diesem Winter noch kein Rennen ausgelassen hat, tat sich schwer mit der Entscheidung, ob sie in Gröden fahren soll. Drei Tage zuvor hatte die 25-Jährige bange Stunden erlebt, als ihr Bruder Marc auf der Saslong heftig gestürzt und bewusstlos den steilen Hang hinuntergeschlittert war. Eine Gehirnerschütterung, Rippenbrüche, die Verletzungen an der Lunge verursachten, und eine eingedrückte Hüftpfanne trug er davon.

Oft hatte Michelle Gisin in ihrer Kindheit Stürze ihrer acht Jahre älteren Schwester Dominique miterlebt, die während ihrer Karriere neunmal am Knie operiert wurde. Und der schwere Unfall von Marc, fünf Jahre älter als sie, 2015 in Kitzbühel nahm sie mit. Doch nichts schreckte Michelle Gisin ab. Vor zwei Wochen sagte sie der "SonntagsZeitung", die Stürze ihrer Geschwister seien für ihre Entwicklung gut gewesen, "weil es mir unheimlich viel Respekt gab vor dem Skisport. Andere setzen sich nicht damit auseinander. Ich aber war dazu gezwungen." Und Dominique Gisin sagte über ihre Schwester: "Sie fällt praktisch nie dumme Entscheidungen. Wenn sie sich nicht hundertprozentig wohlfühlt, fährt sie sicher hinunter." (heute.at)